Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.01.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190901271
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090127
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1909
- Monat1909-01
- Tag1909-01-27
- Monat1909-01
- Jahr1909
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Dl« einzelne «ummer koket lS Artaktio» me» G«kchift»kell« Sor»Ivr»ch«°,^««Ä°l4«S, l«»ch MWgcrTagMaü Handelszeitung Ämlsvkatt -es Nates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. »«zeige»-Preis lk» Iuterate «1 tietpst, und Umgebung »t« -aespalten« Petttzeil» L ch, lioanziell, llnzet,«» Sv^, sleklamea 1 W» »»«wärt« » ch, «ieklamen I.!t0 »ss: am» klulland^Svch, ftnar^ klnzeigen 7dch, Interated.Sebbrden >« amtliche»r«I40^. »eila,«^dtdr ü ^ss ». Laulend ^kl. Pol: aedühr. «ejchSUeaazeigen an bevorzug««. Stell« t» Prell« erhitzt. Rabatt nach Lar> SekrrreUt« «ultrtae kS»»e» nicht zurück, ««zöge» »erde». Für da« »rlcheiaen au deftim-lte» La,«, »ad Plttzen wird keine Garantt« übernommen. Nnzei-en.kln-atzme: A»gak»«»l»» v. bet ltmtlichea Filialen u. allen Lnaouceu SMedttto»,» de« In. und Nu«la»de«. tz«»pt-SUtal« »erlitt: Carl D»»ck«r, Lerzogl. ivayr. Hasduch handluiig, iUltowstrad« IQ. (Tilephim VI. Rr. 4M3). tzauvt-Stliale Lresde»: SeeKraße 4,1 (Telephon 4820. Nr. 27. Mittwoch 27. Januar 1909. Das wichtigste. * Kaiser Wilhelm H. vollendet am heutigen Tage sein 50. Lebensjahr. sSiehe Leitartikel.! , * Der Reichstag überwies die Novelle über Post- Kampfer-Verbindungen mit überseeischen Ländern der Bud- g e t k o m m i ss i o n. sS. Reichstagsbericht.) * Im preußischen Abgeordnetenhause wurden di: Wahlrechtsanträge der Freisinnigen und Polen abge - lehnt. Auch der Eventualantrag der Nationalliberalen wurde abg-lehnt. Punkt 2, betreffend die direkte Wahl wurde in namentlicher Abstimmung mit 169 gegen 165 Stiumen abgelehnt, ebenfalls in einfacher Abstimmung mit demselben Stimmenvcrhält- nis die geheime Wahl. sS. 2. Beilage.) * Die Verhandlung gegen den Kaufmann Hermann aus Metz vor dem vereinigten zweiten und dritten Strafsenat des Reichsgerichts endete mit der Freisprechung des Angeklagten, welcher der Spionage beschuldigt war. sS. Bericht.) * Aus London wird gemeldet: Das Befinden der Königin Alexandravon E n g l a n d hat sich so gebessert, daß sie gemein- 1 a m mit König Eduard die Reise nach Berlin wird antreten können. ' Bulgarien versendet eine Note an die Mächte, in der die Beweggründe der Mobilisierungsmaßregcl dargelegt werden. IS. d. Art.) * Aus Konstantinopel wird depeschiert: Der deutsche Rot- schafter hat neuerdings Veranlassung genommen, der Pforte inein - dringlicher Weise eine Verständigung mit Bulgarien zu rmpfeh- len. sS. d. Art.) * "Gs Uesküb wird gemeldet: Die Albanesen, die mit dem türkisch - österreichisch - ungarischen Hebere,„kom men unzufrieden sind, haben an das Parlament Depeschen ab- gesandt mit der Aufforderung, gegen die Annahme einer Geldentschä- bigung Einspruch zu erheben. Sie boten der Regierung das Doppelte Ker von Oesterreich gewährten Geldsumme an, wenn sic das Geld so dringend brauche. Dein Ttcnsev. Ist es Tatsache oder Täuschung — dem aufmerksamen und kundigen Beobachter des Büchermarktes will es scheinen, als ob in dieser Saison das Geschäft der Byzantiner sehr im argen liege. Wohl taucht noch hier und da schüchtern eins dieser süßlich-pathetischen Machwerke auf, dem issindlerisches Kalkül Heuer eine nicht zu knappe Dosis larmoyanter Rührung zugesetzt