57 Otto Werner Förster Freimaurer in Leipzig Sieben Freimaurer-Brüder versammelten sich am 20. März 1741 im Leipziger Gasthof »Zum Goldenen Schiff« in der Großen Fleischergasse, um eine Loge zu gründen. Die erste offizielle in Leipzig, und die Nummer 7 in Deutschland. Das Gebäude existiert schon lange nicht mehr. Die Loge noch immer. Die Versammlungsorte der frühen Freimaurer, bevor sie eigene Häuser besaßen, waren vor allem Gasthöfe, Schenken, Weinstuben. Das mag zur blumigen Namens bildung der Logen beigetragen haben. Die vier Londoner Logen, welche 1717 die erste Großloge bildeten, trafen sich in den Tavernen »Zur Gans und zum Bratrost«, »Zur Krone«, »Zum Apfel baum« und »Zum Römer und zur Traube« ... Spätere Logenorte in Leipzig waren neben dem »Goldenen Schiff« auch das »Hotel de Baviere« in der Petersstraße, »Richters Caffe Haus« im Romanushaus, »Klassigs Kaffeehaus« (Apollo; Hainstraße n), oder das »Vinonische Weinhaus« unmittelbar an der Pleißenburg, das die »Minerva« 1776 samt Grundstück kaufte und zum Logenhaus umbaute. Sieben Meister mußten es sein - und so ist es bis heute —, die eine neue Loge gründen konn ten. Das heißt, die Leipziger Gründer hatten Lehrlings- und Gesellengrad schon erhalten. Was verwundert, wenn man sich die Jugendlichkeit dieser Gründer ansieht: Ihr Altersdurchschnitt betrug 24 Jahre. Der gewählte Meister vom Stuhl, Adrian Deodate Steger, war 22 Jahre. Es war Teil eines Aufbegehrens der Jungen gegen die verkrusteten Gesellschaftsstrukturen. Die 68er des 18. Jahrhunderts sozusagen. Die Freimaurerei mit ihren schon damals jahrhundertealten Traditionen war erst zweiein halb Jahrzehnte zuvor ins öffentliche Bewußtsein getreten. Als wesentliches Moment der später »Aufklärung« genannten gesamteuropäischen Bewegung, in anderen Sprachen »les lumieres«, »enlightenment«, »illuminismo« oder »prosweschtschenje«. Licht, Erleuchtung, Erhellung als symbolhafter Kern. Die jungen Unzufriedenen zog an der Freimaurerei vor allem an, was die christliche Religion zwar von Beginn an propagierte, die Institution Katholische Kirche aber seit tausend Jahren verhinderte: Toleranz gegenüber Andersdenkenden, ein Miteinander auf gleicher Ebene ohne Ansehn der Standesunterschiede, Brüderlichkeit. Und die Diesseitigkeit dieser Lebenshaltung Freimaurerei, die zudem jegliches Dogma ablehnt. Das machte und macht alle dogmatischen Ideologien und ihre Verfechter notwendig zu Gegnern der Bruderschaft. Schon 1736 hatte es in Leipzig eine Logengründung gegeben durch »sieben, im Auslande aufgenommene Brüder«, die »insgeheim Aufnahmen« vollzogen, damit übrigens noch vor der Hamburger Loge »Nr. 1« in Deutschland, »Absalom zu den drei Nesseln«. Die bisher im Leipziger Archiv der Loge »Minerva zu den drei Palmen« gesichteten Dokumente legen die