Mitteilungen über die Verhandlungen des Ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen / 2. Kammer

wenn den Rittergütern, die bereits gegenwärtig bei den mei sten die Communen treffenden Leistungen, z.B. bei den Paro- chiallasten sowie bei der Armenpflege, beitragspflichtig sind, die LheilnahmeanRegulirung der Gemeindeangelegenheiten, wobei sie nach Aufhebung der Patrimonialgerichte nickt mehr in ihrer Eigenschaft als Gemeindeobrigkeit zu concurriren haben werden, entzogen bleiben sollte. Die Einrichtung der Grund- undHypothekenbehörden erscheint an sich als ein rein zufälliger Umstand, zumal schon gegenwärtig einzelne soge nannte Freigüter und andere Grundstücke, die der Elaste der Rittergüter niemals angehört haben, unter die Lehnhöfe zu Dresden und Budissin gehören. Endlich kann aus der Be rechtigung, bei Kreistagen und Provinziallandtagen als be sondere Corporation fortzubestehen, welche besonders mitVer- mögensverhältnissen, Stiftungssngelegenheiten und andern einzelnen Instituten zusammenhängt, auch durchaus nicht in Frage gestellt werden soll, noch keineswegs die Folgerung ge zogen werden, daß sie auch in den Kammern, welche sich mit allgemeinen Landesangelrgenheiten zu beschäftigen haben, als gesonderter Stand vertreten werden müßten. Als größere Grundbesitzer sollen sie auch künftig ihren Platz in der Stände versammlung finden, allein dies berechtigt nicht zurBeibehal- tung der zeitherigen Einteilung in Ritter- und Bauergüter, da, wie vom Ministertische aus in der ersten Kammer ange führtwordenist, auch in Notorietät beruht, eine nicht unbe deutende Anzahl von Rittergütern in Sachsen existirt, die mit keinem, oder doch nur mit sehr geringem Grundbesitze verbun den sind, wogegen viele Bauergüter zu dem größeren Grund besitze gehören. Jene Eintheilung hat daher ihr eigentliches Fundament verloren und führt, wenn sie dennoch beibehalten werden soll, zu einer Spaltung der conservativen Kraft, die für den Staat gefährlich ist. Denn darüber waltet kein Zwei fel ob, daß der ländliche Grundbesitz eine der vorzüglichsten Stützen der konstitutionellen Monarchie bildet, und daß diese Stütze desto mehr an Kraft und Dauer gewinnen muß, je weniger die Verfassungsurkunde und das Wahlgesetz Gele genheit darbieten, dessen Vertreter in der Ständeversamm lung in zwei Parteien HU trennen, die, wenn sie sich auch künf tig nicht mehr leicht feindselig gegenüberstehen würden, doch schon durch die verschiedene Bezeichnung ihrer Wahlfähigkeit leicht in der innigen Ueberzeugung wankend gemacht werden können, daß sie nur im treuen Zusammenhalten stark sind und nur gemeinschaftlich den gemeinsamen Feind mit Wirksamkeit zu bekämpfen vermögen. Die Petition wegen Gleichstellung des ritterschaftlichen und bäuerlichen Grundbesitzes, in deren Verfolg die betreffende ständische Schrift vom 13. November 1848 (Lqndtagsacten von 1848, Abtheil. I. S. 545) an die Staatsregierung gelangt ist, beruhte daher offenbar aufrichtiger Auffassung der politischen Verhältnisse,und die Deputation ist von der innigen Ueberzeugung durchdrungen, daß es zum Wohle des geliebten Vaterlandes wesentlich bei tragen wird, wenn auch bei der Zusammensetzung der Stände- vevsammlung. zwischen Rittergütern und Bquergütern kein Unterschied weiter gemacht wird. Aus! den 2. Punkt, auf die Ausdehnung des königlichen Ernennungsrechts zur ersten Kamm-or, setzt die Deputation- weniger Gowichd, kann aber nicht.umkemM, tast es sachgemäß erscheint- dm Kreis der- Wahlfähigen, auf wslchxu sich das fragliche-Recht. dr.r Krone jetzt verfassungsmäßig erstreckt, zu erweitern. Auf das !'