hat. Aber ein Rückschlag gegen die Massenproduktion früherer Jahre ist zu merken, und, was noch schöner ist, auch dem Wenige» dieses mißvergnüglichen Winters fehlt der Absatz. Ma„ fürchtet die Blamage. Und wenn die Novemberstürme keine andere Folge gehabt hätten, als daß sie zum mindesten für eine Weile das Feld von diesem giftigsten Unkraut reingesegt haben, so wollen wir sie preisen. Als Symptom ist diese Erscheinung zu betrachten. Das Verhältnis des deutschen Volkes zu seinem Kaiser, das im Laufe von zwanzig Jahren immer äußerlicher geworden war, ist revidiert worden, und wer tiefer gräbt, wird sagen müssen: gesünder nnd besser. Wie war es denn? Tie äußeren Formen des Royalismus waren natürlich gewahrt, aber in Konventikeln ätzten die höhnisch - spitzen Bemerkungen am Glanz des Kaisertums, und ein bekannter Publizist hat recht, wenn er sagte: In diesen zwanzig Jahren sei ihm niemand begegnet, der nicht unter vier Augen zugestanden Hobe, ein unheilvolles Regime laste auf dem Reiche. Longe genug hat der Zustand der geheimen Auflehnung gedauert, und Schaden hat er angerichtet, der allen, die es ehrlich meinen mit Kaiser und Reich, die schwerste Sorge dieser Jahre gewesen ist. Gerade deshalb so schwer, weil der Opposition die Berechtigung nicht abzusprechen war. Diesen Gefahren gegenüber ist das heutige Verhältnis bei weitem vor zuziehen. Ja, man kann beobachten, wie nach der unausbleiblichen Explosion die Psyche der Masse, naiv wie immer, schon wieder in Ver geßlichkeit und unpolitischer Unterschätzung der eigenen Bedeutung von leisen Skrupeln bewegt wird, ob nicht doch vielleicht zu viel geschehen sei. Wenn auS dieser leisen Sentimentalität die zarte Blume der persönlichen Neigung sich neu und schön entfaltet, so ist auch das erst nach der Krise möglich geworden. Ein uneingestandener, zweifellos richtiger Gedanke, der vieles er klärt und entschuldigt, liegt diesem von Mitgefühl getränkten Empfinden des Volkes zugrunde. Es ist die Ahnung, daß an dem hochbegabten Monarchen schwer gesündigt worden ist. Unwidersprochen wurden alle seine gelegentlichen Worte als Aktionen von Ewigkeitswert auSgegeben. Soweit überhaupt die Geschäfte dem politischen Interesse Raum ließen, erschöpfte eS sich in Ausdrücken der Bewunderung, und wer den Schnurr bart nicht ii la Guillaume trug, war der Vaterlandslosigkeit schon beinah« verdächtig. Bon drei Kanzlern, den verantwortlichen Leitern der Reichsgeschäfte, stand der erste vor dem jungen Monarchen stramm, der zweite bekleckerte sich de» Frack, als Wilhelm ihm zutrank, und der dritte wußte für alle-, waS geschah, ein Bonmot, oder ein Zitat, dos den Kern der Sache verhüllte. Keiner war da, der den medizinisch wichtigsten Grundsatz auf die Politik anzuwenden der Mut hatte, daß Prophylaxis wichtiger ist als all« Medizin nach der Er- krankung. Mochten di« Symptome noch so drohend werden, eS wurde mit Pflästerchen gedoktert. Dann war der Kaiser kein Philister, danc- kvnnte eS dem kaiserlichen Gentleman nicht verwehrt werden, an einen Freund in England Briefe zu schreibe», dann wurde emphatisch erklärt: Wenn je eine kaiserliche Handlung über den Kopf des Kanzlers hinweg dem Reiche zu schaden geeignet sei, so sei man kein Kleber. War es ein Wunder, daß dieser agile, tatenhungrige, in eine Friedensperiode ge bannte Geist die Realitäten des Lebens nur noch undeutlich hinter den Wolken des Weihrauchs erblickte, den ihm das Heer der stets Will fährigen streute? Hier liegt die schwere Schuld der Gegenpartei, und