01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.05.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070506019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907050601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907050601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-06
- Monat1907-05
- Jahr1907
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Umgebung die Vgespaltene Petitzeile 25 Pf., finanzielle An zeigen 3U Pf" Reklamen 75Pf.; von au-wärlS 30 Ps.. Reklamen 1 M ; vom Ausland 50 Pi., finanz Anzeigen 75 Pf.. Reklamen 1.50 M. Inserate ».Behörden im amtlichen Teil 40Pf. Beilagegebühr ü M. p. Tausend exkl. Posi- gebühr. Geschäftsanzeigrn an bevorzugler Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarn Frslertrilte Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: AugustuSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: EarlDuncker,Herzgl.Bar>r.Hofbuchhandlg., Lützowstraße 10 (Tel. Vl. 4603'. Nr. 125. , Montag 6. Mai 1907. Vas wichtigste vsm Lage. * Der Hauptausschuß für staatliche Pen ¬ sionsversicherung hielt gestern in Berlin eine Versammlung ab, der als Gaste die Herren Reichstags abgeordneten Dr. Votthoff, Freiherr Heyl v. Herns- heim und Dr. Stresemann beiwohnten. lS. Letzte Dep.j * Anläßlich der vierzigjährigen Jubelfeier der Reich spartet un d der freikonservativen Fraktion vereinigten sich gestern die Mitglieder der beiden Fraktionen zu einem Festmahl in der Wandel halle des preußischen Abgeordnetenhauses. iS. Letzte Dop.) * Von einem angeblichen Angriff auf zwei Deutsche in Marrakesch ist auf der deutschen Ge sandtschaft in Tanger nichts bekannt. (2. auch Letzte Dep.j * Der „Corriere della Sera" erklärt das Gerücht über ein geplantes Attentat auf König Eduard auf Grund auchentischer Informationen als jeder Begrün dung entbehrend. * Der englische KrieySminrster Halda ne hat gestern in York eine bemerkenswerte Rede gehalten, in der er die englischen und deutschen Streit kräfte miteinander verglich und die Abrüstungs» frag« indirekt berührte. (S. Letzte Dop.) * I» einigen Kreisen in Tokio glaubt man, daß der Unterzeichnung des i a pa n i f ch-r u ss i sch e n Vertrages der Abschluß einer französisch japanischen Entente folgen werde. * Da die russischen Truppen aus Nordkorea immer noch nicht zurückgezogen sind, hat der japanische Befehlshaber, wie aus Tokio gemeldet wird, Auf trag erhalten, hiergegen zu protestieren. * Das Rennen um das Große Goldene Rad von Steglitz endete mit dem Siege Guignards vor Demke und Dickentmann. Robl kam zu Fall. (S. Sport.) * Bei den gestrigen Radrennen in Erfurt kam der Amerikaner Walthour zu Fall. Er trug schwere Kopfverletzungen davon und mußte ins Kranken haus gebracht werden. (S. Sport.) * Die Rennen in Münster i. W. wurden jäh unterbrochen, da nach dem ersten Rennen in einer in unmittelbarer Nabe des Rennplatzes gelegenen Stallung Feuer ausbrach, bei dem auch neun Renn pferde zugrunde gingen. fS. Sport.) * Bei dem gestrigen Rennen in Brüssel gewann den Grand Prix de Bruxelles s50000 Frcs.) Mons. F. Brugmanns „Eh am bolle" vor den Heiden Franzosen „Roncal" und „Francois". fS. Sport.) Vie Liberalen unll Nie politische Lage. Aus süddeutschen Hochschulkreisen wird uns geschrieben: Die politische Situation ist voll Verworrenheit. Was wird? so fragt man auf allen Seiten. Es kann der Antwort nur förderlich sein, wenn man sich vergegenwärtigt, was war und was ist. Was war? Zweierlei. Auf der einen Seite deutliche Ansätze zur Bildung einer vereinigten Rechten. Auf der anderen Seite