Bemerkungen :u Bache Motetten Von Ulrich Siegele (Tübingen) Proportionale Gliederung Der Predigt beim Gedächtnisgottesdienst der verstorbenen Frau Stadt hauptmann Winkler am 4. Februar 1726 lag Jesaia 43,1 zugrunde 1 . Die Motette „Fürchte dich nicht“ stellt diesem Vers den mit den gleichen Wor ten beginnenden Vers 41,10 desselben Propheten voran und gliedert den Text so: Fürchte dich nicht, ich bin bei dir, weiche nicht, denn ich bin dein Gott; ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich erhalte dich durch die rechte bland meiner Gerechtigkeit. Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöset, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Die musikalische Gliederung des ersten Teils der Motette schließt sich der syntaktischen Gliederung des ersten Bibelverses nach größeren und kleine ren Einheiten an. Abwechslungsreiche Vielfalt entsteht daraus. Der zweite Teil trennt die Außenglieder des Verses ab und verbindet die Binnenglieder zu einer Doppelfuge. Hier tritt die Unveränderlichkeit der göttlichen Ver heißung hervor. Ihr antwortet die menschliche Seele mit dem stets sich er neuernden Gebet des Kirchenliedes (den beiden letzten Strophen von Paul Gerhardts „Warum sollt ich mich denn grämen“). Die Erfüllung der Ver heißung und des Gebetes aber stellt der Schluß der Motette vor, die der Komponist damit in eigentümlicher Weise auf sich selbst bezieht. Der Baß der bloß musikalisch betrachtet überraschenden Takte 151-15 3 läßt (aus C-Dur in die Tonart des Stückes transponiert) die Stufen BACH erklingen: der Autor selbst, der hier sein Künstlerzeichen anbringt, wird in der Taufe beim Namen gerufen; zugleich aber sind die Tonstufen des Namens ge nommen aus den Tönen der Worte „denn ich habe dich erlöset“, die die Musik mit dem althergebrachten Mittel der chromatisch gefüllten Quart auf das Kreuz und Christi Tod bezieht. So vereinigen sich Gottes Wort und menschlicher Name, erfüllen sich doppelte Verheißung und Bitte des ewigen (oder, wie es nach Paul Gerhardt heißen muß: des leiblichen) Um fangens: „Du bist mein.“ Völlige Einschnitte finden sich im 28. und 73. Takt der Motette, ein schwä cherer zu Beginn des 10. Taktes. Das ergibt diese Gruppierung der Takte: 9 + 19 + 44 — 82 = 1 54 1 B. F. Richter, über die Motetten Seb. Bachs in: BJ 1912, S. 1—32, hierzu S. n. 3 Bach-Jahrbuch