■Ni wieder betreten wurde. M. Richter, L. Richter, R. Zaunick und G. Mundorf haben sich dabei besondere Verdienste erworben. Wenn wir der Logik der "Medicina mentis..." folgen, so war v. Tschirnhaus’ Weg zur Erkenntnis immer an Wahrheitsstreben gebunden, und methodenbewußte Selbsterkenntnis wurde pädagogisch angereichert. Mit den Argumenten des Sozinianers J. Crell bekundete er, daß die Prinzipien der Wahrheitsfindung der Natur zu entlehnen seien. Die Wahrheit selbst bestimmte er nach logischen Verfahren mit nachdrücklicher pädagogischer Begründung. Eine Gesamtsicht zeigt, daß v. Tschirnhaus’ vielfältige Quellen bildungs philosophischen Denkens in einen produktiven Eklektizismus münden. Seine nachdrückliche Parteinahme für S.A. Komenskys pansophisch begründetes Metho densystem, für dessen Streben, durch Bildung die gesellschaftlichen Verhält nisse zu humanisieren, synthetisierte sich mit Leibniz’ Auffassung, wonach Erziehung ein bedeutendes Mittel sei, um den Menschen auf den Weg der Tugend zu bringen. Er modifizierte Descartes Regeln des induktiv-deduktiven Schlie- ßens so, daß sie in einen brauchbaren pädagogischen Kontext zu Spinozas Synoptik von Erfahrung und Erkenntnis kamen. Das alles hinderte ihn nicht, sozinianisches Gedankengut 8 zu rezipieren, als er Wahrheitsstreben als Eigen schaft menschlicher Erkenntnis faßte und damit Descartes methodische Zwei fel an der sicheren Erkenntnis durch die Sinne überwand. v. Tschirnhaus begründete die Aktivität des Lernenden anthropologisch und orientierte diese in der "Medicina mentis..." folgendermaßen: - Menschliches Glück baue auf "sapentia, virtus et tranquillitas animi" . - Der Weg zum Glück sei die Kunst des Entdeckens. - Mittel des Entdeckens (der Erkenntnis) seien Geist, Wille, Intellekt und E rfahrung. Bereits im Vorwort bekannte er seine Absicht, über Vernunft und Erfahrung die Erkenntnis konsequent bis zur “inneren Natur der Dinge" führen zu wollen. Das Vorwort enthält auch bemerkenswerte Hinweise auf die gewünschte Art und Weise der Rezeption seines Werkes: Konzentration auf Wichtiges, Folgen der vorgegebenen Erkenntnisführung, nützliche Anwendung. 7 Im ersten Teil - "Medizin des Geistes oder Versuch einer echten Logik, wo rin über die Methode gehandelt wird, unbekannte Wahrheiten zu entdecken“ 8 - faßte v. Tschirnhaus sein pädagogisches Credo in die Verbindung von Humani tät, Erkenntnisdrang und Glückseligkeit. Erziehung zur Wahrheitsliebe setze die Ausbildung des "Triebes der großen Kräfte" voraus. Dieser Trieb baue auf das Streben nach der Entdeckung von Unbekanntem, Konzentration auf Erkenn bares sowie Wesentliches und die Beseitigung von Vorurteilen. Nur so könne die "Tugend als edle Neigung" von der Erkenntnis bis zur Weisheit geführt werden. Im zweiten Teil - "Allgemeine Lehren für die Kunst des Entdeckens" - wurde auf pantheistischer Grundlage historisch verbürgte Erkenntnis in einen methodisch bestimmten Bezug zur Gegenwartsbewältigung gesetzt. Gewißheit er-