laute Wünsche nach einer vereinigten Linken. Das erste ist merkwürdigerweise wenig beachtet wor den. Man hat wohl von konservativ-klerikaler Mehrheits bildung, Verhrüderunq, Geistesverwandtschaft geredet — aber das Entscheidende, die Neigung des Zentrums, eine konservative Volkspartei zu werden, blieb fast gänzlich unbeachtet. Wir müssen heraus aus dem Turm, dem konfessionellen nämlich, ries Herr Bachem. Man deutete es als eine jesuitische Spiegelfechterei, bestimmt, die Protestanten über den konfessionellen Charakter des Zen trums zu täuschen. Und doch war cs der Ausdruck eines Empfindens, das in den besten Führern des Zentrums lebte und sich beständig verstärkte, eines Empfindens, dem nach träglich auch, wenn auch ein wenig verhüllt, der Freiherr von Hertling in seiner vielbeachteten Etatsrede Ausdruck gegeben hat. Diese Neigung des Zentrums, sich langsam zu ent- konfcssionalisieren, hat aber auch auf der bisherigen Rechten starke Gegenliebe gefunden. Seit langem war es ausfällig, wie sehr die Organe und die Führer des Bundes der Land wirte und der Antisemiten sich bemühten, mit dem Zentrum auf freundlichem Fuße zu stehen. Die „Kölnische Volks zeitung" hat der „Deutschen Tageszeitung" bemerkenswert oft das Zeugnis eines „objektiven", „besonnenen" Blattes aus gestellt. Daß die Deutschkonservativen seit dem Zerbröckeln des Kartells immer enger an das Zentrum heranrückten, braucht kaum erinnert zu werden. Und es ist bekannt, wie die rechtsstehenden Elemente der nationalliberalen Partei sich mit dem Gedanken eines Anschlusses an diese Koalition völlig vertraut gemacht hatten: es wurden direkte Wahl kompromisse mit dem Zentrum angebahnt — Bassermann hat diese iungen Beziehungen noch in seinen Wahlreden er wähnt. Gar kein Zweifel: eine ungeheure konservative Front stand im Begriffe, sich zu formieren, mit der Zen trumsportei als dem eigentlichen Kern. Zentrum und Bund der Landwirte hätten die Massen geliefert, ohne die keine Politik heutzutage gemacht werden kann: die Bauern, Hand werker, Arbeiter christlicher Färbung. Deshalb hatten ja einst die Konservativen agrarisch werden müssen, weil der Bund der Landwirte ihnen sonst ihre Massen weqzunebmen drohte. Gegenüber dem Bund und den Konservativen aber war das Zentrum schon darum zur Führung der neuen Rechten bestimmt, weil es wirtschaftlich und politisch die modernere Bildung darstellt«, weil eS im Süden und Westen feinen Boden hatte, mit der Industrie sich obzusinden ge lernt und doch Bauernschaft und Kleingewerbe sich zu er halten gewußt hatte. Wenn man sich ein Bild der Politik zeichnen wollte, die eine „konservative Volkspartei" in Deutschland zu treiben hätte, so würde es der Zentrums politik des letzten Jahrzehnts sehr, sehr ähnlich werden. Auf der Linken schien die Sozialdemokratie einen ent sprechenden Kern für eine Frontbildung abgeben zu können, wie auf der Rechten das Zentrum. Aber eben nur zu können! Sie wollte nicht; während das Zentrum drü ben wollte. Sie sträubte sich dagegen, demokratische Volks partei zu werden und damit der werdenden konservativen Volkspartei ein Paroli zu biegen. Auch andere Gruppen der Linken zauderten: z. B. die freisinnige Volkspartei. In dessen, das wäre ohne rechten Belang gewesen. Wenn die Sozialdemokratie wirklich den Schritt zur Volks-Partei ge tan hätte, so hätte sie die übrige Linke unwiderstehlich an sich gerissen, genau wie das Zentrum in dem Maße, wie es kon servative Volkspartei wurde, magnetisch auf die übrigen Gruppen der Rechten wirkte. Nach der Masse hin gravi tieren