Dresdner neueste Nachrichten : 30.03.1934
- Erscheinungsdatum
- 1934-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- OAI-Identifier
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1934
- Monat1934-03
- Tag1934-03-30
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- Dresdner neueste Nachrichten : 30.03.1934
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Dresdner Neneste Nachrichten EdkßElAtNprtlst: Gnmbprett für di» » w» drelte wm-Itss, im Anzeigenteil 14 R.-Ps.« dl« r» ou, H««* «W-Ielle «m r«,tt«II lost« 1,10 R.-M. - vr, Briefgebühk für lldMahenanzelgen bestägt R^pf. ausschl. Porto. - zarEinschallungaa -MumienTagen m>d Plätzen kann «in« Gewähr nlchi übemommen »«den. mit Handels« und Industrie «Leitung ?.!.7L L'7.s- o«« M, 7 " postbr,ug für den Mona« r.o0A-M einschließlich Postgebühren lohn« Zustellunglgebühr). Nreuibandsenoungen: Zür bi« Doch« 1H0 R.-M. Echrtstlettung. Verlag und SauptgestbäMelle: VreSden-A^ Zerdlnaadstraße 4 Einzelnummer io aus-rhaib «r°ß.v^d.n» 15 R.-Ps. pdßadnsie: Dre-öea-V.1. Postfach - Zernruf: onsvettehr Sammelnummer 21601. Zernvettehr 14194.20024.27981-27083. Teie-r.: Neueste Dresden * Verllner Schrlstlelwng: Mortastr.i»; sterumf: stursürstSZSi-SZSS p«ststh«ck: Dresden 2040 - Richtverlangt» Einsendungen ohne Rückporto werden web« zurückgesanbi noch aufbewahrt. - Zm Falle höher« Gewalt ober Betriebsstörung haben unsre Bezieher keinen Anspruch auf Nachlieferung ob« Erstattung des entsprechenden Entgelts M rs 42 Iavrganu Freitag, 30 März 1^34 Sie mm Role Englands an Frankreich Oer Stahlhelm umgegrün-ei - Ausruf des Reichsstatthalters - Roosevelt auch im Senat überstimmt Doch noch englische Saranlien? Was Frankreich fordert — VaS Genfer AbrüstungSbüro einberufen Mahnung zum Karfreitag Eine Kundgebung des Reichsbischofs VXV. Bern«, 29. Mär» Der Reichsbtschof hat, wie der Evangelische Pressedienst erfährt, zum Karfreitag eine Kund gebung an die Pfarrer erlassen, die angesichts der kirchlichen Zersplitterung zur Prüfung und Selbst. Besinnung aufruft und neue Maßnahmen zur Be> frtedung des kirchlichen Lebens ankiindet. I» dieser Kundgebung heißt es nach einem Hinweis auf den Karfreitag, au dem sich die schonungslose Sachlich, kelt unsres Gottes offenbart habe, u. a. wie folgt: Ich wende mich als erstes an die, die aufs schärfste gegen die bisherige Führung der deutschen evangelischen Kirche im Widerspruch stehen, bis hin zu denen, die gesagt haben, daß es Gehorsam gegen Gott sei, dem Reichsbischos ungehorsam zu sein. Ich bitte die AmtSbrttder nicht um meinet», sondern um ihretwillen vor dem Aügesicht des Gekreuzigten, sich Noch einmal zu fragen, ob er ihnen wirklich solche Aeußerungen gestattet. Ich meinerseits möchte mich der Vergebung getrösten und Vergebung übe». Pder »«f «Ufre Person koyrmt es nicht a«, so«, »er« tttkeö aus bte Mache, und da müsse« mir «nr «i« VerstLudnsS »Sr Goch lag« utst«i«a«drr tluge«. D«r ReichSVischof geht bann aus den Krieg und auf doS Jahr 1SS8 ein. Da sei allen deutlich geworden, was wirklich Peschichte sei. „Wir sollten bei dem leidenschaftlich elementaren Willen zur Einheit »wischen Nationalsozialismus und Kirche mit tiefer Beschämung nur der Tatsache inö Auge schauen, baß unsre evangeltsche Kirche sich dem ungeheuren An- sturm der nationalen Bewegung nicht gewachsen ge zeigt hat. Ein männlicher Psarrerstand sucht A,- nächst das Unrecht bei sich und sucht hinter dem Unrecht -er andern, ob da nicht vielleicht etwas Rechtes steckt. ES ist gewiß verständlich, wenn der TotalttätSansprnch des Staates für viele etwas ganz Neues und Fremdes war und