dies steckt auch der Kritik die Grenzen. Das deutsche Volk feiert den fünfzigsten Geburtstag feines Kaisers vielleicht leiser, aber innerlich vielleicht froher und freier, als je einen der vergangenen. Wenn die Worte diesmal auch in Moll erklingen, und wenn mancher Neberschwang Heuer wohltemperiertem Gefüge Platz machen muß, so ist das ganz sicher kein Schade. Tenn wir sind über zeugt, daß noch an keinem 27. Januar das ganze deutsche Volk so intensiv und ernsthaft sich der Bedeutung der Feier bewußt gewesen ist wie dies mal. Heute stecken sicher hinter jedem Wort auch ein Gedanke und ein Gefühl, und das Reich begeht diesen Tag im Bewußtsein, daß nicht ein äußerer Termin Begeisterung kommandiert, sondern daß eine neue Klammer um Fürst und Volk gelegt werden soll. Jung, :m Bilde der Historie, ist noch die Institution des neuen deutschen Kaisertums, aber es zeigt sich, wie sehr sie Erfüllung einer alten, tiefwurzelndcn Sehnsucht der Nation ist, so daß es jedem undenk bar scheinen will, sie je »u missen. Ist es auch bedenklich, wann zwischen der Institution und der Person, die sie ausfüllt, unterschieden wird, so ist es doch auch wieder nützlich, in der Bedeutung der Insti tution den Zwang zum persönlichen Festhalten immer vor Augen zu haben. Tarin liegt das Geheimnis der absoluten Friedlichkeit der letzten Riescnbewegung gegen den Absolutismus, daß stets der Gedanke -die Oberhand behielt, es ist unser eigener Kaiser, um den es sich handelt. Und wie man mit seinem eigenen Fleisch und Blut wohl hadern kann, ohne doch je das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit zu verlieren, so war das letzte Ziel der Bewegung auch stets, zu bessern, aber nicht zu zerstören. Nicht etwa als Demonstration gegen das Volk, sondern im Gegenteil als Repräsentation des Voltes und seiner unver brüchlichen Anhänglichkeit an den Träger der Kaiserkrone, die uns die Einheit des Reiches verbürgt, sehen wir deshalb auch die heutige Zu sammenkunft. der deutschen Fürsten im Schlosse zu Berlin an. Wir be- grüßen diesen sicherlich 'cinstunigen Entschluß auch als Dokument von Gefühlen, die jenseits der Grcnzpfählc verstanden sein sollen. Wo deute das Kaiserhoch erschallt, da heißt es zugleich: „Tas Reich soll uns doch bleiben." So ru'en auch wir: Er lebe -er AaiserD Lan-tagsschluh. Die erste Tagung des Landtags im neuen Ständehause ist zu Ende. In der sächsischen Parlamentsgeichichtc wird dieser 32. ordent liche Landtag wegen seiner Länge und wegen der Bedeutsamkeit der von ihm gefaßten Beschlüsse seinen besonderen Ruf behaupten. Als sich im Frühjahre 1906 hinter den Laudboten die Pforten des alten Ständchauscs zum letzten Male geschlossen hatten, fand man, daß außer- gewöhnlich und anstrengend gearbeitet worden sei, und doch ist der Zeitaufwand damals gegenüber dec eben abgeschlossenen Tagung wesentlich niedriger gewesen. Zur Kennzeichnung der ungeheuren Opferwilligkcit und der vorbildlichen Arbeitsfreudigkeit dieses Landtags würde es, setzte man als Wertmaßstab die Ein schätzung des vorletzten Landtags voraus, an den rechten sprachlichen Wendungen gebrechen. Tenn wenn schon 51 Sitzungen der Ersten und 96 Sitzungen der Zweiten Kammer in den Jahren 1905 und 190t! als etwas Außerordentliches hingestcllt wurden^so kommt man bei der Suche nach Qualitätsbezeichnungen für die 78 Satzungen der Ersten und für die 176 Sitzungen der Zweiten Kammer des jüngsten Landtags einiger- maßen in Verlegenheit. Wie soll man ferner die erstaunlichen Arbeits leistungen