unterm allgemeinen Wahlrecht alle Einzelfplitter, und die Masse vertrat rechts das Zentrum, links die Sozial demokratie. Die Entwicklung wäre über alle Eiqenbrödelei hinwcggeschritten, die etwa eine Gruppe der Linken zu tret- den versucht hätte. Fanden sich doch selbst die Jungsliberalen mit der Idee der Anlehnung an die demokratischen Arbeiter massen allmählich ab. Entscheidend war: die Sozial demokratie wollte nicht. Sie versteifte sich darauf, sozialistische Proletarierpartei zu bleiben. Sie lies hinter den Mandaten her, verbündete sich des Mandatgewinns hal ber in Baden mit den Liberalen, in Bayern genau so mit dem Zentrum. Sie lehnte es ab, die Politik großen Stils auf der Linken zu treiben, die das Zentrum auf der Rechten trieb. Damit stärkte sie die Antipathien gegen sich in der freisinnigen Volks partei, kompromittierte sie die Bemühungen der freisinnigen Vereinigung, erstickte sie den guten Willen der Jungliberalen im Keime. Wer hätte auf der Linken nicht eine starke Linke gewünscht? Daß aus solchen Wünschen Ansätze würden (wie auf der Rechten, wo übrigens die praktischen Ansätze den eingestandenen Wünschen vorausgeeiO rvaren), verhin derte die Sozialdemokratie, indem sie immer gellender in ihr Klaffenkampfhorn stieß und auch die zur Verbündung rl.it ihr bereiten Gruppe., kurzerhand zur einen reaktionärem Masse warf. Die Wählen von 1908 hätten für die Linke vernichtend ausfallen müssen, denn sie hätten die vereinigte Rechte gegen die zersplitterte Linke geführt. Sie hätten ganz gewiß der Sozialdemokratie Verluste, den Liberalen wahrscheinlich die Aufreibung gebracht, die Nationalliberalen aber fest an die Seite der Rechten geschmiedet. Warum es zu diesen Wahlen nicht kam, darüber brauchen wir uns hier den Kopf nicht zu zerbrechen, sintemalen das vorläufig mit Sicherheit von niemandem ermitelt werden kann. Die Vorgeschichte des 13. Dezember 1906 ist in Halb dunkel gehüllt. Die Wirkungen dieses Tages aber liegen klar vor uns ausqebreitet. Sie sind, kurz gesagt, die Niederlage der Sozialdemokratie, die Losreißung des Zentrums von der Rechten, die Einigung der Linksliberalen und die Links orientierung der Nationallibcralen. Die Ansätze zu einer vereinigten Rechten sind auf längere Zeit hin verschüttet. Das Zentrum geht wieder mit konfessionellen Schlagern schärfster Zuspitzung agitieren: aus der Bahn, die zur konservativen Volkspartei führte, ist es mit einem Ruck herausgeworsen. Zwar scheint es, als wolle die „Wirtschaftliche Vereiniaung" an dieser Bahn sich nicht irre machen lassen. Trotzdem — die einheitliche Front ist vorläufig dahin. Zu ihrer Wieder herstellung bedarf es längerer Zeit, und das Bündnis des Zentrums mit der Sozialdemokratie hat die Arbeit, die zu solcher Wiederherstellung nötig ist, recht erschwert. Selbst verständlich werden sich, wie jüngst im preußischen Land tage, Zentrum und Konservative in zahlreichen Fragen fak tisch zusammenfinden. Nur die innere Wandlung des Zen trums ist eben unterbrochen worden. Die Voraussetzungen für eine über die Taktik hinaus rin G e i st geeinte Rechte sind beseitigt. Dagegen präsentieren sich nunmehr die schüchternen AnsätzezueinerLinkcn. Die Mög lichkeit eines Friedens zwischen den Natioualliberalen und dem Zentrum ist auf absehbare Zeit vorüber, und positiv ist die Annäherung der Nationalliberalen an die übrige liberale Linke ganz unverkennbar. Wie weit sie sich festigen wird, steht dahin. Ganz sicher ist die ernstliche Absicht des Zusammenarbcitens mit den Liberalen bei der Mehrzahl der Nationalliberalen