Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Titel
Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Untertitel
ein Reisehandbuch mit Reiskarte von Rudolf Henke und einer Routenkarte
Alternativtitel
Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz
3 und Glimmersehieferkuppen, die fast alle, mehr oder weniger isolirt, weite Landstriche beherrschen, die Landschaftsform des Erzgebirgs. Die Structur der Haufengebirge ist zwar landschaftlich im All gemeinen malerischer, touristisch sind sie indes selten dankbarer, man geht in ihnen oft tagelang ohne einen freien Blick, während wir im Erzgebirge auf bequemen Strassen weite Strecken wandern können, ohne dass der Blick dauernd beschränkt würde, dazu dorni- niren die einzelnen Bergkegel viel mehr, als in den Haufengebirgen und gewähren, wenn auch nicht an allen Orten malerische, so doch stets sehr umfassende Rundsichten. Grossartig und unvergleichlich schön sind die Ausblicke von den Bastionen auf dem Kamm oder auch von den meisten der Strassen der 14 Hauptpässe des Gebirgs hinab ins Böhmerland und auf das nachbarliche bizarr-pitoreske, vulkanisch-wilde Mittelgebirge in Böhmen. Mit diesen landschaft lichen Reizen kann kein zweites deutsches Mittelgebirge rivalisiren. — Die eigenartige, höchst überraschende Landsehaftsform dieser erup tiven Schuttmassen kehrt eben nirgends in Deutschland wieder. Am grossartigsten sind die Blicke vom östlichen, wie vom Centralgebirgs- kamm; relativ am wenigsten dankbar sind die Pässe von Kallich und Sebastiansberg, weil hier statt des grotesken Hintergrundes ein, allerdings lachendes Gefild, die Saazer Ebene sieh ausbreitet und weil hier der Steilhang des Erzgebirgs selbst am wenigsten ausgeprägt erscheint und durch Vorberge etwas verwischt wird. Einen besonderen Reiz bilden auch die frischen, tiefgrünen Stromthäler und die unabsehbaren Hochwälder, die den ganzen Kamm bedecken. Die Kronen dieser Wälder sind die Olbernhauer und die Eisenberger Buchenforsten, die ersteren zwischen Töltzseh- und Flöhathal, die letzteren am Pass von Gebirgsneudorf hinab nach Obergeorgenthal und Eisenberg. Ein grosses Verdienst hat sich die sächsische Regierung erworben durch die Wiederbeforstung der vielen kahlen Bergkegel, die während der Blüthezeit des Berg baues zum Schaden der allgemeinen Wohlfahrt wie der Naturästhe tik abgeholzt worden waren: selbst am Fichtelberg auf einer Höhe von über 1200 m ist es, wenn auch nach unendlichen Miihsalen, gelungen, die offene Wunde verharschen zu machen durch eine neue grüne Walddecke, die dem Berg schon jetzt recht anmuthig zn Gesicht steht. l *