Während der Auslandredakteur von einer innerpolitischen Krisis spricht, tritt der Chefredakteur wichtig und gespreizt mit einer innenpolitischen Krise an die Öffent lichkeit, während hier so daß in Getrenntschreibung Geltung hat, muß bei dem andern sodaß zusämmengezogen werden. Dasselbe ist bei wieviel — wie viel der Fall. Wer nun der Meinung sein sollte, daß damit der Buntscheckigkeit Genüge getan sei, irrt sich gewaltig, denn er hat die Rechnung ohne — den Kunstredakteur gemacht. »Was der Duden vorschreibt, ist ja alles ganz gut und schön, das können Sie auch bei allen andern machen, aber meine Artikel und Abhandlungen bitteich mir so aus, wie ich sie geschrieben habe!« Ja, was kümmert ihn auch die amtliche Rechtschreibung! Für ihn gilt das Wort Goethes: »Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen, Magister, Doktoren, Schreiber und Pfaffen!« Was ist der Rechtschreib fatzke, der Duden, gegen mich, den Herrn Redakteur oder gar Chefredakteur! Und wenn wir auch deutsch sind bis auf die Knochen — unsre eigne Rechtschreibung wollen und müssen wir haben! Wie heben wir uns sonst aus der großen Masse derer heraus, die da heute alle schreiben? Ja, ich bitte! Wo bleibt denn die per sönliche Note? Und wenn alle Welt die einzelnen politischenParteien groß schreibt, z. B. Deutsche Volkspartei, Deutschnationale Volkspartei usw., in meinem Leit artikel wird deutschnationale Volkspartei gesetzt, also klein. So wird tagtäglich die deutsche Rechtschreibung mit Füßen getreten. Es wäre zum Lachen, wenn nicht wir die Leidtragenden in dieser Komödie wären. Zugegeben, daß sich über vieles streiten läßt, was »Duden« angibt, so liegt darin noch lange keine Berechtigung, eine eigene Rechtschreibung aufzumachen. Denn was dem einen recht, ist dem andern billig. Wir Korrektoren schwören auch nicht alle be dingungslos auf Duden, brauchen aber, um arbeiten zu können, feste Bestimmungen, feste Vorschriften. Wir können es nicht, wie die Buchdruckereibesitzer ganz richtig erkannt hatten, dem Ermessen jedes einzelnen Korrektors überlassen, wie und was er anzeichnen soll. Wohin sollten wir dann wohl kommen! Man denke bloß an Druckereien, wo 20, 50, 40 und noch mehr Korrektoren ihres Amtes walten. Es geht im Buchdruckergewerbe einfach nicht ohne festumrissene Richtlinien, ohne einen Ratgeber, und allen im Gewerbe Tätigen bietet sich im Duden ein vortreff licher Helfer, trotz aller Mängel, die ihm naturgemäß noch anhaften. Auf keinen Fall aber dürfen die geschilderten Mi’ßstände noch weiter einreißen. In allen Buchdruckereien deutscher Sprache hat der für sie geschaffene »Duden*, zu gelten. Stellen wir diese Vorschrift nicht klar heraus, so geraten wir in anarchische Zustände unsrer Rechtschreibung hinein. Wir erweisen uns, dem Gewerbe und nicht zuletzt dem ganzen Volke den größten Dienst, wenn wir für eine einheitliche Rechtschreibung der deutschen Sprache nicht nur eintreten, sondern auch im täg lichen Gebrauch danach handeln. Und nun noch eins: Ich wende mich gegen all die gegeißelten Erscheinungen nicht deshalb, um jede eigne Stellungnahme zur Frage der deutschen Rechtschreibung zu unterbinden. Ganz im Gegenteil. Das Für und Wider muß erörtert werden, damit Verbesserungen des als falsch Erkannten vorgenommen werden können. Nein,ich will nur entschieden Verwahrung dagegen einlegen,daß mit unsSchind- luder getrieben wird. Daß wir auf der einen Seite für jeden Fehler verantwortlich gemacht werden, während man auf der andern Seite gar nicht daran denkt, uns gegen Willkür und Eigenbrötelei zu schützen. Denn nebenbei bemerkt, steht die wissenschaftliche Begründung dieser Außenseiter, wenn überhaupt eine gegeben werden kann, auf sehr schwacher Grundlage. Grenzenlose Überhebung, Dünkel, Gedankenlosigkeit, Unkenntnis, mangelnde Einsicht, Gleichgültigkeit, Eigensinn und andres mehr sind die Beweggründe derer, die da glauben, die deutsche Sprache mißbrauchen und vergewaltigen zu können.