der verschiedenen Deputationen ermessen, vor allen Dingen der Finanzdeputation I. mit 144, der Gesetzgebungsdeputation mit 124 Sitzungen, der Wahlrechtsdeputation, deren Mitglieder ja zumeist auch wieder anderen Deputationen angehörten! Solchem bisher wohl un- übertvofsenen Aufwand an Arbeitskraft, der nicht allein der Bewältigung einer Fülle gesetzgeberischer Ausgaben, sondern auch der Ueberwindung zahlloser Hemmnisse galt, wird die rückhaltlose Anerkennung der säch sischen Staatsbürger nirgends fehlen, und in der T b r o n r e d c, mit der der König am Tienstag den Landtag schloß, vernimmt man auch den Dank der Regierung für die aufopfernde Tätigkeit der Landboten. Im allgemeinen entbehrt die Thronrede jedes besonderen Reizes: sie stellt einen nüchternen, einfachen Geschäftsbericht dar, sie gibt eine trockne Uebersicht über die vollendeten Gesetze, und sie vermeidet sorglich jede Andeutung von neuen gesetzgeberischen Maßnahmen iMr die Grenz linien hinaus, die bereits im Verlaufe der Tagung von einzelnen Ministern für ihre Ressorts gezogen waren. Naheliegende Rücksichten auf die Familientradition und zugleich die den König beseelenden Gefühle der Dankbarkeit gegenüber dem Landtag rechtfertigen die bevorzugte Stellung dec Königin-Carola-Gedächtnisstiftung, deren Erwähnung die Thronrede einlcitet. Tas zweite Wort wird der Lösung der W a h I r e cht 3^r a g e gewidmet. Der König verhehlt nicht, daß ihn vorübergehend Lvrge um das Gelingen des Werkes beschlichen habe, er vermeidet aber jede direkte kritische Bemerkung zu dem Wahlgesetz und begnügt sich lediglich mit dem Ausdruck zuversichtlicher Hoffnung auf die Verwirklichung seiner Absichten: Zufriedenheit im Volke zu schaffen. Wer wie wir die politischen Realitäten Sachsens genau zu würdigen weiß, wird der Art, wie das Wahlgesetz zustande gekommen ist, volles Verständnis und Vertrauen entgegcnzübringen vermögen ohne indes von der Neberzeugung, daß hier nur ein Uebergangsvrodnkt vorliegt, etwas preiszugebcn. Ausfällig ist der Mangel einer Andeutung zur Reform der Ersten Kammer, um so mehr, als dieses Problem von der nationalliberalen Partei erst ganz vor kurzem wieder als die vornehmste Aufgabe deS neuen Landtags hingesiellt wurde. Die Unterdrückung des berüchtigten Dekrets 24 dagegen, daS der Selbstverwaltung schmerzlich: Wunden zu schlagen drohte, ccher gar nicht erst ernstlich zur Beratung gelangte, ist ein Akt kluger Selbstbescheidung der Regierung. In einem weiteren Abschnitt der Thronrede wird der erledigten, in sozialpolitischer Beziehung wichtigen Gesetzesvorlagen gcdacht. Durch das Fürstrgcerziehnngsgesctz sollen künftig auch sittlich gefährdete Kinder vor weiterer Verwahrlosung behütet werden. Tie Novelle zum Berggesetz trifft umfassende Schutzbestimmungen für die im Erdinnern schürfenden Staatsbürger und wird in ihren übrigen Teilen der Förde- rung des sozialen Friedens dienen. DaS Forst- und Felddiebstahlgesetz mildert die früheren ungerechtfertigt harten Strafen nnd wird „den Be- dürsnissen der Land- und Forstwirtschaft in höherem Maße gerecht als bisher". Leider verschweigt die Thronrede, daß eben dieser letztgenannte m. Jahrgang. Vorteil auch dem großen Teil der Bevölkerung, der den Wald als Er holungsstätte betrachtet und braucht, unterschiedliche Erschwernisse bring: Von den wirtschaftspolit ischen Aufgaben des Landtags hebt die Thronrede das Zustandekommen des Wasserrechts hervor; mit Recht, denn eine mühevollere Arbeit als die'es in zwei Landtagen eingehend