Suche löschen...
Dresdner Journal : 30.10.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187410303
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18741030
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18741030
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1874
- Monat1874-10
- Tag1874-10-30
- Monat1874-10
- Jahr1874
- Titel
- Dresdner Journal : 30.10.1874
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
!» U.i-L. - 6«attod«o ^rlioU- ... « rdlr Lv»od«* tritt ?o»t «°cl HMrlied: l Utlr. Ib dt«r 8tewp«I»u»<rtlI»« kiv»u. ^lllL«ios klrirllwsiii: 1 tt^r I»»»r»teopr»l»e: i^ür 6ov K»ruo «i»vr ^o^p^ltenev kstit»«I«: 4 ktssr Ont«r „kin^««»llät" äi« 2«ilv: b 8<sr. Lr«e>l<>inki> t T^Ued mit ^n»v»timv ger 8oao- «vä ?viert»x«, Mr clev kol8«v6«ll l'u^. Dres-im Journal. Verantwortlicher Redacteur: - Cominssißnsratb I. G. Hartmann in Dresden, j /<>. ^/r«n6«tetter, Oommii»iouLr 6s* OresUa« 1ouro»I»; ek-vll6L«: F'uAe« /k>r' u. K L«-ll». Vt«-L»tp,tx-L»,*I-0r«»I.u-rrm>ktürt» 6 t'c>A?rr, LerU» Vi«Q-S^Qdlu-^-rr»^-I.«ix,t^-?r»Lil. tari».». -ttiwed*»: N«6. >«r>!„ ^1 I»u: N.Äc/iiAt»'» 8lirs»U; vd«w»u»: ?>. r . rr*L>-- turt» tl.: /:? ^arysr'rskv u. ^.0 //«> > »<a»»«'sot>s önolib., />ui<Le<c O»., vorlit»: /»p-O„ Limvovsr: ü>?»>^krr, r»rt,: //aru«, /.a/itte, /iu//i,-r F t.'o., Stultz»rt: u tT-., ^'«66. cen -17 «rruu, Vt«a: .1/ O/>/>«/iz. Ul ruusjevdorr - Ilöni^I. Lxp«6ition 6«^ s>rs86nsr 0ourn»ls, Xnrm» . tiu>»ln>^n Xo. i. Nachdckcllungen auf da- „Dresdner Journal" für die Monate Novemdtr und Dtttmder werden angenommen für Dresden links der Elbe bei der unter- zeichneten Expedition. für Dresden rechts der El be in der Bach'- scheu 'Buchhandlung (Hauptstraße 22) und für auswärts bei den betreffenden Postanstalten. Der Preis für diese beiden Monate beträgt l Tblr. Inserate aller Art finden im „DreSdn. Journ." eine sehr geeignete Perbreitung Die In- sei tionSgebühren werden rm Inseratentheile mit 2 Ngr für die gespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Inserate unter der Rubnk „Einge- sandteS" sind die Insertionsgebühren auf 5 fltgr pro Zeile sestgestellt Li önigl. Expedition des Dresdner Journals. WMinüicher Thtl!. NebL r si ich t Telegraphische Nachrichten TageSgeschichtr. (Dresden. Berlin. Schleswig. Wien. Prag. Paris. Bayonne. Madrid. Bern. London. Konstantinopel.) Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichteu. (Leipzig. Wurzen. Zwickau. Kamenz.) Vermischtes. Statistik und VolkSwirthschaft. EingesandteS. Lotteriegewinnliste vom 28. October. Feuilleton. TageSkalender. Inserate. Beilage. Börsennachrichten. Telegraphische WitterungSberichte. Inserate. ssfkyr.iiMch? Nachrichten. Berlin, Donnerstag, 29. October, Nachmit tag. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Kaiser hat deute Mittag 1 Uhr im weißen Saale des k. Schlosses den deutschen Reichstag mit folgender Thronrede eröffnet: „Geehrte Herren! Zum zweiten Male in diesem Jahre nehme Ich Ihre Mitwirkung für die weitere Ent wickelung der Institutionen des Reichs in Anspruch. Die gesetzgeberischen Aufgaben, welche Ihrer harren, stehen an Wichtigkeit denen nicht nach, die in den frühem Ses sionen den Reichstag beschäftigt haben, und überragen dieselben an Umfang und vielleicht auch in der Schwie rigkeit der geschäftlichen Behandlung. Die von der Ver fassung dem Reiche überwiesene Gesetzgebung für das gerichtliche Verfahren, in der Beschränkung auf das Verfahren in Civilsachcn schon von dem Norddeutschen Bunde in Angriff genommen, ist seit Begründung des Reichs in ihrem vollen Umfange vorbereitet worden. Vier Gesetzentwürfe: über die Verfassung der Gerichte, über das Civilverfahrcn, über das Strafverfahren und über das