vorhanden. Das hat sich schon in der Wahlbewcgung gezeigt, es zeigt sich auch im Parlament. Die Sozialdemokratie steht abseits. Ihre Macht ist ge brochen: parlamentarisch wenigstens. Aber nichts spricht dafür, daß sic den Willen -hätte, sich zu ändern, demokratische Volkspartei zu werden. Gar nichts. Im Gegenteil. Sie hat sich mit der augenblicklich in die Verärgerung und Ent täuschung gedrängten Zentrums-Partei liiert: einfach der Negativität, der Opposition halber. Von den beiden Politikern, die die künftige Linke an die Sozialdemokratie anlehnen wollten, hat der eine, Naumann, die vorläufige Unmöglichkeit dieses Beginnens bereits er kannt. Er sicht, daß man sich mit dem liberalen Zusammen schluß begnügen muß und daß jetzt viel mehr Hoffnung be steht, die Nationalliberalcn als die Sozialdemokraten in die Linke hincinzuziehen. Der andere, Theodor Barth, will den Glauben an die Sozialdemokratie noch nicht aufgeben. Gerade auch für den Augenblick nicht. Da er aber doch weiß, daß die Sozialdemokratie zu einem wirklichen Zusammenarbeiten nicht zu haben ist, so rät er, die Liberalen sollten so demo kratische Politik machen, daß die Sozialdemokraten und das demokratisch sich gebärdende Zentrum nicht anders könnten, als an ihre Seite treten. Herr Barth hat diese Vorschläge kürzlich erst mit scheinbarer Logik entwickelt, aber in der Praxis ist nichts damit anzufangen. Das Zentrum denkt gar nicht daran, solche Politik im Ernste zu treiben, und es ist ihm gleichgültig, ob die Liberalen eS als reaktionär hin stellen, einfach weil es seine Wählermassen mit Hilfe des kirchlichen Apparates so fest in der Hand hat, daß keine libe rale Beweisführung sie ihm abspenstig macht. Die Sozial- demokratie aber charakterisiert sich ja doch gerade dadurch, daß sie ernsthafte Volkspolitik nicht treiben mag, sondern reine Temonstrationspolitik treiben will. Sie überbietet jede demokratische Forderung durch eine ultraradikale und schreit über Reaktion, wenn die nicht durchzusetzen ist. Dis Liberalen würden einfach dieselbe Demonstrationspolitik machen müssen, wenn sie sicher sein wollten, die heutige So zialdemokratie neben sich zu haben. Tann aber könnten si: sehr leicht bei der nächsten Wahl das Schicksal dieser Sozial demokratie teilen. Der leitende Staatsmann hingegen will konservativ-libe rale Politik treiben. Tas klingt wunderlich und wird viel bespöttelt. Sieht man indes genau zu, so ist es der einzige Ausweg aus der momentanen Situation; natürlich nur als praktisches Zusammenarbeiten der Konservativen und Libe ralen gedacht. Es hält die Konservativen vom Zentrum fern, erleichtert den Nationalliberalen die Eingewöhnung in die Linksstellung und setzt die Sozialdemokratie eine Zeitlang ganz matt. Alle drei Wirkungen liegen im Interesse des Liberalismus der dazu noch fak tisch bescheidene legislatorische Vorteile (wenn auch recht be scheidene) einheimst. Natürlich kann von einer „Paarung" konservativen und liberalen Geistes keine Rede sein. Natürlich wird auch die Zeit kommen, wo die Wiederan knüpfung der Rande zwischen den Konservativen und dem Zentrum unvermeidlich wird. Tann taucht von neuem die „Vereinigte Rechte" am Horizont auf und es kommt alles darauf an, daß bis dahin dieSozial" demokratie zur Besinnung gebracht ist und die N a t i o n a l l i b e r a l e n dem Liberalismus fest einverleibt sind. Denn dann wird der Rechwn sofort eine Linke gegenüberstehen. Es ist vielleicht nicht leicht für die Liberalen, aus so komplizierten Erwägungen heraus zu handeln — und nicht zu