12 I. Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, für die Wissenschaft und die praktische Verwertung ihrer Forschungen zu haben schienen. Tschirnhaus hatte aber in seinem Idealismus und seiner Be geisterung für die Wissenschaft nicht mit dem nüchternen, nationalen Sinne der französischen Gelehrten und Staatslenker gerechnet. Sie waren zwar bei seiner Ankunft in Paris im Frühling 1682 sehr begierig, seine Secreta zu erfahren, besonders hinter das Geheimnis der Herstellung seiner Brennspiegel zu kommen, von denen ihnen schon Huygens erzählt hatte. Sie liessen sich auch seine Mitteilungen darüber und die Auslieferung seiner mathe matischen Ausarbeitungen über die Brennlinien gern gefallen. Aber sie zögerten, ihn zu dem Ihrigen zu machen. Und schon ging Tschirnhaus Leibniz brieflich um Hilfe an, dessen Rezept über die Herstellung des Phosphors er sich zur Unterstützung erbat, als endlich am 22. Juli 1682 seine Ernennung zum Mit- gliede der Akademie erfolgte. Bezüglich der Pension, die er er strebte, erhielt er aber nur ganz unbestimmte Versprechungen, trotzdem er noch den Entwurf zu einem grösseren mathematisch- philosophischen Werke „Medicina mentis et corporis“ Ludwig XIV. gewidmet hatte. Der König könne die eine so gut wie die andere brauchen, bemerkte Christiaan Huygens boshaft in einem Briefe an seinen Bruder Constantyn, als er die Nachricht von dieser Dedikation erhielt 11 ). Um eine Ehre reicher und mit Versprechungen, aber mit leeren Taschen reiste Tschirnhaus im August 1682 von Paris ab, besuchte Huygens im Haag und seine alten Freunde in Leiden und Amsterdam und kehrte über Hannover, wo er mit Leibniz zusammentraf, Ende Oktober in die Heimat zurück. Seine Hochzeit wurde einige Tage darauf, am 16. November 1682, in Kieslings walde gefeiert. Er liess sich in dem benachbarten Neundorf (doch wohl Sohr-Neundorf, 6 Kilometer westnordwestlich von Kieslings walde), das er pachtete, nieder. Gleichzeitig lag ihm in Ge meinschaft mit seinem Bruder Albrecht wegen des hohen Alters des Vaters die Verwaltung der Familiengüter Kieslingswalde und Stolzenberg ob, über die er aber bald einen ihm völlig ergebenen Amtmann setzte. Tschirnhaus Gattin und der Gutsverwalter Neu mann nahmen alle wirtschaftlichen Pflichten und Sorgen auf sich, so dass er selbst ungestört seinen wissenschaftlichen Arbeiten sich hingeben konnte. Dies blieb audi so, als der Vater Christoph von