164 Wilhelm Gerhards Teilnahme an den „tollen" Tagen Leipzigs im Juli 1807 und die anläßlich jener Tage erschienenen Spöttereien. Von Or. zur. M- W- Gerhard in Dresden. I. Von den „tollen" Tagen Leipzigs im Juli 1807, den Tagen, in denen nach dem Abschlusse des Tilsiter Friedens Rat und Bevölkerung der Stadt die Ankunft Napoleons erwarteten, haben nach Ablauf eines Jahrhunderts vr. Armin Lilles und Prof. Dr. Wustmanns, vor ihnen aber schon im Jahre 1896 als Erster vr. Ernst Krokers dem lebenden Geschlechte berichtet. Zu denen, die die „tollen" Tage in Leipzig mit erlebten, gehörte der Kaufmann Wilhelm Gerhard, der den älteren Leipzigern als Legationsrat Gerhard noch wohlbekannte nachmalige Besitzer des früher Reichenbach- schen Gartens 4). Wilhelm Christoph Leonhard Gerhard, geboren am 29. November 1780 zu Weimar, war Mitte Februar 1801 von Zittau, wo er die Kauf mannschaft erlernt hatte, nach Leipzig gekommen, hatte dort in dem Kandels hause Joh. Keim. Stoll Sc Anger als „Kandlungsdiener" gearbeitet und am 12. September 1805 mit seinem Freunde Christian Friedrich Göhring unter der Firma Göhring Sc Gerhard eine Schnitt- und Modewarenhand lung eröffnet, die rasch emporblühte. Die Briefe, in denen er seinem Vater, dem Kaufmann Johann Fried rich Gerhard in Weimar, über die tollen Tage und seinen Anteil an r) Vgl. das Feuilleton „Napoleon I. in Leipzig" in den Leipziger Neusten Nach richten vom 20. Juli 1907. 2) Dgl. den Aufsatz „Napoleon vor Leipzigs Toren. (22. Juli 1807)" im Leipziger Tageblatt vom 22. Juli 1907. ») Vgl. den Aufsatz „Napoleon I. in Leipzig 1807" im 5. Bde. der Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs, S. 222 f., Leipzig 1896. ') Weiteren Kreisen ist er bekannt als Dichter volkstümlicher Lieder (genannt seien: „Auf! Matrosen, die Anker gelichtet", „Bin der kleine Tambour Veit", „Die Mädchen in Deutschland"), und durch seine Beziehungen zu Goethe. (Vgl. insb. v. Biedermann, Goethe und Leipzig, Leipzig 1865, 2. Th. S. 294f.).