handeln. Aber es ist nötig. Es ist der einzige Weg, um aus dem Chaos unseres Parla mentarismus zum Zweiparteienwesen uns durch zuarbeiten. Die Sozialdemokratie hat es nur s i ch zuzu schreiben, daß der Weg über ihre vorläufige Mattsetzung führt. vaz norcksmenlraniscde (töltrerproblem im Lichte der neuerten kinwaniternngrriatirtiir. Fast zur selben Zeit, da der amerikanische Präsident Roosevelt zu Jamestown in seiner Begrüßungsrede an die Vertreter der kontinentalen Staaten auf die aus der Blut- Mischung hervorgehenden Charaktereigentümlichkeiten der amerikanischen Bevölkerung hinwies — ein Hinweis, der zweifellos diese Blutmischung als eine günstige darstellen wollte — erschien der jährliche Bericht des Generalkom missars der Einwanderung. Er umfaßt den Zeitpunkt vom 30. Juni 1905 bis zum 30. Juni 1906 und ergibt ein riesen haftes Anichwellen des Einwandererstromes, wie er in solcher Hochflut noch niemals beobachtet worden ist. Aber die Zu flüsse, aus denen dieser Strom gespeist worden ist, sind jetzt ganz andere als die früheren. Es ist höchst interessant, die neuesten statistischen Angaben nach dieser Richtung hin zu Prüfen. Während im vorhergehenden Jahre die Zahl der Ein wanderer die an sich beträchtliche Ziffer von 1026 499 Per sonen erreichte, sehen wir in derselben Zeit des letzten Jah res 1 100 735 Einwanderer den Boden der Nordamerika- nischen Union betreten. Davon stammten allein aus Europa 1018365 Personen. Ohne weiteres ist also zuzugeben, daß die weiße Einwanderung in erster Linie den gewaltigen Strom speist. Von 1820 ab, dem ersten Jahre der Registrie rung der Einwohner, bis 1900 sind nicht weniger als 19 Millionen Einwanderer jeder Nationalität nach Amerika gekommen, und diese Millionen „Rekruten" sind meist herüber gewandert in der Kraft ihrer Jugend, manche mit Kapitalien, die sie zum Nutzen des Landes wie zu ihrem Vorteil ange- wcndet haben, manche aber auch durch ihre Arbeit bedeutend zur Entwicklung der Bevölkerung beitragend, ohne daß ihre Erziehung der amerikanischen Nation auch nur einen Pfennig gekostet hätte. Bis vor 24 oder 25 Jahren — einem Zeit- Punkt, den die Amerikaner sehnsüchtig wieder Herbeirusen möchten — standen Deutschland, die skandinavischen Länder (Schweden, Norwegen, Dänemark), England, Irland und Schottland an der Spitze dieser Völkcrbcwegung. Heute aber ist das ganz anders. Italien, Oesterreich-Ungarn, Rußland liefern die .Haupteinwanderungselemente, die vielfach den armen Klassen angehören und sich schwer assimilieren. Figurierte Deuischl^..b >m Jahre 1881 mit 210 485, im Jahre 1882 mit 250 630 Einwanderern, so finden wir deren im Jahre 190.5 nur noch 40 475 und im Jahre 1906 nur noch 37 564. Die glücklichere Lage der Industrie und des Acker baues in Deutschland sind die Ursachen dieses Rückganges. Skandinavien schickte im Jahre 1881 81 582, im Jahre 1882 sogar 105 326 Personen, im Jahre 1905 finden wir ihrer nur noch 60 525 und 1906 nur 52 781. Dagegen zählte Italien im Jahre 1881 nur 15 401 Einwanderer mit der Bestimmung nach den Vereinigten Staaten. Im Jahre 1905 finden wir ihrer 221 479 und im Jahre 1906 sogar 273120 oder eine Ver mehrung um 51 641 in einem einzigen Jahre; bemerkenswert ist, daß im Jahre 1906 allein 231 921 aus dem Süden Ita liens kamen. Von diesen lassen sich zweifellos viele dauernd in Amerika nieder, aber eine große Zahl kommt nur für einen mehr oder minder langen Zeitpunkt, z. B. für den Sommer, in dem sie als Erdarbeiter Vcrwenduna finden. Mährend man auf den Kais von Neapel in den Monaten März und