Concursverfahren, von welchen die drei ersten bereits von dem Bundrsrathe berathen sind, sollen die seit Jahrzehnden von dem Rechtsuchenden als Bedürfnis erkannte und von den Rechtskundigen erstrebte Einheit des Gerichtsverfahrens verwirklichen und durch diese Einheit unserm Vaterlande ein Gut gewähren, welches andere Länder längst besitzen und welches wir richt länger entbehren können. Die Entwürfe, welche Jlnen zugehen, sind die Frucht mühsamer Vorarbeiten, an vel- chen die Rechtswissenschaft, der Richtersland, die Anwalt schaft und der Handelsstand aus allen Theilen Deutsch lands mitgewirkt haben; sie wollen, an bewährte Ein richtungen anschließend, den Forderungen des Lebens, wie solche die Entwickelung des Verkehrs zum Austruck gebracht hat, und den durch Erfahrung gereiften For derungen der Wissenschaft gerecht werden. Zu derselben Zeit, in welcher Sic aufgefordert wer den, die Einheit der Gerichtsverfassung und des Ver fahrens zum Abschluß zu bringen, sind die ersten Scheitle geschehen, nm die Einheit des bürgerlichen Rechts hcr- bcizuführcn. Freilich werden Jahre vergehen, bis der letzte Schritt zur Herstellung dieser Einheit gethan wer den kann, aber Ich freue Mich, gestützt auf die gewach ten Erfahrungen, schon heute die Uebcrzeugung rus- sprcchen zu dürfen, daß cs uns beschicdcu sein vird, diesen letzten Schritt in nicht allzufcruer Zukunft thun zu können. Die gemeinsame Gesetzgebung über das Heerw:sen, welche durch das in Ihrer letzten Session beratene NeichSmllitärgesctz ihrem Abscblussc nahe gebracht ist, soll durch drei Ihnen zugehende Gesetzentwürfe weiter vervollständigt werde». Zwei dieser Entwürfe, nämlich eines Gesetzes über den Landsturm und eines Gc'etzes über die militärische Controle der Beurlaubten, sind bereits in dem Rcichsmilitärgesetz verheißen; der dritte soll die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden gleichmäßig und in einer den veränderten Ver hältnissen entsprechenden Weise regeln. Die Steigerung der Lcbensmittelpreise stellt in Be ziehung auf die Verpflegung des Heeres, und die Fort schritte der militärischen Technik stellen in Beziehung auf die Ausrüstung und die Uebung des Heeres An forderungen an die Militärverwaltungen, welchen mit den bisher für die Armee bewilligten Mitteln nicht ent sprochen werden kann. Ueber die Höhe des hierdurch be gründeten Mehrbedarfs und der zur Befriedigung des selben erforderlichen Steigerung der Matricularbeiträge sind Ihnen bereits in Ihrer letzten Session vorläufige Mittheilungen gemacht worden. Sie werden aus dem Ihnen vorzulegcnden Reichs- haushaltsetat für 1875 ersehen, daß eine Steigerung der Matricularbeiträge, wie sie damals in Aussicht ge nommen war, genügen wird, um den Mehrbedarf für das Heer, sowie die bei anderen Verwaltungszweigcn nothwendig gewordenen Ausgabevermehrungen zu be streiten. Nachdem der Umlauf des Papiergeldes durch ein in Ihrer letzten Session zu Stande gekommenes Gesetz geregelt ist, bedarf es zum Abschluß der Gesetzgebung über den Geldumlauf in Deutschland noch der gesetz lichen Regelung des Umlaufs von Banknoten. Die verbündeten Regierungen sind bei dem Ihnen vorzu legenden Gesetzentwürfe über diese wichtige Frage von dem Gesichtspunkte ausgegangen, daß bestehende Rechte nur soweit zu beschränken seien, als es das, mit der Aufrechterhaltung derMetallcirculation verbundene öffent liche Interesse erheischt, und daß gleichzeitig Vorsorge zu treffen sei, um einer späteren, auf den Erfahrungen über die Gestaltung des Goldumlaufs fußenden, Gesetzgebung den Weg anzubahnen. Die zur endgiltigen Regelung der verfassungsmäßigen Rechnungslegung über die Einnahmen des Reichs er forderlichen Gesetzentwürfe, über