— 114 — graphischen Inhalts. Besonders häufig sind die Mitteilungen aus der Gelehrtengeschichte. Ilebrigens pflegten Melanchthons Freunde und Schüler Georg Maior, Veit Winsheim und andre dem Beispiel ihres Meisters zu folgen und ihren Vortrag im Kolleg ebenfalls mit eingestreuten Anekdoten zu würzen. In unsern Sammlungen stehen zwischen Melanchthons Anekdoten gar nicht selten ähnliche Erzählungen aus dem Munde seiner Kollegen. An dem Nachschreiben und Sammeln dieser Anekdoten sind wohl ziemlich viele Zuhörer Melanchthons beteiligt gewesen. Zwei Jahre nach seinem Tode, 1562, hat einer von ihnen, Iohannes Manlius, eine große Zahl solcher Nachschriften unter dem Titel: Oommnnium l^ooorum voUserEg, in 3 Bänden in Basel durch den Druck veröffentlicht. Eine Sammlung von 304 Nummern aus dem Jahre 1557, nachgeschrieben von dem Nürn berger Erich Vendenhaimer, ist im Oorpus Rtziormatoruin (20, 519 ff.) und eine kleinere Sammlung von 137 Nummern, meist aus dem Jahre 1553, bei Georg Loesche in seinen ^ualsetA st Nr. 163—299 abgedruckt. Andere Sammlungen sind uns handschriftlich erhalten. Eine solche handschriftliche sehr umfangreiche Sammlung von Anek doten Melanchthons liegt den folgenden Ausführungen zu Grunde. Die Kandschrift stammt aus Privatbesitz in Petersburg und ist aus dem An tiquariat von Bernhard Liebisch in die Leipziger Stadtbibliothek überge gangen. Der Sammler und Schreiber ist ein junger Lübecker, Johannes Rickemann oder Rechemann, immatrikuliert in Wittenberg am 6. Oktober 1553, gestorben als Pastor in Riga 1601 in einem Alter von 69 Jahren. Die meisten datierbaren Stücke feiner Sammlung fallen in die Jahre 1554 und 1555, also in eine Zeit, da er nicht mehr in den allerersten Semestern stand, sondern schon etwas reifer war. Heber das Jahr 1557 reicht kein Stück herab. Ursprünglich bestand die Handschrift aus einem einzigen sehr starken und unhandlichen Quartband; da der Einband aber stark be schädigt war, so ist sie, ihrem Inhalt entsprechend, in zwei Kalbbände zer legt worden. Der 1. Kalbband enthält eine größere Sammlung von Luthers Tischreden, der 2. Melanchthons Anekdoten, mehr als 1050 Nummern. Die Aufschrift dieses 2. Kalbbands lautet: Hibtoriae vollvotue ^VitteberZae ex leLtümibu^ O. ?i-L666ptori8 Lbilippi lVIolMtboniZ^). Ich zitiere die Kandschrift unter I-utK.-tVIvI. Schon äußerlich stehen hier Luthers Tischreden und Melanchthons Anekdoten in naher Beziehung zu einander. Diese Beziehungen reichen aber noch weiter. Aus drei Quellen sind Melanchthons Anekdoten ge flossen: Es sind erstens Lesefrüchte. Zweitens sind es Lebenserinnerungen, Berichte Melanchthons über das, was er erlebt und mit Fürsten, vor nehmen Kerren und Gelehrten seiner Zeit gesprochen und geschrieben und von ihnen gehört hat; und das sind wohl die häufigsten, jedenfalls die interessantesten Stücke. Drittens aber finden sich mitten zwischen diesen Anekdoten sehr ost Tischreden Luthers. So enthält die Anekdotensamm lung, die Vendenhaimer 1557 in Melanchthons Kolleg nachgeschrieben l) Korrigiert aus illelkMvtMonie.