insonderheit dem -um Individualismus neigendest, mm Innerlichkeit ringende«« evangelischen Psarrerstand schwere Anstöße gab, weil man Mut und Kraft nicht ausbrachte, um den entsprechenden Totalttätsanspruch der Kirche volksverbunden zu bewahren. Das gibt kein Recht, vom Martyrium zu reden, wenn solcher Totalitäts- qnspruch aus pastorale Zaghaftigkeit, Bedenklichkeit, Unsicherheit, schwankende Haltung oder gar versteckte Anklagen stößt, zumal wenn sich derartiges hinter „Wortverkündung" versteckt. So ist es zu einem kirch lichen Kampf gekommen, den die groß« Masse des Volkes mit Erstaunen, je länger je mehr mit Verachtung und Erbitterung gegenüber- steht, denn unsre Volksgenossen können es nicht Verstehe»», wenn Pfarrer sich streiten. Können wir wirklich vor dem Gekreuzigten die verwirr««- der Gemeinde« verantworten? Da« neu« Geistliche Ministerium ist bei seiner Berufung bestürmt worden, als erstes eine „Amnestie",»« erlassen. Die Frage ist von uns auf das ernsteste erwogen. Wir würden selbstver ständlich nichts lieber tun als eine Amnestie er- lassen, wenn wir auch nur die geringste Garantie dafür hätten, baß damit wirklich Friede einkehren würbe. Wir müssen im Gegenteil auf Grund der bisherigen Kampsmethoden der Kreise, die die Kirchenführung bekämpfen, befürchten, daß sie eine Sache des Bekenntnisses daraus machen würde», sofort den Karüps mit allen Mitteln wetterzuführen. Dadurch macht man eS unmöglich, eine Amnestie zu erlassen. ES geht ja nicht um den Kampf zweier Richtung««, sostdern um die Aufrechterhal. jung der kirchlichen Ordnung." Der ReichSVischof fordert dann alle .AmtSbrüder aus, «i«e« ««««« A«sa«g zu machen, da» achte Gebot zu halten. „Sie, AmtSbriider, 'denen zur Zeit in der Führung der Kirche alles .verkehrt erscheint, ist eS Ihnen wirklich nicht mög. jich, eine Zeitlang nm der Kirche, um des Volkes willen den Blick stur auf die Gemeinde zu richten, auf die Ausgabe», die Ihnen da vor den Füßen liegen? Kirchenpolttischen Slerger heilt nichts so sehr ald ein Krankenbesuch. Fangen Sie einmal gp,. um hje entfremdet« Männerwelt zu werben, vpi gll« die, die sich von ^er deutschen GlaubenS- »tweguug gngezogen fühle«, soweit Ne«» nicht schon getan havzy, suchen und sammeln Sie di« Laien- .kr-fje. Ich habe, die Mitglieder des Geistlichen Mi«>fteriu«S angewiesen, möglichst bald mit de» Herren LgnbeMschösen ünd Bischöfen Verbindung ststsdustehmen und 1« verätimgen einzutrete«, Telegramm unsres London, SS. März Die englisch-französischen Abrüstungsbesprechun gen scheinen jetzt nicht mehr von einem Stillstand be droht zu sein. Rach einer Rentermeldung hat die sranzösische Regierung gestern di« bereits angekün digte Note der englischen Negierung er halten, die nähere Erläuterungen z« der jüngsten sran- zösischen Antwortnote wünscht. Es bars als sicher gellen, daß die in den letzten Tagen zwischen Sir John Simon und dem sranzösische» Botschastcr in London, Corbin, geführten Verhandlungen jetzt durch Verhandlungen zwischen dem englischen Botschafter in Paris, Lord Tyrell, und der sranzösischen Regie rung fortgesetzt werden. Es handelt sich dabei vor allem um Frankreichs Garautiewiinsche. Wie der Pariser „Ttmes"-Korrespondent erklärt, sei Frankreich der Ansicht, daß «ine ernste Verletzung der Adrüstungsvereinbarung durch «ine gemeinsam« Akita« dar Unterzgichnermächte beant wortet werde« müsse. Dtefe Aktion würde in folgen der Reihenfolge durchgeführt werden: zunächst würde« diplomatisch« Vorstellungen erhoben wer den. Wenn diese ohne Ersolg bliebe», müßten finanzielle und wirtschaftliche Sank tionen platzgretfen. Wenn auch Has nicht zum ge« wünschten Ersolg führe, Han« bleibe nichts andres übrig als Krieg. Wahrscheinlich «m diesen Plan schrittweiser Sanktionen und besonders die letzte Mög lichkeit eines Krieges der Ocssentlichkeit schmackhast zu machen, sügt der Pariser „Times"-Korrespondent Hinz«, daß allein die Kenntnis dieser Sanktionen, die die unvermeidliche Folge eines Konventionsbrnches feie«, jede Verletzung der Abrltstungsverlrtzung aus schließen würde. Welche Beschlüsse in der gestrigen Londoner K a b I n e t t S s t tz u n g in der Abrüstungsfrage ge faßt worden sind, ist bisher noch unbekannt. Bezeich nenderweise fehlen auch alle Mutmaßungen der politischen Mitarbeiter der großen Blätter. Es ist nur bekannt geworden, daß Str John Simon und Eben eine längere Besprechung mit dem Präsiden ten der Abrüstungskonsercnz Henderson hatten. Henderson hat es dabei abgelehnt, einer wetteren Vertagung des Büros der Abrüstungskonferenz zuzu stimmen. Henderson hat noch gestern abend nach Gens telephoniert und veranlaßt, daß an die Mächte, bi« im Büro der Genfer Kon ferenz sind, Einladungen z« der Sitzung am 10. April ergehen. Es scheint, daß Henderson bet den gestrigen Be sprechungen sich aus einen sehr formalen Standpunkt gestellt hat. Er hat darauf Hingewielen, daß er allein für die Vertagung nicht zuständig sei und die Sitzung am 10. April ausdrücklich von dem Kleinen Büro der Abrüstungskonferenz auf seiner Tagung in London im vergangenen Monat festgesetzt worden sei. Wie formal und losgelöst von der Wirklichkeit die Genfer Abrüstungskonferenz trotz allem immer noch ist, zeigt ob und wie «eit di« »uS dem Dienst ««tlassenen aufbauwilltgen Kräfte wieder irgendwie in de« Dienst gestellt «erde« können. Um der Ordnung der Kirche willen müssen wir for- dern, daß die Betresfenben sich bereit erklären, ihre ganze Kraft ynd Aufbauarbeit in der Gemeinde aus Verkündigung zu konzentriere» und. sich der Kirchenpoli.tik zu enthalten. Die Fälle, in denen nicht kirchenpolitische, sondern staatspolitische Gründe maßgebend waren, müssen selbstverständlich geson dert behandelt werden." Der Reichsbischos schließt mit dem Hinweis ans 1. Korinther, Kap. 1, 17: „... baß nicht das Kreuz Christi zunichte werde!" Rußland und die Battenländer Sonderbtenstber Dresdner Neuesten Nachrichten Moskau, 29. März. (Durch United Preß) Da» russisch« Außenkommissariat hat den baltischen Staaten «ine zehnjährige Verlängerung der jetzigen Nichtangriffspakte angcboten. Die drei baltischen Staaten, Estland, Lettland und Lit a« e n, sollen bereits in zustimmendem Sinn« geantwortet haben. Bisher besteht der Nichtangriffspakt Korrespondenten auch eine Erklärung des „Daily Herald", In der es heißt, daß auf der kommenden Abrüstungskonferenz noch der alte britische Plan vom Herbst vergangenen Jahres zur Debatte stehe und man überlegen müsse, wie er aus Grund der inzwischen etngetretenen Er- etgnlsse so umgeändert werden könne, daß mit einer allgemeinen Annahme gerechnet werden dürfe, damit dann wieder der Hauptauöschuß der Konferenz zu sammentreten könnte. * Ob die englische Regierung wirklich bereit ist, die weitgehenden französischen Garantiewünsche zu er füllen, steht noch dahin. Sicher ist eS aber, daß sie ihren ursprünglichen Standpunkt, überhaupt keine neuen Garantien zu übernehmen, nicht mehr voll ausrcchterhält, da ihr ungchener viel daran liegt, überhaupt ein Abrüstungöabkvmmen zu erreichen. Man wird sich dabei an S i r I o h n S i m o n s Wort erinnern: „Besser ein schlechtes Abkommen als gar keinSI" Aber man wird doch bezweifeln müssen, daß England gewillt ist, sich sogar zum Kriege zu verpflichten, wenn auch Frankreich sich damit „be gnügen" will, diese Verpflichtung „nur" für Europa sallerdlngS mit Einschluß Rußlands) gelten zu lassen. Jedenfalls besteht die Tatsache, daß England und Frankreich über Garantien verhandeln.» Kämen sie zu einer Verständigung, dann wäre es besonders inter essant, ob Frankreich wenigstens im übrigen den Vorschlägen des englischen Abrüstungsmemorandnms zustimmtc, d. h. ob cs an die eigene Abrüstung heran ginge und ob eS vor allem der deutschen Gleich- bercchtigungssorderung praktisch Rech nung trüge. Denn dieser Punkt ist immer noch allein entscheidend. Wird hier keine Verständigung erzielt, und zwar nicht nur zwischen England und Frankreich, sondern auch mit Italien, vor allem aber mit Deutschland, bann bleiben alle andern Ab- machungeu wertlos. Empfänge bet Barthou Telegramm unsres Korrespondenten H. Paris, 29. Mär- Gleich nach seiner Brüsseler Reise hat der Außen minister Bart Hou eine Reihe neuer diplomatischer Verhandlungen in Paris geführt. Zunächst empfing er den englischen Botschafter, der ihm die englische Note mit den Anfragen über die genaueren fran zösischen Sicherheltssorderungen überbrachte. Dann empfing er den russischen Geschäftsträger Rosenberg, mit dem er über das gleiche Thema verhandelte, sowie über die „Definition des An- greisers" überhaupt nnd über den Eintritt Rußlands tn den Völkerbund. Heute wird Barthou im Ministerrat ausführlich Bericht er statten und wahrscheinlich auch schon neue Einzelheiten darüber bekannt geben, wie Frankreich nnd Bel- gien sich die „bessere, schnellere und wirksamere De. slnttlon" der im Locarnopakt enthaltenen Sicherheits garantien vorstellen. Die Staatsretse Barthou nach Warschau ist aus den 22. April festgesetzt worden. zwischen den baltischen Ländern und Rußland in einer mündlichen Abrede. Es ist geplant, einen formellen Vertrag daraus zu machen, der den territorialen Besitz der Vertragspartner garantieren und die Schlichtung von etwa auftretenden Streitigkeiten durch friedliche Mittel vorsehen soll. Neue Verhaftungen im Memelgediet vxo. Königsberg, rs. März Di« litauische StaatSficherheitspolizri hat im Memelgediet wieder «ine Reihe Haussuchungen vorge nommen. Der Rechtsanwalt vorchert, ter Direktor ter Lantschaststank Bert «leit, ter GntSbesttzer Lorenz, ter Lehrer K « a «ka, Rechtsanwalt vr. vvttch « r, ter Retakteur ter „Memeler Rundschau" Martin Pretkscha» «nd ei« «ewisser Metzler wurde« verhastet ««t nach vajohren gebracht. Sollte sich tiefe Nachricht bestätigen, so wärt« tief« Maßnahme ein« neu« schwer« Drangsalierung der memelländischen Bevölkerung darftellen. Es handelt sich durchweg um «ubescholten« Persönlichkeiten, der«» Loyalität auch der litauischen Regier««« gegensiber außer Frag« steht. Deutsches Vrauchtum Ein Sang durch die Sprachinseln Sudeten- Deutschlands Von Karl Hans Sirodl Ich weiß nicht, wer den Ausdruck „Sprachinsel" erfunden hat. Wer es aber auch gewesen sei» mag: das Wort ist lebendigem Sprachgefühl entsprungen, bildhaft, einprägsam — es „sitzt". Dem großen Wörterbuch von Heyne (1895) noch unbekannt, hat «S sich seither eingebürgert, hat sich, angeretchert mit einer Fülle von Gefühlswerten, erweitert durch Neben- begriffe sSprachinseldeutscher,Sprachinseldichtungusw.) im Sprachschatz verankert. ES ist die starke Bildkraft des Wortes, die vor allem ins Auge springt. Wie Inseln im weiten Meer, so ragen kleinere und größere Lebensgemein schaften deutschen Wesens aus fremdem Volkstum heraus. Abgetrennt vom geschlossenen Sprachgebiet, von dem -aS innere Böhmen nnd