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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.02.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060222018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906022201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906022201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-02
- Tag1906-02-22
- Monat1906-02
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Für das Erscheinen an beslimiulen Tugen u Plätzen »ird kerne Garant» üleruomnien Anzeige» und Extrabeilagen aur i» der Morgen-Ausgabe Schluß der Annahme nachmittags 4 llhr Anzeigen-Aunahme: Angnstusplatz 8, Ecke JohanntSgasse. Hnnpt-Ktltale Berlin: LarlL»»cker,Her»«l.«amchofbuchhandlg., Lüpowstrahe 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603) Filial -Expedition: DreSden.Mariemlr.34 Nr. 95. Donnerstag 22. Februar 1906. Wb. Jahrgang. Var Mcbtigrle vsm Lage. * Der Kaiser traf gestern vormittag von seiner Kopenhagener Reise wieder in Berlin ein und hatte als bald eine Konferenz mit dem Reichskanzler. * König Oskar von Schwede» trifft heute iu Berlin zum Besuch des kaiserlichen Hofes ein. * Die Steuerkommission des Reichstages sprach sich für eine Reform der Branntweinsteuer aus. (Siehe Deutsches Reich.) * Die sächsische zweite Kammer genehmigte gestern die Schlußrate für den Ausbau der Linie Leipzig- Gaschwitz, des Bahnhofs Buchholz und der Strecke Bautzen- Königswartha. Vorher gab die Interpellation Günther-Bär Anlaß zu einer lebhafte» Debatte. (Siehe Bericht.) * Der Abg. Erzberger gab in der Budgetkommission des Reichstages eine Erklärung zu Protokoll, in der er seine Vorwürfe gegen den Personalreferenten des Kolonial rates zum Teil aufrecht zu erhallen sucht. * Der Deutsche B u ch d ru ck e r - V e r e i n (Sitz Leipzig) hat in einer ausführlichen Eingabe an den preußischen Landtag auf die Gefahren der Gefängniskonkurrenz im Buchdruckergewerbe hingewiesen. (S. Seite 17.) * Aus Anlaß der Silberhochzeit des Kaiser paares stimmten gestern abend die Leipziger Stadt verordneten der Erhöhung des Kapitals der Friedens- Stiftung von 60 000 auf 250 000 zu. Die Zinsen Werden zur Unterstützung von Invaliden und Angehörigen von Gefallenen verwendet. (Siehe Bericht.) * Das Gutachten über die Einführung von^ Auto ¬ mobil-Droschken in Leipzig wurde von den Stadtver ordneten in zustimmendem Sinne abgegeben. (Siehe Bericht.) * Die Erhöhung der Hundesteuer von 20 auf 30 (und 40 « für jeden zweite» Hund rc.) wurde von den Leipziger Stadtverorduelen ab gelehnt, dagegen be- schlossen, daß für jeden zweiten Hund rc. 30 „L Steuer gezahlt werden sollen. (Siehe Bericht über die Stadtver- ordnelensitzung.) * In Pest wurden gestern durch das Amtsblatt zwei Verordnungen veröffentlicht, mit welchen der autonome Zolltarif sowie der Handels- und Schiffahrtsvertrag mit Deutschland und die Veterinärkonvenlion mit aller höchster Eutlchließung des Monarchen in der Hoffnung auf nachträgliche legislatorische Genehmigung in Kraft gesetzt werden. * Für die Organisation einer marokkanischen Staats bank ist der Konferenz in Algeciras sowohl von den fran zösischen wie von den deutschen Delegierten ein Plan vor gelegt worden. (Näheres s. Handelsteil d. Bl.) Vie veneruela -ttkäre. Hcrr Cyprians Castro, der trotz der reisigen Meer fahrt Deutschlands und Englands, trotz des Bombarde ments feiner Hafenstadt durch unsere Panzer und trotz der vielen Feinde, die er im Lande selbst hat, sich noch immer auf dem Stuhle desPräsidenten