April mit Menschen überlastete Schiffe nach Amerika abfahrcn siebt, bemerkt man. nur im entgegengesetz ten Sinne, dasselbe Schauspiel im November und Anfang Dezember auf den Piers von New Vork, wenn die Dampfer nach Italien alssahren. Tie Schnelligkeit der Verbindungen, die niedrigen Bc'örderungsvrcise und die sehr hohen Löhne auf der andern Seite des Ozeans begünstigen dies Suchen der ..Arbeit auf weite Entfernung". Wenn Oesterreich-Ungarn im Jahre 1881 nur 27 935 Per sonen nach den Vereinigten Staaten schickte, so finden wir M. Jahrgang. deren im Jahre 1905 275 693 und im Jahre 1906 265 138, die sich teilen in 43 803 Polen, 42 848 Ungarn, 43 157 Kroa ten, 34 848 Deutsche, 36 550 Slowaken, 14 884 Juden, 15 690 Ruthenen. Der Rest sind Dalmatiner, Italiener, Bulgaren usw. Rußland zählte nur 10 655 Einwanderer nach den Vereinigten Staaten im Jahre 1881. Im Jahre 1905 war diese Zahl gestiegen auf 184 897 und 1906 auf 215 665, die sich zusammensetzt aus 125 234 Juden, 46 204 Polen, 13 461 Fin nen, 10 279 Deutschen, 13 697 Litauern, W7 Skandinaviern und, was besonders bemerkenswert ist, nur 5282 eigentlichen Russen. Auch Griechenland sieht die Zahl seiner Auswanderer sich vermehren; betrug sie vor 1884 nur 1 pro Hundert, so waren ihrer im Jahre 1905 10 515, im Jahre 1906 19 489. Frank reich stellt nur ein kleines Kontingent mit 6957 im Jahre 1906. Höchst interessant ist es zu prüfen, wo diese Einwanderer landen und bleiben. Natürlich steht New Aork an der Spitze der Häfen, in denen Einwanderer ankommen. Vom Juli 1905 bis Juli 1906 sind hier 608 647 Männer und 271389 Frauen oder insgesamt 880 036 Einwanderer gelandet, 62 229 in Boston, 54 064 in Baltimore, 23186 in Philadel phia, 23186 in San Francisco. In den anderen Häfen ist die Zahl der Angekommenen nur unbedeutend. Ter Staat New Aork absorbierte für sich allein im Jcchre 1906 nicht weniger als 374 708 Personen, d. h. 34 Prozent der Gesamtsumme der Einwanderung, 2 Pro-evt mehr al- im Jahre 1904. 198 681 oder 18,1 Prozent sind in Pennsylva- nien und 160 220 oder 13,43 Prozent in New Jersey, New Hampshire und zwei anderen benachbarten Staaten geblieben, die das bilden, was das Einwanderungsbureau „North At lantic Division" nennt. Wir finden, daß 752 370 Personen, also 68L Prozent der Einwanderer in diesem Teile der Ver einigten Staaten geblieben sind. Die „North Central Divi sion" (die Staaten Illinois, Ohio, Michigan, Wisconsin) er hält im Jahre 1906 242 930 Personen, 22,1 Prozent; 48125 oder 4,4 Prozent gehen nach der „Western Division" sden Staaten Neu-Mexiko, Newada, Idaho, Arizona, Montana, Utah, Wyoming, Oregon), 31539 oder 2,9 Prozent gehen in die „South Atlantic Division" und 14 693 oder 1,3 Prozent in die „South Central Division", 130103 Italiener sind allein in dem Staate New Jork geblieben, ebenso 22937 Deutsche. Die Juden sind während des letzten Jahres nach den Vereinigten Staaten in Zahl von 153 748 Köpfen gekommen; allein 125 234 kamen aus Rußland gegenüber 77 544 im Jahre 1904; 14 884 stammten aus Oesterreich.Ungarn, 3872 aus Rumänien usw. Sie kommen mit Frauen und Kindern in einem Zustand der Armut an, der an Elend grenzt und die jüdischen Wohltätigkeitsgesellschasten haben Mühe und Ar beit, um ihnen zu helfen und für eine so große Anzahl ihrer Glaubensgenossen Beschäftigung zu finden. Man muß be denken, daß allein 95 261 in dem Staat New füjork geblieben sind und daß es nötig war, ein ganzes Jahr hindurch für die einfachsten Bedürfnisse dieses wahrhaften Exodus zu sorgen. Sind nach der Meinung