88 Hans-Joachim Schulze mann eintrug: Hisce paucis Nobilissimo Domino bujus Albi Possessoriperpetuam sui memoriam commendare voluitprospera qvaevis adprecatus F: C: Frankenau. . . Bitter wird also „Possessoris“ als „Professoris“ gelesen und so die For schung auf die falsche Fährte gelenkt haben. Wenn Bach den Stammbuchbesitzer 1734 als seinen Herrn Pathen bezeichnet, dann müßte es sich um einen Erwachsenen handeln, so daß Bachs Über nahme des Patenamtes in die Weimarer Zeit oder noch früher zu datieren wäre. Nach bisheriger Kenntnis kämen hierfür nur folgende Personen in Frage: Johann Gottfried Walther d. J. (getauft 27. Sept. 1712 in Weimar), Johann Gottfried Trebs (getauft 27. Nov. 1713 in Weimar) und Johann Friedrich Weldig (getauft 22. März 1714 in Weißenfels) 28 . Leider ist über die Lebensschicksale der beiden zuletzt Genannten nichts bekannt, so daß sich nicht sagen läßt, inwieweit Bachs Widmung für sie zutreffen könnte. Hin gegen ließ sich über Johann Gottfried Walther d. J. ermitteln, daß er am 23. Mai 1732 an der Universität Jena immatrikuliert wurde, sich nach dem Studium nach Augsburg wandte 29 , wo er 1740 in das Kollegium der Notare und Advokaten aufgenommen wurde, sich 1742 in seiner Heimat mit Anna Regina Groß, einer Augsburger Bürgerstochter trauen Heß und am 14. Sept. 1777 in Augsburg starb 30 . So wäre immerhin denkbar, daß J. G. Walther d. J. sich, dem studentischen Brauch seiner Zeit folgend, ein Stammbuch anlegte und dieses, etwa anläßhch eines Besuches in Leipzig, Mitgliedern der Bach-Familie zur Einzeichnung vorlegte. Daß Walther d. J. zwar musikahsch begabt war, aber doch keinen Musikerberuf ergriff, würde dann die Einfachheit des zweistimmigen Kanons 31 begründen, der wie die Kanons BWY 1073 und 1078 nicht zur Gattung der Rätselkanons zu zählen ist. Die etwas förmliche Anrede „Herr Pathe“ ließe sich allenfalls so erklä ren, daß Bach und Walther d. J. seit Bachs Weggang aus Weimar (1717) ein ander nicht wiedergesehen hätten. Auch dieser Zuweisung muß jedoch — wie der des Kanons BWV 1073 — letzte Gültigkeit versagt bleiben, da die Herauslösung des Eintrages aus dem Stammbuch keine absolut sichere Deutung zuläßt. 4. Der vierstimmige Kanon BWV iojj Glücklicherweise ist wenigstens ein einziger Widmungskanon Bachs im ursprünglichen Zusammenhang überHefert: das in Privatbesitz (seit 1932: Dr. Helmut Winkler) befindliche Stammbuch J. G. Fuldes wurde durch verständnisvolle Sammler davor bewahrt, seines kostbarsten Inhaltes zum 28 Johann Sebastian Bach in Thüringen, Weimar 1950, S. 90 (R. Jauernig). 29 Vgl. BJ 1933, S. 115, Jakob Adlung, Anleitung zu der musikalischen Gelahrtheit, Erfurt 1758, S. 4, sowie Matthesons Ehren-Pforte, Hamburg 1740, S. 390. 30 Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. F. Biendinger, Stadtarchiv Augsburg. 31 Die Takte 3 bis 8 erweisen sich als Spiegelung der Takte 1 bis 4, so daß der Kanon trotz der einfachen Aufgabenstellung eine kunstvoll angelegte Komposition darstellt.