vermocht. Denn darüber, daß § 88 hier nicht maaßgebend sein kann, waltet nach der ganz bestimmten, eine Ausdehnung auf andere als die dort speciell bezeichneten Fälle ausschließenden Fassung jenes Paragraphen kein Zweifel ob. Auf der an dern Seite läßt sich nicht bestreiten, daß Einberufung der Kammern vor Abschluß des Friedensvertrages durchaus nicht ausführbar gewesen wäre. Es lagen daher diejenigen thatsächlichen Voraussetzungen vor, welche nach § 8 des Gesetzes vom 5. Mai 1851, eine Ergänzung und theilweise Abänderung der §§ 89, 96, 98, 102, 103, 104 und 105 der Verfassungsurkunde vom 4. September 1831 betreffend, hinsichtlich des Verfahrens, wenn schleunige finanzielle Maaß- regeln erforderlich sind, die Staatsregierung der Verpflichtung, eine außerordent liche Ständeversammlung einzuberufen, entheben sollen. Wollte man aber auch die Frage, ob diese specielle Ausnahmebestimmung auf andere Fälle analog aus gedehnt werden dürfe, verneinen, so liegt es doch in der Natur der Sache, daß thatsächlich nicht ausführbare Maaßregeln der Staatsregierung nicht zugemuthet werden können und daß ihr daher auch aus deren Unterlassung kein Vorwurf gemacht werden darf. Nun hätte sich vielleicht noch der Ausweg dargeboten, die definitive Gültigkeit des Friedensvertrages von der ständischen Einwilligung abhängig zu machen. Allein ganz abgesehen von der Frage, ob die Krone Preußen überhaupt geneigt gewesen sein möchte, auf einen derartigen Vorbehalt einzugehen, so liegt es doch auf der Hand, daß derselbe für Sachsen mit sehr erheblichen materiellen Nachtheilen ver bunden gewesen sein würde. Denn die durch einen derartigen Vorbehalt bedingte Einberufung der Kammern und die Beschlußfassung der Ständeversammlung würde, wenn man beides auch noch so sehr beschleunigt hätte, immer einen nicht ganz unbedeutenden, mit sehr erheblichen pecuniären Opsern für das Land verknüpften Aufschub der Wirksamkeit des Friedensabschlusses herbeigeführt haben. Der Staats regierung dürfte daher dafür, daß vorgezogen worden ist, die Verantwortlichkeit wegen eines ohne vorgängige ständische Zustimmung bewirkten Friedensabschlusses zu übernehmen, anstatt zu Abwendung derselben ans rein formellen Gründen einen mit sehr erheblichen materiellen Nachtheilen für das Land verbundenen weiteren Aufschub der definitiven Gültigkeit des Friedensvcrtrages herbeizuführen, der auf richtigste Dank aller Patrioten gebühren. Unter den hiernach obwaltenden Verhältnissen liegt aber allerdings für die Ständeversammlung eine moralische Nothweudigkeit vor, zu dem Friedens- Verträge, wie er ihr mitgetheilt worden ist, nachträglich ihre Zustimmung zu ertheilen. Denn die unheilvollen Folgen, welche aus einer Ablehnung dieser Zustimmung entsprießen müßten, lassen sich im Voraus gar nicht übersehen, und