I- S. Bachs Bearbeitung der dlissa sine noraine von Palestrina. 129 dem harmonischen Leittonsystcm aufgebaut, während die Kirchen tonart rein melodisch bestimmt ist. Das Subscmitonium ist zwar schon im 16. Jahrhundert, als die harmonische Verwendung der Kirchcntonarten eS erforderte, häufig verwendet worden, doch blieb hier immer noch daS wcscnliche der Kircbcntonarl bestehen, wäh rend cS von Bach dazu gebraucht wird, aus der Kirchentonart modemcS Dur und Moll zu schaffen. Dies wirkt um so befrem dender, als es sich hier nicht um ein neues Werk handelt, sondern um Retouchcn an einem alten. Aber das 18. Jahrhundert hatte eben kein Gefühl für historische Richtigkeiten in der Musik, jedes Empfinden für Einfühlung in die Kunst einer vergangenen Epoche fehlte; das Gegenteil, die Iurcchtrichtung des Kunstwerkes für den Gusto der eigenen Zeit war gefordert. Diese Einstellung bestimmt auch die Stellungnahme Joh. Scb. Bachs zum alten Stil. Und doch hat er im Gegensatz zu anderen seiner Zeitgenossen verhält nismäßig geringe Änderungen am alten Stil angebracht und trotz der Retouchen im Sinne seiner Zeit getrachtet, sich möglichst an das Original anzuschließen. Ein Vergleich eines Abschnittes der Bachschen Bearbeitung der Messe (s. Notenbeilage) mit der Fassung der Gesamtausgabe wird dies noch weiter verdeutlichen. Neue Momente außer den bisher besprochenen treten wenig in Er scheinung. Auffallend ist die transponierte Schreibung der Cem balo- und Violonestimme. Sie tritt uns vielfach in alten Stim men entgegen und ist in der verschiedenen Höhenlage des Chor- und Kammertons begründet. Zugleich zeigt diese Transposition die Stimmung der Bach zur Verfügung stehenden Instrumente. Orgel und Blasinstrumente stehen einen Ganzton über dem Kammerton, in dem Cembalo und Violone gestimmt wird, daher muß der Cem balopatt einen Ton höher geschrieben werden. Die Blasinstru mente, die vielfach noch höher als im Chorton — im Kornetten — stehen, haben hier jedoch die gleiche Stimmung wie die Orgel. In ihrem Verlauf entsprechen sich Orgel- und Cembalostimme vollständig. Das Fundament wurde von beiden in gleicher Weise auSgeführt. Sie gehen beide mit der jeweils tiefsten Stimme, nur im 6. letzten Takt dieses Beispiels tritt eine kurze Pause ein um den Einsatz mit dem Singbaß zu bringen. Dieses Losli.fi en von der jeweils tiefsten Stimme ist bei der Baßführung in Bachs Bearbeitung ein Ausnahmefall.