dic Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Reichs und über die Einrichtung und die Befugnisse des Rechnungshofes, welche in Ihrer letzten Session nicht erledigt werden konnten, werden Ihnen wiederum vorgelegt werden. Die Rechnungen über den Haushalt der Jahre 1867 bis l 871 werden Ihnen zur Entlastung und die Ueber- sicht der Einnahmen und Ausgaben des Reichs im Jahre 1876 wird Ihnen zur Beschlußfassung zugehen. Zum ersten Male wird Ihre Mitwcrkung für die Fest stellung des Haushaltsctats von Elsaß-Lothringen in An* spruch genommen werden. Die Prüfung desselben wird Ihnen Veranlassung geben, von den Hilfsquellen, den Be dürfnissen und den Änrichtungen des Reichslandes tin- gehender Kenntniß zu nehmen, als es bisher, an der Hand der jährlichen Verwaltungsberichte, möglich war. Sie werden unsern oberrheinischen Landsleuten das Interesse bekunden, welches die gesammte 'Nation den Verhält nissen dieser uralten deutschen Gebiete widmet. Der von Ihnen in Ihrer letzten Session gefaßte Be schluß über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließuna, hat dem Bundrsrathe Veranlassung ge geben, die Aufstellung eines Gesetzentwurfs über die Einführung lur obligatorischen Civilehe und dic Be urkundung des Personenstandes anzuordnen. Die Rcichspostverwaltung ist von Mir ermächtigt worden, eine 'Neugestaltung des internationalen Post- verkehrs durch Verhandlungen mit allen auswärtigen Mächten anzustrebcn, und, dank dem Entgegenkommen aller bctheiligtcn Staaten, konnte nach kurzer Verhand lung in Bern ein Postvercinsvertrag unterzeichnet wer den, welcher dem geistigen und dem geschäftlichen Ver kehr der Völker nuter einander eine bisher ungckannte Leichtigkeit und Ausdehnung verspricht. Unsere Beziehungen zu allen fremden Regierungen sind friedlich und wohlwollend, und in der bewährten Freundschaft, welche Alich mit den Herrschern mächtiger Reiche verbindet, liegt eine Bürgschaft der Dauer des Friedens, für welche Ich Ihr volles Vertrauen in An spruch nehmen darf. Mir liegt jede Versuchung fern, die geeinte Macht des Reichs anders, als zu dessen Vertheidigung zu verwenden; vielmehr ist es gerade dieie Macht, welche Meine Regierung in den Stand setzt, ungerechten Verdächtigungen ihrer Politik gegenüber zu schweigen und gegen das Uebelwollen oder die Partei leidenschast, denen sie entspringen, erst dann Stellung zu nehmen, wenn dieselben zu Thateu übergehen sollten. Dann weiß Ich, daß für die Rechte und die Ehre des Reichs jederzeit die gesammte 'Nation und ihre Fürsten mit Mir einzutreten bereit sind." Berlin, Donnervtag, 29. October, Vormit tags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) DaS Obextribunal cassirte heute das unterinstanzliche Erkenntniß, welches die Freilassung des Bischofs Eberhard von Trier anordnetc, und wicS diese Angelegenheit zu anderweitiger Entscheidung an die Unterinstanz zurück. Würzburg, Donnerstag, 29. October, Mit tags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Proceß Kullmann wurde heute Vormittag 9 Uhr eröffnet. Der sehr kleine Sitzungssaal, etwa 200 Personen fasseno, ist dicht gedrängt besetzt, der Zuschaucrraum überfüllt. Außerdem sind noch etwa 80 Personen gegen Specialkarten placirt. Die Presse des Inlandes und des Auslandes ist durch 40 Eorrespondenten vertreten. Der Gerichtshof besteht aus den» Präsidenten Appellrath Haus und den Beisitzern Bezirksräthen Müller und Läuser, sowie Assessoren Kirchgäßner und Krämer. Kull mann wurde durch 4 Gendarmen hereingcführt und er klärte, er wolle keine Geschworenen ablchnen lassen. Hierauf erfolgte die Bildung des GcschworenencoUcgiums. Kullmann beantwortet die bekannten Personalfragen, und hierauf erfolgte die