Micky Maus ist geisteskrank Von Walther Schneider D as chronische Filmbild der Micky Maus weist unverkennbare Symptome einer paranoiden Geisteserkrankung ihres Urhebers auf. Eine Diagnose der dünnbeinigen, hydrozephalen, astigmatischen und neurasthenischen Micky Maus ergibt vor allem die Störungen der Empfindung in der Sphäre des Gesichts und des Gehörs (vulgo Sinnestäuschungen). Bei näherer Untersuchung dieser „krankhaft veränderten Wahrnehmungen wirklicher Gegenstände" wäre zu ent» scheiden, ob es sich hier um einen manischen oder paranoiden Fall handelt. Unleugbar deuten die überaus lebhaften und exzentrischen Lebensäußerungen der Micky Maus auf eine manische Form euphorischer Natur hin, auf die so» genannte „klassische oder flotte Manie“. In Weygandts Forensischer Psychiatrie, Band II, Seite 102, werden hierfür folgende Merkmale angegeben: „Gehobene Stimmung, Heiterkeit, reges Mienenspiel, Lachen, lustbetonte Gefühlstöne auch in trauriger Lage und bei schmerzhaften Eindrücken, psychomotorische Erregung, Tatendrang, Vielgeschäftigkeit, Gestikulieren, Tanzen, Springen, Necklust, Zer» störungstrieb, Reiselust, Unternehmungssucht, erhöhte Ablenkbarkeit, Abschweifen der Vorstellungen vom Hundertsten ins Tausendste, Reaktion auf jeden neuen Eindruck, Klangassoziationen, Neigung zum Singen". Dennoch darf diese oberflächliche Übereinstimmung mit dem zelluloiden Krankheitsbild der Micky Maus nicht irreführen. Im Grunde haben wir es bei ihrem absonderlichen Verhalten (in Küchen, Eiskästen, Festungen und Wüsten) mit einer Paranoia zu tun, die durch richtige Logik bei falschen Voraussetzungen gekennzeichnet wird. Die „Verzerrung der Raum», Zeit» und Kausalzusammen» hänge" (in der Filmhandlung), das „Verschwimmen verschiedener Gegenstände miteinander" (das Automobil, aus dem ein Lebewesen wird, der tanzende Klavier» schemel), die „dauernde irrige Wiederholung von Sinneseindrücken“ (Multipli» kation der jungen Micky Mäuse) lassen sogar einen Jugendirrsinn vermuten. Eine mehrere Kinovorführungen umfassende psychiatrische Beobachtung der Micky Maus läßt jedoch keinen Zweifel über das Bestehen eines schweren Falls der von Kraepelin gefundenen Paraphrenie (mit Dementia paranoides verwandt). Die mit phantastischen und fabulatorischen Zügen üppig ausgestattete Begriffs» weit der Micky Maus stellt einen Grenzfall dieser Gruppe von Irrsinnspsychosen dar, der nicht selten zu akuten Tobsuchtsanfällen führt. Die Frage, ob die bei Abrollung der Filme in Erscheinung tretenden Krank» heitsphänomene der Micky Maus auf den geistesgesunden Zuschauer künstlerische Reize ausüben, muß verneint werden. Wohl ist die Trennungslinie zwischen ästhetischem Lustgefühl und lustbetonter Gemütsstörung nicht immer scharf zu ziehen. Hier aber liegt offenbar auch bei der breiten Masse des Publikums ein ähnlich anormaler Geisteszustand vor wie bei der Micky Maus. 679