in Venezuela zu erhalten gewußt hat, hat zur Abwechselung seit einem halben Jahre Frankreich zur Zielscheibe seiner niedlichen Scherze gemacht und cs dem französischen Geschäftsträger Mon sieur Taigny gegenüber nicht an Unverfrorenheiten fehlen lassen, für welche dec diplomatische Sprach gebrauch keine Bezeichnung hat. Bekanntlich hat Herr Castro sich darauf besonnen, daß die französische Kabel gesellschaft sich an der Revolution von 1902, als man in Venezuela den „gerechten, den weisen Richter", uni mit Shylock zu reden, absetzen wollte, beteiligt hat, oder wenigstens be teiligt haben soll, und diese Erkenntnis war der äußere Grund zu einer Serie von offiziellen Maßnahinen gegen die französischen Interessen in Venezuela. Dem Ge schäftsträger Taigny kam der edle Caballero auf seine offiziellen Vorhaltungen einfach grob, selbst die Vor haltungen des amerikanischen Gesandten Rüssel fruch teten nichts, vielmehr ging Herr Cypriano Castro in seiner Liebenswürdigkeit so weit, daß er Monsieur Taigny vom Neujahrsempfang einfach ausschloß. Die Antwort frniizösischerseits war natürlich der Abbruch jeglicher diplomatischer Beziehung und die französische Regierung wollte gelegentlich der Abreise ihres Ver treters den Herrn Venezolanern eine energische Verwar nung zuteil werden lassen und zugleich dem Geschäfts- träger einen pompösen Abgang aus jenen Breiten sichern, in denen alles auf äußeres Prunken und Prangen ankommt. Drei Kriegsschiffe sollten aus Fort de France an die Küste Venezuelas dampfen und Herrn Taigny mit allen militärischen Ehren abholen. Der brave Castro war indes niederträchtig genug, den französischen Ge schäftsträger auf einem simplen Frachtdampfer abzu schieben. Bei der schnell aufbrausenden gallischen Empfindlichkeit hätte man erwarten dürfen, daß man von Paris aus sofort orckre dataiUe gegen Castro gedrahtet hätte, aber wir sind heute schon im Februar und haben nichts Derartiges vernommen. Man ist in Paris sich offenbar nicht darüber klar, welche Rolle bei einer kriegerischen Aktion gegen Venezuela die Ber einigten Staaten spielen würden, und merkwürdiger weise hat Theodore Roosevelt sich in seiner letzten Bot schaft an den Kongreß über den Streitfall zwischen Frankreich und Venezuela gründlich ausgeschwiegen. In diesen Zeiten der Algeciras-Konferenz will man es in Paris durchaus nicht mit Bruder Jonathan verderben, und so hat man die Praxis des Abwartens eingcschlagen, trotzdem man am liebsten dem Herrn Cypriano kräftig eins in den steifen Nacken geben möchte. Dieser durchschaut dieSituationabervollkommen. Er weiß,daßNordamerika das erfolgreich mit seiner Monroe-Doktrin bei den latei- nischen Republiken krebsen geht, den Franzosen zuliebe in keine Aktion willigen wird, welche die übrigen Süd amerikaner stutzig machen könnte. Er weiß ferner, daß die Franzosen auf eigene Faust nicht gegen ihn vorgehen werden, und diese Erkenntnis hat ihn zu den Unver frorenheiten ermutigt, welche Herrn Taigny und der Republik den weiteren diplomatischen Verkehr unmög lich erscheinen ließen. In Paris ist man natürlich nicht sehr erbaut davon, daß man sich Herrn Castros liebliche Scherze gefallen lassen muß, ohne ihn sofort kräftig beuteln zu können, und da man aus naheliegenden Gründen den wahren Sachverhalt nicht ans Licht stellen mag, so hat man flugs eine niedliche Fabel erfunden, um dem verehrlichen Publikum den Stand der Dinge erklärlich zu machen und nebenbei eine kleine Hetze gegen uns zu veran stalten. Es ist ja nichts