Tgpographische Mitteilungen iigpii 1 Zeitschrift des Bildungsverbandes der Deutschen Buchdrucker, Berlin 30. Jahrgang April 1933 Ständige Beilagen Die Entwurfstechnik Der Phototypograph Das Fachschulwesen Der Sprachwart Gesetz und Gestaltung . Von der Formidee zur fertigen Arbeit Die neue Typographie hat im Laufe der letzten Jahre einen gewaltigen Aufschwung genommen; die Auffassung in der Anwendung des typographischen Materials bei der neuen Typographie ist anders als bei der alten Typographie. Die neue Typographie ist heute zu einer Stufe emporgestiegen, die in bezug auf die Gestaltung nach einer genauen Prüfung ihrer gestalterischen Mittel verlangt. Wer sein eigenes Arbeiten beobachtet und überwacht, wird die Erfahrung machen, daß es sich dabei nicht nur um ein freies Strömen gefühlsmäßiger Einfälle und Kräfte handelt, sondern daß es vielmehr auch ein gleichzeitiges Bemühen um gesetzmäßige Formung ist. Denn der Moment des Entstehens einer Formidee ist noch nicht die vollständig entwickelte Arbeit! Die Formidee ist nur der Ausgangspunkt, von dem aus sich die Arbeit gestaltet. Die wirklich letzte Lösung wird auf dem Weg gründlicher, methodisch-gesetzmäßiger Bearbeitung erreicht. Typographische Ausdrucksmöglichkeiten liegen auf optischem Gebiet, weil typographische Gestaltung optische Gestaltung ist im zweidimensionalen Sinn. Selbst dort, wo rein gefühlsmäßig gestaltet wird, bleiben Gesetze wirksam, auch wenn sie unwissentlich befolgt werden. Es ist zu begreifen, daß, sobald eine Gestaltung geschieht, die angewendeten Elemente alle gleichzeitig und in ihrer Eigengesetzlichkeit in Erscheinung treten. Denn genau so, wie die einzelnen Elemente, wenn sie keine Form oder Farbe hätten, überhaupt nicht sichtbar, nicht vorstellbar wären, genau so sind sie undenkbar, ohne daß sie zugleich fetter oder magerer, härter oder weicher, kurz: unterschiedlicher wären. Alles, was fett und schwer ist, trennt sich auch formal am stärksten von einer entgegengesetzten Umgebung. Alles, was verwandter untereinander ist, wirkt verbindend und ineinanderfließend. Die Harmonie einer guten typographischen Arbeit hegt in den geschaffenen und wieder ausgeglichenen Gegensätzen etwa von fett-mager, schwarz-weiß, breit-schmal usw. Nachdem Gegensätze geschaffen sind, muß ein Ausgleich gefunden werden, eine Vermittlung, etwas, das die Gegensätze zu einem Gemeinsamen verbindet. Schon durch das Wort Gegensatz ist gesagt, daß es sich um Dinge handelt, die weit voneinander entfernt sind. Ausgleichsmöglichkeiten liegen immer zwischen den Gegensätzen. Wo die Gegensätze nicht ausgleichend verbunden sind, wirkt jedes einzelne Element isoliert, sich selbst ausdrückend. Allein aus dem Verständnis heraus für diese immer wiederkehrenden Kontrastgesetze, die der jeweiligen Gestaltung gemäß in ihrer Modifikation verschieden sein mögen, kann typographisches Gestalten erfühlt und begriffen werden. Und mit der Erweiterung der Erkenntnis und des Verstehens für diese unpersönlichen Gesetze wächst auch die Freude für gesetzmäßiges Fühlen. Es soll zugegeben werden, daß es durchaus nicht einfach und leicht ist, dieses „Fühlen”, dieses Gefühl zu erarbeiten. Vielleicht gibt es auch Menschen, denen dieses Gefühl gänzlich fehlt, die es sich auch nicht erarbeiten können! Vom typographischen Gestalten aber darf und muß man dieses Gefühl erwarten; denn erst das gesetz- mäßige Fühlen verbürgt ein einwandfreies und gefälliges Inhalt dieses Heftes: Seite97 Gestalten in der Typographie. Gesetz und Gestaltung Seite 105 Karl Gäfgen, Darmsta Beispiele für Büro Vordrucke Wandlungen in der Typographie 109 Abwandlungen der Rechnung 98 Die Funktion in der Typographie 110 Vbwandlungen der Postkarte 99 Neuzeitliches Gestalten 111 Phototypograph 4 100 Die Normung der Bürovordrucke 115 Fachschulwesen 4 101 Bürovordrucke 116 Ortsgruppenberichte 102 Entwurfstechnik 4 117 Bücherbesprechungen 104 Wohin steuern wir? A nzeigen