Roosevelts und der Amerikaner überhaupt die Verschiedenheit des Ursprunges und die Misch ehen sin ethnologischer Hinsicht) sicher der Bildung eines neuen Typus des amerikanischen Volkes günstig gewesen, so beweisen doch andererseits die gebrachten Zahlen, daß durch die jetzige Einwanderung der Slawen, Italiener usw. eine entschie dene Verschlechterung stattfindet. Konnte sich früher eine wenigstens einigermaßen homogene assimilationsfähige Volksmasse in der Neuen Welt bilden, so dürfte in der Zu kunft eine Umbildung des amerikanischen Volkes sich voll ziehen und ein neuer Rassentypus herausbilden, der viel leicht das nationale, politische und kulturelle Leben in der Union minder günstig beeinflussen wird. So steigt am ame- rikanischen Znkunftshinnnel — man denke auch nur noch an die fast 9 Millionen Neger und Mulatten und das starke Herüberströmen gelber Volkselcmente — ein drohendes Ge wölk auf, das schwere Gefahren in sich birgt. Manche Kenner der Verhältnisse behaupten, daß dieses schwarze Gewölk schon heute unheildrohend über der nordamerikanischen Union schwebe. Deutsches Keich. Leipzig, 6. Mai. tk. Die Ucbereinkunft zwischen Deutschland und Frank- reich über den Schutz an Werken der Literatur uud Kunst und an Photographien bestimmt, daß der Sondervcrtrag zwischen Deutschland und Frankreich vom 19. April 1883 auf gehoben und durch di« neue Ucbereinkunft ersetzt wird. So wird der Schutz gegen Uebersctzuug geregelt. Ten Ur hebern von Werken, welche zum ersten Male in dem Ge biet eines der beiden vertragschließenden Teile veröffentlicht werden, steht im Gebiete des anderen Teiles während der ganzen Dauer ihres Rechtes an dem Originalwerkc das Recht zu, ihre Werke zu übersetzen oder deren Uebersetzung zu gestatten, ohne daß es erforderlich wäre, daß der Urheber von seinem ausschließlichen Recht der Uebersetzung inner halb der im Artikel 5 der Berner Ucbereinkunft vorgesehe nen Frist von 10 Jahren Gebrauch gemacht bat. War je doch vor dem Inkrafttreten dieser Ucbereinkunft eine Ucbcr- setzung erlaubterwcise ganz oder zum Teil erschienen, so bleibt die Befugnis des Uebersetzers zur Vervielfältigung, Verbreitung und Aufführung dieser Uebersetzung unberührt. Für Photographiewcrke gelten ebenfalls die Vorteile der Uebereinkunst. * Die deutsch.französischcn Beziehungen. Die offiziöse „Wiener Polit. Korrcsp." schreibt: „Eine uns aus Paris zugehendc Mitteilung betont, daß die Erörterung der Frage einer etwaigen Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland allem Anscheine nach keine flüchtig vorüber ziehende Episode bildet, sondern das internationale Interesse längere Zeit wachbaltcn dürfte. Am einleuchtendsten erscheint die Annahme, daß die Interessen Frankreichs in Marokko und diejenigen Deutschlands in Kleinasien einen geeigneten Boden für die Verständigung zwischen Paris und Berlin bieten könnten. Es wird niemand bestreiten können, daß Deutschland in der Lage ist, durch seine Haltung die Durch führung der Frankreich infolge der Nachbarschaft Algiers mit Marokko daselbst zufallcndcn kommerziellen und wirt schaftlichen Rolle, die unter der Bezeichnung eines „speziellen Interesses" anerkannt wurde, leichter oder schwieriger zu gestalten. Bei der näheren Bestimmung und Abgrenzung dieses „speziellen Interesses", insbesondere hinsichtlich der bei seiner Geltendmachung anzuwendcnden Mittel, können sich offenbar Schwierigkeiten ergeben, deren Beilegung durch eine vorhcrgängige Verständigung zwischen Paris und Ber-
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