DAS SCHIFF BEIBLATT DER TYPOGRAPHISCHEN MITTEILUNGEN'AUGUST 1930 HEFT8 SCHRIFTLEITUNG: ERNST PRECZANG, BERLIN SW61, DREIBUNDSTRASSE 9 VOR DER GEBURT VON WALTER BAUER Deine Stimme ist ganz leise wie ein kleiner Vogelruf, und du sprichst schon zärtlich mit ihm, der noch schweigt. Dein Gesicht ist blaß, dir wird dann jemand den Schweiß von der Stirn wischen. Du sagst: — bald kommt es, noch in dieser Nacht — Jetzt gehörst du mir nicht mehr, helfen kann ich nicht, und ich will jetzt leise gehn, ich muß zur Schicht. Liebe Frau, ich will an dich denken, wenn ich mild vom Wachen meinen Weg zum Werke gehe und wenn dir die fremde Frau hilft, die schweigsam Gute, denk, meine Hand legt die Kissen dir hin und ich tröstete dich — Schweren Herzens geh ich — ach, du, stirb mir nicht, wenn ich stumm vergehe in der Schicht. Du hast gesagt, nun würde er bald kommen, noch heute vielleicht, den wir lang erwarten — unser kleiner Menschensohn — du sagst, du hast Schmerzen — aus deinem Leib wird er kommen, aus der schweren Höhle. Angezündet wird ein neues Licht,— und du bist jetzt ohne mich, ich muß zur Schicht. Die Maschine wird schrein wie immer, ob du so Schrein wirst? Der Hammer wird mederf'allen in meine Erinnerung an dein Leiden. Und in der Pause im Speisraum will ich lesen in deinem Gesicht. Du ungeborner Menschensohn - die Sirene ruft deinem Kommen zu, und mein Leiden wie deiner Mutter Schmerz wird dir sich anhängen. Oh, so schwer war mir mein Sterben nicht, wie dies Warten und Nicht-da-Sein in der Schicht.