Mitteilungen über die Verhandlungen des Ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen / 2. Kammer

(Abgeordneter vr. Böhme.) Sie werden aber die Mißstimmung jedesmal Hervorrufen, wenn es sich um eine Besoldungserhöhung handelt, denn diese Besoldungserhöhung trifft die Gemeinde. (Sehr richtig! rechts.) Sie werden also die Selbständigmachung der Gemeinden dadurch nicht erreichen, sondern sie nur noch mehr unter binden. Wir können sicher damit rechnen, daß die Mehr leistungen, die von den Gemeinden aufgebracht werden müssen, im Zusammenhänge mit den Pfarrgehältern nicht den Staat, sondern die Gemeinde treffen, und dann trifft weiterhin immer wieder den Pfarrer das Odium, daß jene Mehrleistung der Gemeinde wegen seiner Besoldungs wünsche geschieht. Ich möchte in diesem Zusammenhänge noch kurz folgendes erwähnen: Man kann darauf Hinweisen, daß die Gemeinden, wenn sie unvermögend sind, sich an das Konsistorium wenden können, um zu der Erhöhung der Versicherungsprämie einen Zuschuß zu erbitten. Das Konsistorium wird nur in der Lage sein, dem stattzugeben, wenn der gesetzlich festgelegte Betrag erhöht wird. Ob die Regierung in allzunaher Zeit, wo die Besoldungs frage der Pfarrer an uns herantreten wird, bereit sein dz) wird, schon wieder das Gesetz zu ändern, ist mir sehr zweiselhaft. Und wenn nun das Konsistorium auch in der Lage wäre, die Gemeinden bleiben immer in dem Abhängigkeitsverhältnis vom Konsistorium, sie müssen ihr Unvermögen nachweisen; und wenn es sich um eine Gemeinde handelt, die ihr Selbständigkeitsgefühl nach Auf fassung des Konsistoriums vielleicht zu stark hervortreten läßt, so wird sie immer der Gefahr ausgesetzt bleiben, den Zuschuß nicht zu erhalten. Mit anderen Worten, auch in dieser Beziehung wird die Selbständigkeit der Kirchgemeinden nicht gefördert, fondern dauernd unter graben. Nun, meine Herren, denken Sie an die Bestimmung in ß 4l des Gesetzes. Wenn das Konsistorium nicht damit rechnen kann, daß der Staatszuschuß erhöht wird, so muß es Umschau halten, um auf andere Weise die Erhöhung der Gehälter zu ermöglichen. Da würde §41 eine Handhabe bieten, nämlich die Zusammenlegung kleiner Kirchgemeinden. Man soll nicht denken, daß nach dem Ge setze das bloß bei Kirchgemeinden möglich ist, die wir als Zwerggemeinden bezeichnen. Nach dem Entwürfe ist das Konsistorium berechtigt, in sehr vielen Fällen, wo es ihm gut dünkt, die Zusammenlegung zu betreiben. (Abgeordneter Kleinhempel: Das ist nie zu erwarten!) Sie sagen sehr richtig, das ist nicht zu erwarten. Gewiß, wenn der gute Wille des Konsistoriums allein entscheidend wäre, so wäre es nicht zu erwarten. Aber ich spreche davon, daß das Konsistorium in der Notlage ist, die Pfarrbesoldung zu erhöhen, und daß es keinen anderen Ausweg hat, als von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die kleineren Gemeinden zusammenzulegen. Damit wird das kirchliche Leben auf dem Lande wahrhaftig nicht gefördert. Ich habe an sich meine Bedenken dagegen gehabt. Versuchen Sie sich aus zumalen, wenn solche Gemeinden, die gern nach ihren Kräften zur Unterhaltung der Kirchgemeinden beitragen wollen, aber zu unvermögend sind, die Erhöhung der Pfarrbesoldung aufzubringen, zusammengelegt werden. Malen Sie sich die Wirkung dieses Gesetzes aus, indem Sie daran denken, daß die Pfarre und die Kirchen in diesen Gemeinden verwaist sind. Es ist ja möglich, daß Sie meinen, ich male zu schwarz, aber ich halte mich in dieser Stunde für verpflichtet, alle die Möglichkeiten, die eintreten können, zu erwägen, weil ich die Verant wortung für das Gesetz nicht übernehmen kann, weil ich aber auch den Wunsch und auch die Pflicht habe, vor dem Lande zu erklären, warum ich es nicht kann. Aber auch die Pfarrer werden bei dem Gesetze keine Freude erleben. Die Pfarrer haben ja — das will ich nochmals erwähnen — insofern von dem Gesetze keinen Vorteil, als sie keine Erhöhung der Besoldung M) erhalten, im Gegenteil, in der Zurückschneidung der Gehälter auf den Grundgehalt liegt eine gewisse Be nachteiligung unserer sächsischen Geistlichkeit. Aber die Herren haben sich damit abgefunden Ich werde den Einwand, den ich früher geltend gemacht habe mit Rück sicht auf die Stiftung, heute nicht berühren, weil die Zu stimmung des Hauses in dieser Beziehung nicht zweifel haft ist. Ich will die Pfarrer aber darauf aufmerksam machen, daß der Entwurf für sie in der Beratung der Zweiten Kammer keine Verbesserung erlangt hat. Ins besondere ist eine Verbesserung wegen der Dienstalters berechnung, die wir gern wünschen, nicht eingetreten. Ich glaube wohl, es wäre der Regierung möglich gewesen, von der Ermächtigung der Synode Gebrauch zu machen, um wenigstens in dieser Beziehung eine Besserstellung der Pfarrer zu ermöglichen. Aber das Wesentliche, worauf ich vorhin schon hingewiesen habe - und einer der wesent lichsten Gründe für das ganze Gesetz —, wird durch dieses Gesetz nicht beseitigt, das Odium, das die Geist lichkeit beseitigt wissen wollte, daß der Geistliche mit jener Besoldungserhöhung an die Gemeinde heran treten müßte und daß durch Anlageerhöhung der Betrag aufgebracht werden müßte. In Zukunft wird an Stelle der Altersdienstzulage ein besonderer Versicherungs-