Neues, daß man uns allerlei Schänd- lichkeiten, Eroberungsgelüste und böse Ränke nachsagt, daran sind wir seit langen Jahren gewöhnt, so lange die „Agence Havas" und der „New Z)ork Herald" das gläubige Südamerika jakobinischer Natur mit ihrem lauteren Inhalte versorgen. Schon einmal wußte man aus diesen goldreinen Quellen, daß das deutsche Ge schwader, das gegen Castro ausgesandt war, einen brasi lianischen Staat für uns in Besitz nehmen sollte, und es gab tatsächlich viele Tausende von Narren in Süd amerika, welche derartigen Gallimathias für bare Münze nahmen. Heute tauchte zuerst in der New Uorker „Sun", dann im Pariser „Matin" die schöne Geschichte auf, daß zwischen der deutschen Regierung und Herrn Castro eine wahre Busenfreundschaft existiere, und daß die böse deutsche Regierung den. Präsidenten Castro ausgestachelt habe, der: Franzosen eins auszuwischen. Was könnte, die Öffentlichkeit in Frankreich lieber glauben? Ist es nicht nach der Meinung des echten Parisers lediglich Deutschland, das den Sultan von Marokko gegen Frank reich gehetzt hat? Warum soll dasselbe Deutschland in Venezuela nicht auch ein Gleiches getan haben, und da man über diese Grundwahrheit mit sich im Reinen ist, so kommt es auf ein paar Lügengarnierungen nicht an, und man läßt sich in Paris weiter kabeln, daß deutsche Kanoniere die neuen Kruppschen Küstengeschütze in Vene zuela bedienen. Nur schade, daß diese neuen Geschütze nicht aus Essen, sondern von Creuzot kamen! Solche Kleinigkeiten spielen bei dec Wahrheitsliebe der nord amerikanischen Jingopresse und ihrer gläubigen Nach beter keine Rolle. Das ist natürlich wieder Wasser auf die Mühle aller Jakobiner zwischen Punta Arenas und Panama. Der böse Deutsche mit seiner unersättlichen Gier nach Ländern und Völkern wird natürlich wiederum schwarz an die Wand gemalt, in edler Uneigennützigkeit zeigen unsere lieben Freunde auf dieses Schreckensbild und die törichte Menge zetert und schreit Feurio gegen uns und rennt so in die geschickt ausgestellten Garne Bruder Jonathans. Besonders deutlich trat auch kürzlich in Südbrasilien diese Hetzarbeit zu Tage, als unser „Panther" in Rio Grande do Sul seinen Besuch machte. Durch die angeblichen Uebergriffe unseres Panzers, über die man zum mindesten streiten kann, war der liebe Mob in eine wahre Weißglut zornigen Patriotismus ge raten, und es schien, als wenn er selbst den Deutschen Klub, der jahrzehntelang seine friedliche Rolle inmitten der Stadt gespielt hatte, stürmen und demolieren wollte. Mit Mühe vermochte die Behörde Gewalttaten gegen die deutschen Marineoffiziere zu verhindern. Solche Ausschreitungen sind die Folgen der bewußten Wühl- und Hetzarbeit, die hauptsächlich von Nordamerika aus getrieben wird, und unsere einzige Abwehr dagegen ist die Möglichkeit, sic in ihrer ganzen erbärmlichen Ver logenheit festzunageln. Weiter vermögen wir natürlich auch nichts gegen die neueste Lüge, als ob wir unsere Hand in Venezuela gegen Frankreich im Spiele hätten, zu tun, aber diese frisch aufflatternde Ente zeigt wieder, daß wir überall in der Welt als Störenfried verdächtigt werden, und daß man uns politisch wenigstens etwas am Zeuge flicken möchte, wo man in ehrlichem Handel und Wandel nicht mit uns konkurrieren kann. Wir wissen zwar, daß man uns nirgends in der Welt sonderlich liebt, aber daß man zu solchen blöden Erfindungen greift, wie sie die „Sun" und der „Matin" in die Welt setzen, ist ein besonderes Zeichen der Zeit, auf das wir hindeuten zu müssen glaubten« Var Errett über aen verrichenmgr- vertrag. Der dem Reichstag zurzeit vorliegende Entwurf eines Gesetzes über den Versicherungsvertrag kodifiziert das Versicherungsrecht in Bestimmungen zwingenden Rechts und in dispositiven, d. h. abänderungsfähigen Vorschriften. Auf Grund seines 8 139 sollen die öffentlichen Fenerversiche- rungsanstalten sin Preußen „Sozietäten" genannt), von allen ZwangSbeftimmungen zwar befreit, den dispositiven Vorschriften aber unterworfen sein, io daß sie in der Fest setzung der BersicherungSbedingungen insofern freie Hand haben, als die dispositiven Vorschriften nur subsidiär, o. h. in Ergän-uug unklarer oder unvotlständiger Bedingungen Geltung haben würden. Das subsidiäre Recht für die I öffentlichen Anstalten aber entbehrlich zu machen, sind diese I durch Normierung klarer und vollständigerer Vertrags- I bedingungen als der Entwurf sie enthält, in der Lage, der ebensowenig alle im Feuervcrsicherungswesen möglichen Streitfragen erschöpfend behandelt, wie das fertige Gesetz sie behandeln wird. Ist es den Sozietäten an der Hand ihrer Praktischen in tausenden von Einzelsällcn gesammelten Er- Whrungen aber möglich, ihre Versicherungsbedingungen lückenlos zu gestalten, so ist das subsidiäre Recht für sie und ihre Interessenten nützlos. Angesichts dieser Sachlage ist denn doch wohl die Frage berechtigt, weshalb sind die öffentlichen Anstalten bei der ihnen gewährten Befreiung von den Zwangsbestimmungen und bei der ihnen gelassenen Möglichkeit durch entsprechende Gestaltung ihrer Versicherungsbedingungen auch das dis- positive Recht unwirksam zu machen, überhaupt in das Ge setz hineinzuziehen? Sie drängt sich um so mehr auf, als die Vorschriften des Gesetzes schon des Wettbewerbes mit den Versicherungs-Aktiengesellschaften wegen als Mindestmaß in die Sozietätsbedingungen ausgenommen werden müssen. Die vorbezeichnete den Sozietäten in dem Entwürfe ge gebene Stellung beweist an sich schon, wie zaghaft feine Ausgestalter an deren Einbeziehung herangetreten sind, und wie schwer ihnen die Form zu finden wurde, um das Prinzip der Gleichmacherei grauer Theorie wegen zu retten. Zwei Tore wurden den Sozietäten in dem Entwurf gebaut, durch das eine will man sie hineinschleppen, um ihnen durch das andere das Hinausgehen zu ermöglichen. Zur Begründung dieses Widerspruchs ließ sich vielleicht das Streben nach Erreichung einer Einheit rm deutschen Feuerversicherungsrecht ansübren. Aber schon der Gesetz- entwurf verbürgt sie nicht, denn in dem Rechte der Ab änderung der meisten der Vorschriften liegt für die Anstalten beiderlei Art die Freiheit, die davon betroffenen Versiche rungsbedingungen selbständig zu normieren, wobei natürlich jedes der beiden Systeme sie ihrer inneren Wesenheit ent sprechend — also untereinander verschieden — gestalten wird, und somit die Rechtseinheit in der Luft schweben bleibt. Abgesehen hiervon scheitert die Einheit an dem verfassungs mäßigen Reservatrecht Bayerns, dem die anderen süd deutschen Staaten, sowie Sachsen und Hamburg an die Seite zu stellen sind, weil in ihren Geltungsgebieten die östentliche Immobiliarversicherung unmittelbar kraft Gesetz besteht. Sie bleiben also unter allen Umständen ausge nommen, und wie würde es mit ihren freiwilligen Abteilun gen für Mobiliarversicherung bestellt sein? Diese müßten nach dem neuen Neichsrecht arbeiten, so daß innerhalb ein und derselben öffentlichen Anstalt zweierlei Recht existieren würde. Dringt man tiefer in die Materie