6 0 Steffi Tiesler Zu den Anfängen der Elementarschulbildung in Dresden Nachdem im Mittelalter der Allgemeinbildung der Volksmassen sowohl von seiten der herrschenden als auch der unterdrückten Klasse kaum Aufmerksam keit gewidmet wurde, ermöglichten und erforderten in Sachsen im 16. Oahr- hundert die sich entwickelnden frühkapitalistischen Verhältnisse ein Um denken im Bereich des niederen Schulwesens, Mit der wachsenden gewerb lichen Produktion in den sächsischen Städten und teilweise auch in den Dörfern profilierte sich das Bürgertum als neu entstehende Klasse stark auf wirtschaftlichem Gebiet und versuchte gleichzeitig, seine Interessen im politischen Leben des Territorialstaates durchzusetzen. Die in Sachsen auftretende Tendenz der Synthese humanistischer und refor- matorischer Vorstellungen zur Bildungspolitik wirkte positiv bei der Ent wicklung des Schulwesens, Gestützt auf progressives bildungspolitisches Gedankengut namhafter Ver treter des Humanismus und der Reformation in Sachsen, Ph, Melanchthon (1497-1560), M. Luther (1483-1546), 0. Bugenhagen (1485-1558), D. Camera- rius (1500-1574), G. Spalatin (1484-1545), G. Fabricius (1516-1571) u. a., und unter dem Einfluß fortschrittlich denkender Teile des Adels in der sächsischen Ständevertretung konnte sich bürgerliche Bildungspolitik auch in der Realität durchsetzen. So fanden die bildungspolitischen Vorstellungen M. Luthers zur Organisa tion und zur inhaltlichen Gestaltung der Bildung und Erziehung des Volkes in Sachsen fruchtbaren Boden. Es wurden zwischen 1537 und 1545 in Witten berg, Leipzig und Meißen Konsistorien gegründet, welchen die oberste Di rektion des gesamten Kirchen- und Schulwesens oblag 1 und in denen, ent sprechend Luthers Vorstellungen zur Gewaltenteilung, geistliche und welt liche Beamte zu gleichen Teilen arbeiteten. Luthers Bestreben, allen Kin dern - auch der ländlichen Bevölkerung - neben der Vermittlung des Kate chismus wenigstens Unterricht im Lesen und Schreiben der deutschen Sprache zu gewährleisten, fand in der kurfürstlichen Gesetzgebung 1557 ("General artikel") und 1580 ("Kirchen- und Schulordnung") Niederschlag. Erste Elementarschulen entstanden in Sachsen jedoch bereits seit den zwanziger Oahren des 16. Oahrhunderts. An diesen Bildungseinrichtungen wurde zeitgenössische Allgemeinbildung vermittelt, welche den genannten lutherischen Vorstellungen entsprach. Als führend bei der Entstehung von Elementarschulen erwiesen sich die Städte des Erzgebirges (Chemnitz, Anna-