Zwei Durchformungsmodi der Tripelfuge zum Fragment aus der "Kunst der Fuge" von Johann Sebastian Bach und Praktische Anwendung der im Studium der "Kunst der Fuge" gewonnenen Erkenntnisse vom perspektivischen (dreidimensionalen) Raume auf die Durchformung der Fuge
Zwei Durchformungsmodi der Tripelfuge usw. 81 Möglichkeiten. Unsere Fuge weist dagegen eine regelrechte Coda auf. Orgelpunkt, Plagalkadenz und Bogenfalte sind ihre Merkmale. Der Orgel punkt ist die Kadenzstufe des vordergründigen Rahmensatzes und findet nicht nur bei der Schlußtonika, sondern auch bei anderen Stufen An wendung. Der Orgelpunkt bildet immer eine räumliche Einheit, sei es die Einheit einer von einem Vordergrundintervall abgeleiteten perspekti vischen Ebene, sei es die Einheit einer von einem Faltenintervall abge leiteten sekundärperspektivischen Ebene. Die Bogenfalte unserer Fuge schaltet den zweiten Kontrapunkt im Sopran ein. Auch das Thema findet noch einmal Aufnahme und zwar im Tenor: Die vorstehenden Erläuterungen zu einer Fuge lassen die perspekti vische Räumlichkeit der Fuge sehen. Auch die ekstatische Zeitlichkeit wird kurz gestreift. Diesem Versuche gingen andere, darunter die beiden Durchformungsmodi der Tripelfuge zum Fragment aus der „Kunstder Fuge", voraus. Auch die Tripelfugen sind also in dreidimensionaler Raumvorstellung entstanden, wenn auch die Erläuterungen absichtlich noch stillschweigend darüber hinweggehen. Die räumliche Perspektive konnte bereits bei Bach, Mozart, Beethoven (Quartettfuge op. 133!) und Brahms in ihren Fugen, bei Mozart außerdem im ganzen „Requiem" nachgewiesen werden. Wir dürfen daher schon jetzt behaupten, daß der Begriff des perspektivischen Raumes mit dem gleichen Rechte auf die Musik angewendet werden kann wie auf die bildenden Künste. Die Unter suchung der Tonkunst hinsichtlich ihrer dreidimensionalen Räumlich keit gibt uns ein ausreichendes Mittel an die Hand, den zeitlichen Ein bruch der Renaissance nun endlich unabhängig von den bildenden Kün sten bestimmen zu können. Der eigentliche Durchbruch des plastischen Bach-Jahrbuch 1940-1948 6