Zwei Durchformungsmodi der Tripelfuge zum Fragment aus der "Kunst der Fuge" von Johann Sebastian Bach und Praktische Anwendung der im Studium der "Kunst der Fuge" gewonnenen Erkenntnisse vom perspektivischen (dreidimensionalen) Raume auf die Durchformung der Fuge
76 Bernhard Martin der Rahmensatzkadenz zu tonikalisieren J ). Eigentlich müßte das Chroma im Sopran erscheinen, dessen erfolgte Höherlegung soeben bei der Unter terz f" (Takt 65) der Rahmensatzquinte angelangt ist und im Takt 66 zur Rahmensatzquarte g" führen soll. Da aber die Rahmensatzquarte in einem Sextzuge b'-g" perspektivisch durchformt wird, vollzieht sich die Modulation nach G-moll über die perspektivische Sextfalte f"—a' (Takt 65). Vor dem Übergang auf die G-moll-Ebene schalten wir ein Schrägstück ein, um die Herkunft der Ebenen von zwei verschiedenen Momenten des vordergründigen Rahmensatzes anzuzeigen: (5) (Die eingeklammerten rhombischen Noten machen die in der realen Ausführung verborgenen Rahmensatzmomente transparent!) Die perspektivische Durchformung der Rahmensatzquarte g" und der Subdominante G (Takt 66-86) Die über 35 Takte (Takt 31—65) sich erstreckende perspektivische Durchformung der ersten vier Rahmensatzintervalle bediente sich der Gliederung der Rahmensatztonika D beim Quint- und Terzgelenk. Auch die Subdominante G gliedert sich auf Grund der Sichtbarkeit ihres Terz- und Quintgelenks: Zwischen der Gliederung der Tonika D und der Gliederung der Sub dominante besteht aber ein wesentlicher Unterschied hinsichtlich der J ) „Die Tonikalisierung bei fallender Quinte vollzieht sich dann aber in folgender Weise: Es gilt in erster Linie, der als Tonika in Aussicht genommenen Stufe mit ihrer Dominante zu präludieren, zu welchem Zwecke denn die vorhergehende, eben als Dominante zu ver wertende Stufe, nun erst auf den Stand einer solchen gebracht werden soll; das geschieht aber dadurch, daß der jeweilige Dreiklang zu einem Durdreiklang erhoben wird und zwar durch Zuhilfenahme von Chromen.“ (H. Schenker, Neue Musikalische Theorien und Phanta sien, Bd. 1. Harmonielehre, § 139.)