Verlesung des Ueberweisungs- beschlusfes und der Anklageschrift. Bei seiner Ver nehmung gesteht Kullmann die Anklage in allen wesent lichen Punkten fast ausnahmslos zu und antwortet ruhig und bestimmt. Bis jetzt (Mittags) waren 6 Zeugen vernommen. Im Zuhörerraum ist der Regie rungspräsident Graf Luxburg anwesend. Buda-Pest, Mittwoch, 28. October, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der heutigen Sitzung deö Unterhauses entwickelte der Ministerpräsident Bittu dav Programm der Session. Bitto erklärte, cs erscheine vor allen Dingen noth wendig, die Finanzen zu regeln, und deshalb die vor läufige Vertagung der sonstigen Vorlagen geboten. Außer den rein finanziellen Gesetzentwürfen würden demnächst mehrere auf die Organisation der Verwaltung und der Justiz abzielende Vorlagen eingebracht werden. Der Minister hob darauf besonders hervor, durch die letzte Anleihe sei die nothwendige Zeit zur Reform der Finanzen gewonnen und werde das Gleichgewicht im Budget ohne Gefährdung der wirthschastlichen Interessen in zwei Jabrrn hergestellt werden können. Der Kinanzminister Ghyczy gab sodann in avderthalbstündlger Rede ein Expose über die Finanzlage Ungarns. Dav Gesammterforderniß pro 1875 beträgt 250,302,896 Kl. (gegen das Vor jahr um 2,054,331 Fl. weniger.) Die Einnahmen belaufen sich auf 222,816 918 Kl. (gegen das Vor jahr I,9io,ooo Fl. weniger), das Gesammtdrficit auf 27,290,940 Kl. (gegen das Vorjahr 5,893,34!» Fl. weniger). Außer den bekannten Stcuervorlagen legte der Kinanzminister noch Gesetzentwürfe vor über einen allgemeinen 5procentigcn Steuerzuschlag pro 1875, sowie über die Abänderung der Ge bühren- und Taxengrsetze und kündigte dic Ein bringung einer LuruSsteucr an. Die Steuerer- Höhungen dürften 12 Millionen Mehreinnahmen ergeben, sonach das unbedeckte Deficit 15 Millionen betragen, dic anderweitig gedeckt werden Die Vorlagen wurde» dem KinanzauSschuß zuge wiesen. Skutari, Mittwoch, 28. October. (W. T. B.) Die türkische Eommission zu Untersuchung der Vorfälle in Podgorizza hat daselbst mehrere Ver haftungen vornehmen lassen; die Pforte hat eine Verstärkung der Truppen behufs Aufrechterhaltung der Ruhe ungeordnet. (Vgl. die „Tagesgeschichte" unter Konstantinopel.) Tagesgeschichte. Dresden , 29. Octobcr. Heute vor einem Jahre er füllte die erschütternde Trauerkunde die Herzen aller Sachsen, daß Sc. Majestät der hochselige König Jo hann Morgens gegen 5 Uhr im königl. Schlosse zu Pillnitz sanft und ruhig verschieden sei, und heute, am ersten Jahrestage dieses Trauerfallcs, gedenkt sicherlich das ganze sächsische Volk in dankbarer Erinnerung und treuer Liebe des aUvrrehrten Heimgegangenen Königs. Hier in der Residenz fand heute Vormittag l l Uhr in der katholischen Hofkirche ein feierliches R e q u i e m statt, welches von Herrn Bischof Forwerk abgchaltcn wurde. Ihre Majestäten der König und dic Königin, Aller- höchstwelche Sich gestern Abend zu Ihrer Majestät der Königin Mutter nach Pillnitz begeben hatten und von dort heute Vormittag hierher zurückgckehrt waren, so wie Ihre Majcyät die Königin Marie und Ihre könig lichen Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Georg wohnten dieser Trauerfeier bei, an welcher außer dem auch dic am k. Hofe beglaubigten Herren Gesandten, die Herren Staatsminister und der Minister des könig lichen Hauses, die Oberhof- und Hofchargcn, die Generali tät und viele höhere Staatsbeamte Tbcil nahmen. Ein zahlreiches Publicum aller Stände füllte das Schiff der Kirche und die äußern Fenster zur Königsgruft hatten Liebe und Dankbarkeit reich mit Kränzen geschmückt. Zur Aufführung kam das Requiem von Eherubini. — 'Nach der kirchlichen Feier begaben Ihre Majestäten der König und dic Königin Sich zunächst wiederum zu Ihrer Majestät der Königin Mutter nach Pillnitz und werden Abends von dort nach der k. Villa in Strehlen zurückkehren. * Berlin, 28. October. Ihre Majestät dic Kaiserin ist heule Vormittag um 10 Uhr in Begleitung der Frau Großherzogin von Baden-Baden nach Karlsruhe abgereist und wird von dort heute 'Nachmittag um 3 Uhr ihre Reise nach Eoblen; mittelst Extrazugs fortsetzen. — Der „St.