ein, so ergibt sich, daß die Einheit des Privatrechts sick wohl für die pri vaten Gcsellichuft'.u eignet, nicht aber für öffentliche Anstal ten, h.er vielmehr an Stelle der jetzigen gesicherten Rechts lage Rechtsungleichheit und Zwiespalt zur Folge hätte. Oder sollten gar die auf Einbeziehung der Sozietäten in das Gesetz gerichteten lärmenden Forderungen der Privatgesell schaften an sich, d. h. ohne Prüfung ihrer Motive, dafür Grund genug gewesen sein? Es fällt schwer, den Einfluß des in diesen Gesellschaften investierten spekula tiven Großkapitals als soweit gehend anzusehen. Doch ihr Leitmotiv wurzelt stark in Konkurrenz- und Privatinter essen, die sie durch Befreiung der Sozietäten von dem Gesetz insofern bedroht sehen, als sie die befreiten Anstalten für konkurrenzfähiger erachten, als die vom Gesetz eingeschlosse nen, was allerdings zum Vorteil der Millionen von Feuer versicherten zutrifst. Bleibt als letzter Grund für die Unter stellung beider Systeme unter das gleiche Recht eine im Reichstage bei Gelegenheit der Beratung des Aufsichts gesetzes über die Privatuntcrnehmungen von autoritativer Seite getane Aeußerung, „daß sich die Vorschriften über den Versicherungsvertrag selbstverständlich auf die privaten und auf die öffentlichen Anstalten werden beziehen müssen", die die Privatgesellschaften immer wieder an die Spitze ihrer Agitation stellen. Die Bemerkung ist aber am 29 November 1900 gefallen, also zu einer Zeit, in der noch nicht einmal die Vorbereitungen zu einem Entwurf über ein Versiche- rungsvertraasgesetz im Gange waren, geschweige denn der Entwurf selbst ausgearbeitet oder die maßgebenden Stellen der Einzelstaaten schon gehört gewesen wären. Hiermit stimmt die von derselben Stelle zur selben Zeit abgegebene Erklärung, „der Entwurf eines Gesetzes über den Versiche rungsvertrag sei noch gar nicht ausgestellt", überein, so daß die mit der Gleichstellung öffentlicher und privater Anstal ten verbundenen Schwierigkeiten und Hindernisse sich da mals weder überblicken ließen, noch gesetzgeberisch erwogen werden konnten. Die gesetzliche Ordnung einer verwickelten Rechtsmaterie darf doch aber unmöglich auf eine jahrelang vorangegangene mehr zufällige als zielbewußte dluslassung eines einzelnen Staatsmannes gestützt werden, mag er auch noch so weitblickend und unterrichtet sein. Üebriaens äußerte der Vertreter des Bundesrats in derselben Rede, daß die gesamte Regelung des Versicherungswesens vier große Abschnitte durchzumachen hätte: die Regelung der öffentlich rechtlichen Stellung der Versicherungsgesellschaf ten salso der privaten!), was durch das Äufsichtsgesetz vom 12. Mai 1901 erledigt ist, sodann die Regelung des privat rechtlichen Versicherungsvertrags, ferner die Regelung der Besteuerung der Versicherungsgesellschaften salso wieder der privaten!) und zuletzt eine normative Regelung der Stellung der öffentlichen Anstalten. Hieraus ist die Absicht der Reichs regierung erkennbar, mit dem zweiten eben jetzt zur Be ratung kommenden Gesetz über den Versicherungsvertrag dessen vrivatrechtlich« Seite zu ordnen, wodurch die öffent lichen Anstalten auszuschciden hätten, weil deren Verträge mit ihren Versicherten im Gegensatz zum Privatvertrag aus Grundlage des öffentlichen Landrechts zustande kommen. Diese Auslassung beS Regierungsvertreters würde also in ihrer Wirkung die ersterwähnte aufheben. Die Klarlegung der Gründe der von interessierter Seite beanspruchten Unterwerfung der öffentlichen und privaten Anstalten unter ein und dasselbe VersichcrungSrecht führt bei objektiver Betrachtung besonders in Ansehung der Auf- rechteryaltung eines gesunden Wettbewerbes zu dem Schluffe, daß die öffentlichen Anstalten nicht nur von einer, wie jetzt durch § 189 bedungenen teilweisen, sondern von jeder Einbeziehung zu befreien sind Darauf ist um so ausdrück licher hinzuwirken, als eS nah« liegt, daß sie durch Ausfüh- runaSbestimmunaen oder spätere Revisionen deS Gesetzes — welche- neuere Gesetz wäre nicht für revisionsbedürftig er klärt worden! — mit weniger Latitüde, aber mehr Nachdruck noch umfassender rinbezogen werben würden, als es jetzt proponiert wird, und sich gesetzliche Garantien gegen eine derartig« schrittweise Einbeziehung schwerlich finden lassen. veukscftes fteicb. Leipzig, 22. Februar. * König Lola» von Schweden wird zu seiner Ankunft in Berlin vou der „Nordd Allg. Zig." mit folgenden Worten begrüßt: „Se. Majestät König Oskar vou Schweden trifft am Donnerstag in der deutschen ReichSbauptstadt ein, die den ehrwürdigen Monarchen als einen jederzeit will kommenen Gast begrüßt. Se. Majestät der Kaiser und das ganze kaiserliche und Ivnigliche Haus sehen diesem Besuche des Herrschers eines befreundeten Landes, der durch verwandschati- liche und freundschaftliche Bande mit unserm Herrfchcrhause eng verbunden ist, mit herzlichen Gefühlen entgegen. Möge König Oskar, der sich sodann von Berlin zu längerem Er holungsaufenthalte nach dem Süden begibt, dort volle Kräftigung finden und neugestärkt in die Heimat rurnckkehrrn, um die Zügel der Regierung auch fernerhin zum Segen der schwedischen Nation zu führen." * Teutsch - amerikanische Handkls-czicyungen^ Die Zu- gestäovnisse, die die Regierung der Bereinigten Staaten von Nvldamerika bei den schwebenden Zollverhaudlungen dem Deutschen Reich zu machen sich bereit erklärt bat, umfassen, wie die „Boss. Ztg." hört, angeblich im wesentlichen folgende Punkte: l) Es soll dem Ermessen der amerikanischen Zoll- taxatoren anheimgestellk werden, Importeuren zu gestatten, falls sie es für notwendig erachten, in streitigen Fällen ihre Angelegenheiten vor diesen Behörden zu plädieren. — 2) Kon signierte Waren sollen bei ihrer nach der Einfuhr erfolgten Abschätzung denselben Bestimmungen unterworfen werden, wie zu festen Preisen gekaufte Waren. — 3) Deklarationen, die zu niedrig befunden werden sollten, bleiben unbestraft, falls es sich um eine Differenz von nicht mehr als 5 v. H. handelt. Bei Differenzen bis 10 v. H. ist es dem Schatzamt anheim gestellt, von der Bestrafung Abstand zu nehmen. — 4) Ex porteure sollen nicht mehr verpflichtet sein, in Person vor amerikanischen Konsulatsbeamten zu erscheinen. * Tie Iteuerkourmijsion des Reichstages nahm den An trag Wiemer in nachfolgender Form an: Die Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den eine Reform der Branntweinsteuer herbei geführt wird. Sodann wurde ein Antrag Bökelmann und Genossen beraten über eine Vorlage zur Reform der Porto- und Telegraphengebühren, welche eme entsprechende Ver zinsung des in der Post- und Telegraphenverwaltung in vestierten Kapitals zur Folge hat uud die Notwendigkeit weiterer Anleihen für die Verwaltung beseitigt. Staats- sekretär Krätte führt gegenüber dem Vorwurf, die Post habe Anleihen nötig, aus, daß die Reichspost und Telegraphie lein Geschäft sei; die Anleihen dienten sehr nützlichen Zwecken und der Allgemeinheit. Sehr viele Taxen seien nicht zu er mäßigen, nur im Ortsverkehr seien die Gebühren steigerungs