durchgcarbcitete Gesetz hat's außer der Wahlrechtsreform im letzten Jahrzehnt in Sachsen nicht gegeben. Schwer liegt der Regierung daS Scheitern des Kirchen- und Schulsteuergesetzes auf dem Herzen, deffc.i Wiedereinbringung anqekündigt wird. Da ein Termin d-ssür nicht gesetzt ist, nehmen wir an, daß es mit der großen Gemeindesteuerrcsorm zu- sammen im übernächsten Landtage wiedererscheinen wird. Ziemlich eingehend wird in der Thronrede daS Unterrichtswescn behandelt. Als nächstes gesetzgeberisches Derk aus diesem Gebiete ist die Reform der höheren Bildung des weiblichen Ge- schlechts zu erwarten. Dr. Beck wird demnach Wohl schon im kommenden Landtaae mit entsprechenden Vorschlägen bervortreten. Tie Anträge zur Volksschulresorm werden als „wirksame Vorarbeit" charal- terisiert, was Optimisten zu kühnen Hoffnungen treiben könnte. Bei der Erwähnung der neuen Besoldungsordnung fällt die doppelte Mahnung an die Beteiligten zur Genügsamkeit auf. Nach preußischem Muster werden dann durch Vereinfachungen im Beamten apparat Ersparnisse angekündigt, aber zugleich wird etwa übertriebenen ' Hossnungen durch das Schreckgespenst eines möglicherweise mangelnden Gleichgewichts des kommenden Haushaltsetats ein derber Tämp-er aus- ge'etzt. Wird Sachsen am Ende gar gezwungen sein, die Wege Württem- bergs :u wandeln und die Steuerschraube schärfer anzuziehen? Tie Ickten Reden des Finanzministrrs und dieser Passus der Thronrede müssen in diestr Beziehung recht bedenklich stimmen. Ter Schluß der Thronrede bringt gnte Wünsche für die Reichsfinanzreform, deren sie zweifellos sehr bedarf. Tenn ernster als je ist gegenwärtig die Situa tion im Reiche und deshalb begrüßen wir es mit Genugtuung, daß wenigstens in Sachsen die wesentlichsten Schwierigkeiten gehoben sind. Ueber die Einzelheiten des Landtagsschlusses geht uns folgender Bericht zu: Dresden, 26. Januar. Ter zweite Termin für den Schluß des Landtages hat unter An spannung aller Kräfte glücklich eingehalten werden können. Am Montag haben noch Gewaltsitzungen in beiden Kammern stattgefunden, und heute früh versammelten sich die Mitglieder beider Kammern und die Minister um 10 Uhr zum Gottesdienst in der evangelischen Hofkirche und lauschten andachtsvoll den Worten, die eines ihrer eigenen Mitglieder, Oberhof prediger v. Ackermann, von der Kanzel verkündete. Zur eigentlichen Schlußseier im Königlichen Residenzschlosse versammelten sich um ^1 Uhr im Stucksaale der zweiten Etage die Minister, die Herren vom königlichen großen Dienst und die nicht im Dienste hefindlichen Kammcrherrcn, um den König in feierlichem Zuge in den Thronsaal zu geleiten. Die Mitglieder der beiden Kammern des Landtags versammelten sich zur selben Zeit im großen Ballsaale. Im Vestibül des Treppenhauses erwies eine Abteilung Infanterie und im Vorzimmer zur Französischen Galerie eine Ehrenwache des Gardereitcr- reaiments den ankommenden Herren die militärischen Ehren. Durch den Ooerzeremonienmeister wurden die Kammermitglieder, das diplomatische Korps und die fremden, am Hose vorgcstellten Herren in den Thron- saal eingeführt und nahmen dort Aufstellung, die Herren der Ersten Kammer rechts, die Herren der Zweiten Kammer links vom Throne, die Herren der 3. bis 5. Klasse der Hofrangordnung neben und hinter den beiden Kammern auf einer Estrade. Tas diplomatische Korps und die fremden Herren stellten sich links vom Throne auf. Im Turmzimmer erwies eine zweite Ehrenwache der Gardereiter den Kammermitgliederu und den Herren vom diplomatischen