- Anz." meldet heute amtlich, daß Se. Durchlaucht der Feuilleton. Redigitt vou Otto Bauck. Hofthratcr. — Neustadt. — Am 28. October: „Antigone", Tragödie von Sophokles nach Donner's Uebersetznng. Musik von Mendelssohn-Bartholdy. Das uns in die antike Welt und in die innerste poetische Sphäre unserer großen Erblasser, der Griechen, zurückversetzende Werk ruft für Dresden noch eine so erhebende als wrhmüthige Erinnerung an jene schwung- velle Theaterepoche hervor, welche vom Geist neuer Regungen und Ideen in der Literatur und Kunst im- präguirt war und durch den Aufschwung glücklicher Kräfte auch auf der Bühne eine freudige Gestaltung gewann. Damals tauchten Anregungen nach allen Sei ten aus und auch das neu erwachte Interesse für die antike Poesie, gern ergriffen, ja weiter angeregt von der Kunstliebt Friedrich Wilhelm's IV., führte für das Theater und die Musik interessante Aufgaben herbei. Mendelssohn schuf seine wunderbaren Compositionen zu den Chören der „Antigone" und des „Oedipus in Ko lonos" und das gesammte gebildete Publicum Deutsch lands erwärmte sich für dieses neue, geistvolle Ringen nach dem Wiedergewinn kaum verständlicher Bühnrnschön- heiten, die meist nur dem Leser ihre seelische Pracht, ihre plastische Gewalt enthüllt hatten. Die Vermittelung, welche hier die Musik leistete, war eine ungeahnte, aber sie trat mit so überraschenden ungewohnten Wirkungen in die Erschcinungswelt, daß es sich um eine volle gedankliche Hingabe an den großen poetischen Gegenstand, um einen aufregenden «türm in den Anschauungen des modernen Kunstsinns handelte, das Dargebotene sich ganz zu eigen zu machen. Diese Behinderung durch Neuheit des Stoffes und seiner Art und Einkleidung wirkt noch heute, die Form der an tiken Tragödie hatte keine Veranlassung, sich bei uns dauernd einzuführen. Sticht aber zum zweiten Male arbeiten sich dic Zu schauer so innig in eine fremde Welt hinein, sie bleiben vor dem Tempel der Antigone und anderer Werke die ser Art großenthcils im Vorhofe der allgemeinen äuße ren Eindrücke stehen und betrachten das Austauchen sol cher Genüsse als einen eigenthümlichen Ausnahmefall. Tieferes und regeres Eindringen wurde auch bei den ehemaligen ersten Aufführungen dieser Tragödie durch die Darstellung der Titelrolle begünstigt, ja abgc- nöthigt. Die Vertreterin derselben, Frl. Bayer, ging in voller Jugendschöne und im wundersamen Glanze ihres Talentes gerade damals, ein leuchtendes Gestirn, an unserer Bühne auf, und gerade die Antigone gehörte zu den Gestalten, in denen sie ihre edle Kunstmission vcrrieth und unvergeßlich offenbarte. Einen so reinen Kunstgenuß habe ich seitdem auf dem deutschen Theater sich in dieser Rollcnsphäre nicht wiederholen sehen. Und dieser Mittelpunkt wurde auch von der Trefflichkeit an derer Rollenvertreter unterstützt. Unsere jetzige Aufführung ist ehrenwerth für Schau spieler und Regie, sic hat solide Momente, aber sie leidet an Schwunglosigkeit und vorwaltender Reflexion, welche zu ihrer Verstärkung zu sehr zu einem declama torischen Elemente greift. Das zeigt sich bei Frl. Ulrich in der Titelrolle,) eine Aufgabe, deren Lösung in den reifern Jahren einer Künstlerkraft sehr leicht den Eindruck des Gesuchten didactischer Betonungen zu machen scheint. Und doch