Mähren um- randet ist, haben sie einen harten Kamps umS Dasein zu bestehen. Ein Blick aus die Sprachenkarte gibt uns die Geschichte dieses Kampfes. ES ist die Geschichte einer Verdrängung. Wie ein Keil schieben sich die ei «wandernden Slawen ins Land und stoßen Sie Reste der germanischg« Stämme vor sich her bis an die Grenzgebirge. Nur wenige Striche im Innern des Landes erwehren sich der Flut und retten ihr Volkstum in die Zukunft. Deutsche Rückwanderung, durch kluge Herrscher veranlaßt und gefördert, stärkt diese Randgebiete und Inseln und erhält ihr nationa- les Leben. Es ist die Zeit der Stäbtegrünbungen in Böhmen und Mähren, die fast alle durch Deutsche er- folgen. So werden auch Städte der Kern der deutschen Sprachinsel» von BudweiS, von Jglau, von Brünn, von Olmüh, der Schönhengstgau hat deren sogar zwei: Zwittau und Trttbau. Nur die Sprachinseln von Wisch au und Deutsch- brodek sind durchaus dörflichen Charakters. In der nationalen Abgeschlossenheit fällt die Führung an die Stadt, sie wird der natürliche Sammelpunkt aller geistigen und wirtschaftlichen Kräfte, sie strahlt diese tim Zeitalter des Verkehrs in immer höherem Maße) auch in die Ferne aus, gibt sie an die große deutsche Volksgemeinschaft ab, und sie erneuert sie immer wieder aus dem Sammelbecken gesunden, frischen Bauerntums -er Umgebung. Enger und lebendiger als anderswo sind in den Sprachinseln die Beziehungen zwischen Stadt und Land. Anderswo mag ein gewisser Gegensatz unverkennbar sein, städtischer Hochmut sieht oft spöttisch auf die ungelenke Derbheit des Bauern herab. In den Sprachinseln weiß man, zumal seit -em Aufflammen des nationalen Gedankens und der Er kenntnis -er drohenden Gefahr, um dieSchicksals - gemein schäft zwischen Städtern und Bauern. Nicht wenige Führer des Subetendeutschtums sind aus Sprachinseln hervorgegangen, weil Not und Abwehr dem werdenden Mann hie» von Kindesbeinen an vor Augen stand. * Besser als anderswo, mit Ausnahme der Alpen täler, erhält sich hier deutsches Brauchtum. Besonders jetzt, tn den Tagen vor und um Ostern, kau» man viel davon sehen. So ivird zu Ostern -er Judas vom Turm geworfen, eine Puppe, die jämmerlich zer droschen und in Stücke gerissen wird. Dieser Jubas, der eigentlich kein Judas ist, sondern -er Jötun, der Eisriese, der Winter, und -em man nun in Frühlings- zuversicht mit Halloh den Garaus macht. Und an den selben Jötun erinnern ivohl die „Judasseln", ein be sonderes Ostergebäck, das als Fr ü h l t n g S o p f e r mit Butter und Honig gegessen wirb. Am Ostermontag trachten die Burschen die Mädchen so zeitig als eS nur angcht und womöglich noch im Hemd zu überraschen, um sie mit bunt geschmückten, geflochtenen Ruten, Leu „Karbatschen" zu „schmeckostern". Die Ueberfallenrn beschenken oic Burschen mit gefärbten Eiern. Auf manchen stehen sogar Verse, etwa: „Lebe glücklich, lebe froh — wie die Maus im Haberstroh" oder noch schöner: „So viel Knospen «in Rosenstock — so viel Haare ein Ziegenbock — So viel Flöh' ein Pudelhund — so viel Jahre bleib gesund." Auf -em Dorf aber heulen die Dirnen, wenn sie ihr Bursch allzu zart behandelt hat. Die Liebe wird an den Hieben gemessen, und je ärger es beißt, desto inniger ist die Neigung. Dann kommt der Fronleichnam Stag, da rücken die Veteranen aus, die „weißen Mädchen" streuen Blumen, der „Umgang" bewegt sich durch die Stadt, und an den mit Kerzen und Blumen und Bildern geschmückten Altären hält der Herr Pfarrer eine Andacht, während die Ministrantenbuben die Wethrauchsässer schwingt«, daß er ganz In blauen
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