. .ff. Detail der betreffenden Abänderung der Verfaffungsurkunde vom 4. September 1831 wird später zurückzukommen sein. Dagegen erscheint es, um zum 3.Punkte überzugehen, als unbedingt nothwendig, der activen und pas siven Wahlfähigkeit derUnaNgesessenen eine größere Ausdeh nung zu verschaffen. Dehn bedarf auch der Grundbesitz be- sondererBerücksichtigungbeiderVertretunginden Kammern, wie bereits mehrfach nachgewiesen worden ist, so würde es doch schon im Allgemeinen mit dem Principe der Gerechtigkeit unvereinbar sein, wenn dieTheilnahmederUnang.esestenen an den Landtagswahlen, sowie deren Berechtigung, gewählt zu werden, hinsichtlich des platten Landes bis auf eine einzige, den Handel und dasFabrikwesen betreffendeAusnahme gänz lich ausgeschlossen, in den Städten aber wenigstens auf eine ganz unverhältnißmäßige Weise beschränkt bleiben sollte. Das dadurch herbcigeführte Mißverhältniß tritt aber in Sachsen ganz besonders hervor, wo Handel und Gewerbe sich eines täglich wachsenden Gedeihens erfreuen, auch Wissenschaft und Künste in der schönsten Blüthe stehen, da die Pfleger aller die ser Zweige des geistigen und materiellen Strebens wenigstens nicht ausschließlich odervorzugsweise in der Classe der Grund besitzer zu suchen sind. Es muß aber auch als politisch rath- sam angesehen werden, die Unangesessenen bei den Wahlen zur zweiten Kammer nicht in zu geringem Grade zu be« theiligen. Denn in demselben Wssße, wie man be müht ist, alle beweglichen Elemente aus der Ständever- sammlung zu verbannen, in demselben Maaße werden dieselben ihre Wirksamkeit außer den Kammern geltend machen und immer geneigter werden, der Regierung und den Ständen feindlich entgegenzutreten. Bei Zusammen setzung der Kammern darf daher neben Herbeischaffung geeigneter Garantien für Festhaltung des conservativen Princips, welches vorzugsweise in der ersten Kammer ver treten sein muß, die Rücksicht nicht unbeachtet bleiben, daß, neben der Wahrung der materiellen Interessen aller Staats bürger, die Ständeversammlung zugleich den rechten Kampf platz darbietet, wo Meinungsverschiedenheiten über alle öffent lichen Angelegenheiten durchgefochten werden können Und sollen, damit der Austausch derJdeen zur Wahrheit und zum Erkenntnisse des Guten leite. Freilich wird dieser erhabene Zweck der Ständeversammlung sofort vereitelt, wenn eine Partei die Oberhand erlangt, der es nicht um Erkenntniß der Wahrheit zu shun ist, sondern die durch künstliche Lügenge webe nur selbstsüchtige Zwecke zu verfolgen strebt. Allem hieraus folgt nur, daß man es vermeiden muß, eine Landes vertretung in das Leben zu rufen, die für Wahrung. des kon servativen Princips keine oder doch zu geringe. Garantien dar bietetman würde aber jedenfalls zu weit gehen, auch die Er reichung von etwas Unmöglichem anstreben, wenn man die be weglichen Elemente ganz aus den Kammern zu verbannen suchen wollte, was dann leichtgeravetzke enkgegengesetzteWir kung nach sich ziehen könnte. Schon beim Erlaß des Wahlge setzes vom 24. Sept. 1831 fühlte man das Bedürfniß, hierun ter wenigstens, in Betreff der Städte eine Lücke auszufüllen, und nahm deshalb die in §. 56tznb 2, 3 und 4, sowie in §. 6V enthaltenen Bestimmungen aufl Wie aber diese ihren Zweck nur sehr unvollständig-evWen, so haben sie skh-auch über haupt nicht a>ks heilsam ckdmahrt, es scheint vielmehr rM- farm.«, dsn.UWNstjNgekbrn.dcn Städten und auf dem Lande im AllgemeiKLü. WM gttiv als passiv eine etwas ausge dehntere Lheilnahme awven Wahlen für die zweite Kammer 13*