iSein E li r g e 1 z N o v e11e von W. St. R e y m o n t (Träger des letzten Nobelpreises für Literatur) I mmer ungeduldiger klingelte die Glocke. Hans rührte sich nicht, schaute durchs Fenster auf den weidenbepflanzten Weg, der sich durch die riesigen, baum gesäumten Felder schlängelte. „Hans, der gnädige Herr klingelt!“ schrie ihm vorbeilaufend das Stuben mädchen zu. Er drehte sich nicht um, sah versunken in die waldumgrenzten Flächen. „Hans, bist du taubstumm? —- Es klingelt doch!“ rief wieder jemand durch die halbgeöffnete Tür. „Soll er nur klingeln ...“ gab er bös zurück, sprang vom Fenster hastig fort, zog aus der Ecke einen grünen Koffer, schmiß seine Livreejoppe zu Boden und begann fieberhaft, seine Siebensachen zu packen. Die Wirtschafterin, vor Wut wie eine Pute aufgedunsen, stürzte schimpfend ins Zimmer: „Der gnädige Herr klingelt, rühr dich, Faulpelz! Mach rasch, sonst...“ „Nein, ich werde ihn nicht mehr an- ziehen, nicht mehr spazierenfahren, ihm nicht mehr dienen!“ — warf er ihr zu. „Na-na-na, was soll denn das? Schaut euch den an! Der fängt auch schon zu maulen an! Geh sofort, sonst erwischst du was! befahl sie mit so drohend maje stätischer Würde, daß Hans erschrocken die Joppe wieder anzog, sich ratlos in der Stube herumdrehte, die frischgepulzten Schuhe seines Herrn ergriff und hastig nach dem ändern Ende des Herrnhofes lief. Der alte Herr, der unter einer grünen Decke lag, hob den Kopf und sagte sanft: „Hast heut verschlafen, gelt! Zieh mich wärmer an, wir fahren in den Park.“ Der Bursche wollte aufbegehren, küßte aber, als er dem gütigen Blick des Herrn begegnete, seine Hand und machte sich, wie jeden Tag seit vielen Jahren, an die Arbeit; wusch ihn, kleidete ihn an und setzte ihn in den Lehnstuhl vor den Tisch, auf den das Stubenmädchen das Frühstück hingestellt hatte. Der alte Herr war an den Beinen gelähmt, und Hans bildete seine lebensnotwendige Ergänzung, besonders da er alles flott, geschickt und zart ausführte und jeden seiner Wünsche zu erraten wußte. „Wie ist es denn draußen? Schönes Wetter?“ „I Gott bewahr, dreckig ist’s“ — mur melte Hans mürrisch, während er seine rebellischen Pläne weiterkaute. Dem Greis stieg die Zornröte in die fahlen Wangen, es kam aber nur zu einem Pfiff, der dem Hunde galt, der in toller Freude auf ihn zusprang. „Rex, genug! Gib mir die Leine und fahren wir.“ Hans trug ihn in einen Bollstuhl, hüllte ihn in eine Pelzdecke und fuhr ihn durch die lange Zimmerreihe auf die Veranda, jedoch so ungeschickt, daß er jeden Augenblick an den Möbeln anstieß und über die Schwellen stolperte.