"Nach Geburt ein Teutscher, im Handeln und Denken aber Franzos" Graf Moritz von Sachsen, Maréchal de France, geboren am 28. Oktober 1696 in Goslar, verstorben am 30. November auf Schloß Chambord - Eine Betrachtung
Bärbel Stephan »Nach Geburt ein Teutscher, im Handeln und Denken aber Franzos« 1 ' Graf Moritz von Sachsen, Marechal de France, geboren am 28. Oktober 1696 in Goslar, verstorben am 30. November 1750 auf Schloß Chambord - Eine Betrachtung Er erbte von seinem Vater, was seinem Halbbruder fehlte: Dynamik und Phantasie. An seiner Wiege wachten die Götter, könnte man meinen, um seinen Tod trauerte Frankreich, dargestellt als schöne junge Frau in Jean-Baptiste Pigalles Grabdenkmal in St. Thomas in Strasbourg. Er war ein fähiger Militär, ein kühner Stratege, ein hervorragender Taktiker, ein genialer Feld herr, der wohl berühmteste seiner Zeit überhaupt; der Mann von blendendem Aussehen war ein Freund der Musen und Künste, gebildet und charmant und - er war schön; schön in sei ner stolzen Distanziertheit, schön in seiner geistvollen Liebenswürdigkeit. Ein leidenschaft licher Charakter im Sternzeichen des Oktobers. War es der Makel der illegitimen Geburt, der den Stolzen, den Begabten, den später Legitimierten, so frühzeitig zum Ehrgeiz trieb? Er schonte sich zeit seines Lebens nicht, er forderte sich das Höchste ab, verbrachte fünfund- dreißg Jahre auf Europas Kriegsplätzen, schwer erkrankt, an »Wassersucht« leidend, »mehr tot als lebendig« entschied er durch sein Eingreifen die schon verlorengeglaubte Schlacht 1745 über die Engländer und Hannoveraner, aus der Kalesche heraus und zu Pferde errang er am 11. Mai 1745 den Sieg bei Fontenoy, der Paris rettete. Moritz von Sachsen, der natürliche Sohn Friedrich August I. (d. Starken), Kurfürst von Sach sen (als König von Polen seit 1697 August II.), und der Gräfin Aurora von Königsmarck, wurde einundzwanzig Tage später geboren als der sächsische Kurprinz und Thronfolger, Friedrich August II. (als König von Polen seit 1733 August III.). Gespannt wartete der sächsische Hof darauf, welchen Namen das Kind erhalten würde, war doch »Friedrich August« vergeben. Aurora gab ihrem Sohne, in Erinnerung an glückliche Tage auf Schloß Moritzburg, den Namen »Moritz«. »Mars und Venus diente er sein lebenlang«, schrieb Bayerns König Ludwig I. über Moritz von Sachsen. 21 Sein Vater, Friedrich August, »vereinte mit seinem angenehmen und bezaubernden Wesen eine sprichwörtliche Körperkraft, die sich auch auf seinen Sohn vererbte. Von seiner Mutter aber, die aus altem schwedischem Adel herstammte, sagte Voltaire, sie wäre die erlesen ste Frau aus zwei Jahrhunderten, berühmt in der Welt durch ihren Geist und ihre Schönheit.« 31 Voltaires Einschätzungen lassen die schmeichelvollen Ergüsse Carl Ludwig von Pöllnitzens