fähig. * Luftschiffe untz moderne Kriegführung. In einem Leit artikel schreibt „Die Welt der Technik*: Wenn die Nach richten in vollem Umfange zutreffend sein sollten, daß San tos Dumont eine lebensfähige Fluzmaschine gebaut hat, und in Paris eine Gesellschaft die Flugmaschine der Brüder Wright für 1 Million Francs ankausen und sie der Heeres- Verwaltung zur Verfügung stellen will, so Ware Frankreich allen anderen Staaten, auch Deutschland, in der Luftschiff fahrt um einen vorläufig kaum einzuholenden Vorsprung voraus. Denn die Tatsache ist jetzt unbestreitbar, daß das französische Heer in dem lenkbaren Ballon der Brüder Lebaudy ein ErkundigungSmittel bat, welches seine Brauch barkeit bei vielen Fahrten mit Offizieren, denen besondere Aufgaben zur Lösung zugeteilt waren, bewiesen bat." Hierzu bemerkt die „Preußische Correspondenz": Wenn der Flug apparat Wrights, der bereits 49 Kilometer m einem Fluge durchschwebt haben soll, jetzt nur einen einzigen Mann trug, so ist bei dieser Art Flugmaschiue eine Verbesserung deshalb leicht uud schnell möglich, weil dieser Flugmasckinen-Typ mit zunebmender Geschwindig keit immer größere Tragkraft erhält und bald — ohne besondere Veränderungen — mehrere Menicheu ,u nagen vermag. Dagegen ist dies von dem Hubschraubcnflieger SantoS Dumont« nicht zu erwarten. Diejenigen, die der Flottenvorlage nicht gern zustimmtcn, werden nun wohl auch bald Vorlagen für Luftmaschinen zustimmen müssen, wenn wir nicht bald inS Hintertreffen geraten sollen. Denn hier hilft kein langes Besinnen, wo sich die Ereignisse fchnell jagen. Leisten schon unsere Fesselballons im Festungslriege und iui Felde gute Dienste, so bedarf es keines Beweises, daß unser Heer gegen einen mit leistungsfähigen Fluzmaschinen aus- gerüsteten Gegner ebenfalls mit Flugmaschinen arbeiten muß An einen Kampf in den Lüften ist dabei vorerst nicht gedacht, aber Erkundigungen, Geländeaufnahmen usw. kämen Flug maschinen sicherlich sehr zu gute. * Generalmajor Leulwein. Der frühere Gouverneur von Süd-West-Asrika ist, wie die „Nat.-Ztg." meldet, im Begriff, von Freiburg i. B. nach dem alten, auch durch Scheffels Ekkehard bekannten Städtchen Ueberlingen am Bodensee überzusiedelu. Er hat dort die früher Henneberg- sche Villa gekauft. Iu naher Zeit wird ein umfangreiches Werk LcutweinS über seine Erlebnisse in Süd-West-Asrila an die Oeffentlichkeit gelangen. * T«S Zentrum tn OSerfchlesicn. Wir haben erst vor kurzem auSaeführt, wie schwierig die Lage des Zentrums, wenigsten- für künftige ReichStagSwahlkämpfe, durch da« Vordringen der polnischen Agitation geworden ist. Aus dieser Situation heraus ist eine Erklärung von schlesischen Zentrums abgeordneten deS Reichstages und Landtages bemerkenswert, in der sie alle großpolnischrn Bestrebungen als laudeS- verräterische zurückweisen, gleichzeitia aber auch die Polen politik der Regierung und des d«rtschen OstmarkenvereinS be kämpfen und daraus Hinweisen, daß das Zentrum stets alle „berechtigten" Interessen der polnischen Bevölkerung vertreten habe uud dies auch in Zukunst tun wolle. Dann heißt eS weiter: „Mit Rücksicht darauf, daß tue Frage öffent lich erörtert worden ist, ob e- nicht an der Zeit sei, daß sich der oberschlesisch« Klerus vou der politischen Tätigkeit zurück ziehe, erklären wir,, .daß wir «S ans bas tiefste beklagen würden, wen» der oderschlesische Kleru« sich in Zukunft der Ausübung stiner sr«at-dür-»rUch«» Recht» «d der Erfüllung
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