Korps beim Durchschreiten nochmals die militärischen Ehren. In feierlichem Zuge, dem die Königlichen Leibpagen voranschrittcu, begab sich um 1 Uhr der König mit dem Prinzen Johann Georg vom Stucksaale aus unter Geleit der König!. Kammerherren und der Herren vom Großen Dienst nach dem Thronsaale, wobei er im Turmzimmer von dem dort ausgestellten Trompeterkorps der Gardc- reiter mit dem Parademarsch begrüßt wurde. Leim Eintritt in den Thronsaal brachte der Präsident der Ersten Kammer, Graf Vitzthum von Eckstädt, ein dreifaches Hoch auf den König aus, in das die Versammlung laut einstimmte. Ter König, der Große Generalsuniform und das Band des Ordens der Rautcnkrone trug, bestieg den Thron, während Prinz Johann Georg rechts davon Aufstellung nahm und die Minister, sowie die Herren vom Großen Dienst rechts und links sich aus- stellten. Der König, der die Versammlung durch Verneigen begrüßt batte, setzte den Helm auf, ließ sich auf dem Thron nieder und nahm aus den Händen des Vorsitzenden Ministers Dr. v. Rüger die Thronrede entgegen, die er darauf verlas. Sie lautet: Meine Herren Stände! Nach langwierigen Verhandlungen stehen wir heute am Schlüsse einer Tagung von außerordentlicher Dauer. Eine Fülle von Aufgaben ist nach Ueberwindung zahlreicher Hindernisse ihrer Lösung entgegengeführt worden. Ganz besonders hat es meinem Herzen wohlgetan, daß auf Grund der von Ihnen selbst ausgegangenen Anregung, welche Sie am Beisetzungslage meiner in Gott ruhenden unvergeßlicher Tante, der Königin Carola Majestät, von echter Liebe und Verehrung getragen, beschlossen hatten, der Fortbestand der von der gütigen Königin gegründeten christlichen Liebeswcrke durch die Errichtung der Königin-Carola-Gedächtnis st iftung gesichert worden ist. Möge dieses schöne Denkmal, das Sie damit der hohen Verblichenen errichtet haben, nicht nur dauernd die Liebe und Dank barkeit für die selbstlose Samariterin in meinem Volke wacherhaltcn, sondern auch ein Mittelpunkt werden, von dem aus noch zahlreiche andere Werke christlicher Nächstenliebe zum Segen meines Landes Schöpfung und Förderung erfahren können. Für die Vertretung des Volkes die rechten Wege zu finden, ist eine überaus schwierige Aufgabe gewesen, und wenn der Verlauf der Verhandlungen mich zeitweise von der Sorge erfüllt werden ließ, daß diese wichtige und daS Land tief bewegende Vorlage in der zu Ende gehenden Session unerledigt bleiben werke, io hoffe ich nun nachdem allseitige Nebercinstimmung erzielt worden ist, um lo zuversichtlicher, daß meine bei der Eröffnung des Landtages ausgesprochenen Absichten durch Ihre Beschlüsse sich verwirklichen und in meinem Volke volles Verständnis und Per- trauen finden werden. Den schweren sozialen Schäden welche Versäumnisse an der E r - ziehung der Jugend zur Folge bähen müssen, durch eine ernste und rechtzeitige Fürsorgeerziehung entgegenzutreten, haben Lie meine Regierung durch die Annahme des daraus bezüglichen Gc setzes in den Stand gesetzt. Eine streng«, aber wohlmeinende Für lorgc wird, wie ich hoffe, die ge'ährdcren Teile der Jugend auf den rechten Weg zu leiten wissen und damit zum Besten meines Volkes wirken, denn aus der Zukunft unlerer Jugend beruht auch die bleibende Größe und Wohlfahrt unsere«. Vaterlandes. Tie neuen Vorschriften über Forst- und Feld st ras recht werden die Mängel, die dem geltenden Rechte anhaften, beseitigen und eine Regelung schaffen, welche sich den allgemeinen strafrechtlichen
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