OTTO HELMERS: EIN ABSCHIEDSBRIEF Oas war das Vorspiel: Ifyre Freundin ßat cßauf- Heren gelernt, deswegen mußte sie natürlich aucß cßauffieren lernen. Oer Mann wollte nic&ts davon wissen, aber sie war eine Frau. Sein Vermögen ging auf ißre Polizeistrafen drauf. Knapp vor seinem Ruin f>at er itjr die Sacße endgültig verboten. Eines trüben Tages kommt er nacß Hause und findet folgenden Brief vor: Fritzehen! Wenn du diese Zeilen liest, liege ich gerade im 100-Kilo- meter-Tempo in einer Kurve und in den Armen eines richtigen Mannes! (Verzeih!) Schuld bist nur Du. Ich wasche meine Hände in Benzin! Ich konnte nicht mehr an der Seite so einer Verkehrsstörung, wie Du bist, leben. Ich habe einen Chauffeur kennengelernt einen Mann mit 1000 PS, mit Nerven aus Edelstahl, einen Mann, der nie leer läuft. Seine Augen leuchten wie zwei Bosch-Lichter, und er hat mich im ersten Augenblick sozusagen abgeblendet. Mein Herz schlug wie ein Vier taktmotor. Das wirst Du aber nie verstehen. Das muß man fühlen! Seine vom Staub graue Haut riecht nach bestem deutschem öl, und denk Dir, er ist Rennfahrer. Keine Polizei strafe ist ihm hoch genug, kein Wagen zu schade! Unsere Ehe, Fritz, war, das erkenne ich heute, ein Fehler in der Zündung. Du hast meine Liebe zu Dir selbst gedrosselt, und ein Mann mit einem Zylinder konnte mir mit der Zeit nicht mehr genügen. Unser beider Gemisch war falsch zusammengesetzt. Da durch wurde die Brennstoffzuleitung zu meinem Pierzen einerseits verstopft, andererseits un dicht. Für eine Frau von heute hast Du zu wenig Hub. Dein Temperament läuft mit der ersten anstatt mit der dritten Geschwindig keit. Du springst wohl an, aber Du kommst nicht auf Touren! Dein Temperament hatte eben den Kabelanschluß bei mir nicht gefunden! Ist es ein Wunder, wenn ich Dich nun leer laufen lasse? Das Bremsseil meiner Hemmungen ist eben gerissen! Hättest Du die Federn nicht zu stark gespannt, so wären meine Gefühlslamellen nicht verbogen! So wurde ich immer kühler und kühler! Du hast mir gegenüber ein ganz falsches Anlaßsystem angewendet. Seit Wochen fühle ich das schon im Unterdruckbewußtsein! Du warst mir ein Nagel im Reifen! Als Du mir vor einem Jahr den Kolbenring an den Finger stecktest, dachte ich wohl nicht daran, daß er sich so schnell ab nützen würde ! Eine Zeitlang hatte ich schreck lich unter diesen Kompressionen zu leiden, und gerade da lernte ich meinen Chauffeur kennen. Eigentlich ist er ein Herrenfahrer, ich bin die erste Frau, wie er sagt! Mit seinen glühenden Blicken hat er den Motor meiner Sinne überhitzt. Mir wurde heiß und heißer, etwas begann zu klopfen. Es war mein Herz! Da nützte keine Wasserkühlung, das war keine Fehlzündung, das war die wahre Liebe! Im Scheine einer Zündkerze auf seinem Benzin tank sitzend, gestand er mir seine in unauf haltsamem Tempo rasende Liebe! Dabei spielte er auf seinem Signalhorn so schön, daß selbst die Verkehrsschutzleute Tränen in den Augen bekamen. Was sollte ich schwaches Weib machen? Ich war in einer Batterieklemme, aber sein Magnet zog mich mit aller Kraft an! Kurzgeschlossen warf ich mich in seine Arme! Dort bin ich also jetzt, Fritz! Ich verzeih Dir alles, was Du mir angetan hast, und fahre Dir nichts nach. Die Angelegenheit unserer Scheidung habe ich meinem Anwalt Kessel stein übergeben. Vergiß nicht ganz Deine Dolly. 836