fühlte man in jeder Scene, in allen Reden die treue, fleißige, ja für den Gegenstand begeisterte Hingabe jener ausgezeichneten Schauspielerin. .. > — 1 > ... Am natürlichsten und wahrsten durch Einfachheit im antiken Sinne wirkte der Hämon des Hrn. Dettmer. Im Kreon gelang Hrn. Porth der Moment der verzweifelten Sclbsterkenntniß besser, als der Trotz der Selbstliebe und des antiken Königsstolzcs, den Sophokles durch die höhere Macht der Menschheitsrechte und der eingebornen religiösen Ueberzeugungcn brechen will. Sehr sachgemäß und im Sinne der Dichtung sprachen Hr. Walther und Hr. Jasfd den Wächter und den Teiresias. Das Theater war zahlreich besucht. O. B. Rundschau über Theater und Musik. Aus Leipzig wird gemeldet, daß zwei hervor ragende Dresdner Künstler, Concertmeister I. Lauter bach und Kammervirtuos Friedrich G rützmacher, zu Ehrenmitgliedern des Universitätsgcsangvereins zu St. Pauli ernannt worden sind. — Das letzte Gewandhaus- concert enthielt in seinem Programm als Product der modernen „Jnstrumentationswuth"die sechs Impromptus, welche Robert Schumann als „Bilder aus Osten" für Pianoforte zu vier Händen im Jahre 1849 heraus gegeben und Karl Reinecke im Jahre 1874 nach träglich „für Orchester bearbeitet" hat, die nun in solcher Gestalt „zum ersten Male" vorgeführt wurden. 'Nach den uns vorliegenden Berichten scheinen die zarten, blühenden Gebilde Schumann's durchaus nicht zu ihrem Vortheile vermaterialisirt worden zu sein. — Das Con- cert der „Euterpe" am 20. d. fand zur Feier des 50jährigen Bestehens dieses Musikvereins statt und trug demgemäß einen besonders festlichen Charakter. Das Bewußtsein, inmitten so vieler musikalischer Bestrebungen, wie sie Leipzig aufzuwciscn hat, eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen, ist cs gewesen, welches die „Euterpe" alle ihrer Wirksamkeit sich entgegenstellenden, ja ihren Bestand bedrohenden Schwierigkeiten immer wieder sieg reich überwinden ließ. Zweierlei hat die „Euterpe" von jeher als ihr Ziel ins Auge gefaßt: nämlich einmal, einem größeren Kreise des Publicums die besten Werke der besten 'Meister, sodann die Eompositioncn 'Neuerer vvrzuführen. In beiden Beziehungen war sie bestimmt, eine Ergänzung zu dem in einer gewissen äußern und innern Abgeschlossenheit verharrenden Gewandhausinstitut zu bilden. Die Entstehung der „Euterpe" datirt vom Jahre I824, wo mehrere junge Leute, theils Musiker von Fach, theils Dilettanten, zusammentraten, um in den Winterabenden Hebungen im Orchesterzusammen spiel zu veranstalten. Erst im Herbst 1829 trat der Verein an die Oeffentlichkeit und erwählte sich einen speciellen Dirigenten in der Person des als Hoforganist zu Altenburg verstorbenen Karl August Reichardt, welcher diesen Posten bis zum Jahre 1831 inne hatte. Seine 'Nachfolger waren von >831—1838 Christian Gottlieb Müller, 1838 - 42 I. I. H. Verhulst, 1842 - 43 Schmiedtgen, 1843—44 G. v. Alvenslcben, 1844—45 I. 'Netzer, 1845 — 46 F. W. Meyer, 1846—47 I. CH. Lobe, 1848-49 I. Netzer, 1849 - 55 A. F. Riccius, 1855 — 59 Or. H. Langer, 1860 I. v. Bernuth, 1860 — 62 Hans v. Bronsart, 1862 — 64 A. Blaßmann, 1864 — 67 I. v. Bernuth, 1867 — 69 S. Jadassohn. Der gegenwärtige Kapellmeister Or. Alfred Volkland ist seit >869—70 der technische Leiter, wogegen die Garantie für das äußere Bestehen des Ver eins m rühmcnswerther Weise der Hofpianofvrtcfabrikant Commerzienrath I. Blüthner übernommen hat. — Wäh rend B. Ulman sich zu einer Conccrttour nach den Pro- vinzialhauptstädtrn Frankreichs auschickt, zu welcher von ihm ein völlig neues Künstlerpersonal (Marie Mari- mon, Diaz de Soria, Francis Plant«, Mard, Leonard,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite