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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.03.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930324015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893032401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893032401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-24
- Monat1893-03
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BezugS-PreiS ß, der Hemptexpeditton oder dt» km Stadt« bezirk uad den Vororten errichteten Aos- ^bestellen abgeholt: viertel jährlich ^»450. bei pvelmaltaee täglicher Zustellung in» j asl » öPÜ. Durch di« Post bezogen für Tcutschland uad Oesterreich: viert«l,ädrlich 6.—. Direkte täglich« Krenzbandsenduug in» Lailaad: monatlich S—., LieMorgm-AaSgab« erscheint täglich '/,7Uhr> die Adend-Autgab« Wochentag» L Uhr. Lrdartiou «v- LrvedMo«: J«hanne»»affr 8. Morgen-Ausgabe. ananterbrvchen 8 b«»'«b»d« 1 Uhr. Die Lrveditioa i geöffnet Filiale«: ttt« Klemm » Eortt«. (Ulfreß Haha). UniversitSUstrab« I» LoniS Lösche, Slltdarinenstr. 14. part. und KSnig»platz 7. 'nmigerTagtblatt Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschüftsverkehr. Auzeigeu-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter dem Redactionrstrich (4 ge spalten) bv-j, vor den Familiennachrichten <k gespalten) 40-z. Größer» Schriften laut unserem Preis verzeichnis Tabellarischer und Ztffrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen lgesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Poslbeförderung SO—, mit Postbesürderung 70.—. Annalfmeschluß für Anzeigen: Lbead-Ausgab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Lutgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Vet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Bnzrtie« sind stet» an di» Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Pol, in Leipzig. ^151. Freitag den 24. März 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Vermielhungen. In den nachgenannten, der Stadtgemeinde gehörigen Grund- smcken sind folgende Miethräum« gegen viertel, bez. halbjährig» Kündigung anderweit zu vermiethen: I) Markt Nr. 1 — NathhanS — Brrkaustgewölb« Rr. S3 am Raschmarkt, 8) «aschmarkt Nr. 4 — Alte Börse — eine «btheilung des Gewölbe- Rr. Ill, 3) Mrtmmaische Straße Nr. 1 »in« kleine Wohnung in der IV. Stage, 4) Kupsrrgätzchen Nr. 1 — ehemal. Kramerhau» — eine Sellerabthetlung, bl Untversttät-ftraße Nr. 80 eine Kellerabtheilung. s> Brühl Nr. »0 — Sonnenmeifer — Niederiaasränm», 7) Ehemal. «achhau» an »er Frankfurter Bracke, 8) «rmetndeamtSftratzr Nr. L in Veipztg-Lindenau: n. Niedertaq»räum» im Parterre link», d. eine kleine Wohnung in der ll. Etage, 9) »hemal. «rmrnhan« in Leipzig - Lößnig eine kleine Wohnung, 10) Marschaklstratze Nr. 8 — FenrrMehrdepot — in veipxig- Nrndnitz eine klein« Hofwohnung in der IV. Etage, » II) iklarastratze 10 — ehrmal. Memrindeamt — in Leipztg- Ncuschonefcld fünf Kellerabtheilungen. E« sind die Räum» unter 1, 2 und 5 vom 1. k. M., diejenigen min 11 vom 1. Juli und diejenigen unter 7 vom 1. Oktober d. I. ob und alle übrigen sofort zu vermiethen. Mietdgesuch« werden auf dem Nachhause, I. Etage, Zimmer Nr. 8 enigegeugenommen. Leipzig, de» SO. März 1898. Der Rath der Stadt Leipzig. De. Georgi. Krumbtegrl. DaSbach, von antireligiösen Agitatoren schon vielfach abge löst: Windthorst zeugte FuSangel, FuSangcl zeugte Schröder und Bunte. Unter der bäuerlichen Bevölkerung gebt es langsamer, aber es wird — unter der Masse wenigstens — auch geben, wenn man der Demagogie, mag sie in welchem Gewände immer auftreten, nicht mit ehrlicher Entschiedenheit absagt. Hierin liegt die Lehre der Wahl in ArnSbrrg-Olpe. Für die nächste Leit kann die Niederlage deS Centrums die Folge haben, daß die einer Verständigung über die Militairvorlag« geneigten Mitglieder der Partei mit ihrer wahren Willens- meinung hervorlreten. Man hatte sich dem Terrorismus Lieber's gefügt, weil man von seinem Einfluß die Erhaltung deS parlamentarischen Besitzstandes im Westen erhoffte. Der redselige Herr hat erfahren, daß er ohnmächtig ist. Er wurde in Arn-berg-Olp« geradezu verhöhnt. Damit ist für die gemäßigten Elemente im Eentrum die ActionSfre.heit zurück- gewonncn. Ob sie dieselbe zu gebrauchen sich getrauen, bleibt adzuwarten. Gesucht wird brr «m 9. Juli 1848 zu Merseburg geboren» Schleis» Hermann Hugo Wolfs. Micher zur Fürsorge für seine Familie „zuhaltra ist- Leipzig, de» 18. März 1893. Oer Rath der Stadt Leipzig. Armenamt, Abth. II. L. V, 739. Hentschel.Frk«, Fe der Nacht vom 6. zum 7. März 1893 sind aus der Kirche zu tmnlitz folgend« Gegenstände: 1. zwei Blumenvasen au< Zinn, 2. rin größerer Kelch von Silber oder stark versilbert. Derselbe trägt auf der Plattform bezw. Plattleite de» Fuße« das Bild de- gekreuzigten Ehristu» in erhabener Form, ferner die Inschrist: .Airvks »u Lrmlitr-Kitbooo" — 1853; 3. ein kleinerer Kelch von Britannia-Metall; — beide Kelch« haben ein abgenutztes Aussehen —; 4. zwei Kannen mit Silber überzogen, wovon die kleiner« mit einem Deckel, aus dem sich ein kleine« vergoldete« Kreuz befindet, versehen ist: ü. zwei steine Metallteller — Paten» — gestohlen. S« wird um Mittheilung zu den «cten I. VI f. 184 93 gebeten, wenn die Gegenstände gesehen oder zum Kaufe angebolen find. Hall« a,S.» den SO. März 1883. Der Erste Staatsanwalt. Fusangel. N. Nun hat auch da« Eentrum sein Arnswalde- smedeberg. Es hat den Wahlkreis Mallinckrodt« und Reichensperger'S an einen au« seinen Reihen logisch Fort entwickelten verloren und zwar mit beschämender Minderheit Der vergleich paßt vollständig. Hier wie dort siegte der Radikalere über den Radikalen. Die Conservativen wühlten antisemitische« Wasser auf, um r« auf ihre Mühle zu treiben, e« brachte die antisemitische in Bewegung. Und da« Eentrum ließ gerade Herrn FuSangel, diesen TnxuS de« klerikalen Demagogen, Jahrzehnte hindurch °:>t innigem Behagen grundstürzende Agitation treiben, ja e« unterstützte ihn in seinem Treiben, bi« endlich tie Wähler wurden, wozu die CcntrumSpartei sie machen ließ: radikal. ES ist plumpe Heuchelei, wenn die Eentrum» grüßen, die in Olpe-Meschede agilsten — wollten letzt auf einmal finden, „dieser FuSangel" sei ein .konfessioneller Störenfried". Da- war er schon vor zwanzig Jahren, al« er in Würzburg in einer nicht einmal von vr. Sigl erreichten Weise gegen den Protestan liSmuS und da« Reich hetzte. Und nicht nur gegen da« Reich, auch gegen Preußen. Herr FuSangel ist der oft citirte Mann der in den siebziger Jahren — auf bayerischem Boden — dcn Satz niederschrieb, „rin Rheinländer, der preußisch gesinnt sei, sei gerade so charakterlos, wie ein Pole, der russisch werden oder bleiben wolle." Und Herr FuSangel ist rin Rheinländer. Da« war dem Eentrum bekannt, und e» gefiel dem Eentrum. Auch da» Centrum begte den Wahn, dem die Drahtzieher der Demagogie so leicht verfallen, daß man gegen t i e Autorität de« Staate« straflos wüthen könne. Dir Belehrung ist bitter. Katholischen Priestern wurden von den Bauern Katzen mufiken gebracht, weil jene für den EentrumScandidato, Böse ringetretru waren. WaS da« bei einer streng katho lischen Bevölkerung besagen will, vermag nur der Kenner katholischen Leben« nnd der westlichen EentrumSdiSeiplin ganz zu würdigen. Es ist geradezu ein revolutionairer Act und nicht im Entferntesten zu vergleichen mit dem Haber seit treiben in Obrrbayrrn. da« gelegentlich einmal einen Pfarrer hermsucht. Die Kirche al« solche bat sich biSbrr freilich mit radikalen Demokraten gut abgrsuudrn, häufig besser al« mit jeder anderen politischen Richtung. Nun ist aber die Socialdemokratie al« eine wtitere Fortbildungsschule biuzugekommr», nnd im Bochumrr Bezirk ist der ultramon tane Demokrat FuSangel, wie im Saargebirt der Eaplao Deutsches Reich. 6.8. Vrrltn, 23.März. Mit dem lebhaftesten Eifer be treiben die Socialveiiivkralen schon die Wahlagitation ist die möglicher Weise bald kommenden ReichStagSwahl«». Die Ernennung von Eanbidaten ist im vollen Luge; die Social- demokratie will diesmal für alle 397 Wahlbezirke Eanbidaten bestimmen, natürlich bandelt cS sich bei der weitaus größeren Mehrzahl der Wahlkreise nur um Zählcandidaleu. Eine ganze Anzahl Eonserenzen für einzelne Wahlkreis«, welche in den nächsten Tagen staltfinden sollten, ist abgesagt worden, weil di« Leiter brr Wahlbewegung der Meinung sind, daß nach der Auslösung de« Neich«tageS doch sofort behufs Betreibung der Wahlagitation eine Eonferenz angesetzl, werden müsse. Die Einiheilung der einzelnen osficiellen Wahlkreise in kleinere Unteradiheilungen ist in der letzten Zeit wesentlich gefördert worben. Zn der vorgestern statt gehabten Sitzung deS WahlvereinS für den 9. Berliner ReichStagSwahlkreiS gab -in „Genosse" kund, daß angesichts der nahen Reichstagsauflösung auch der 3. Wahlkreis in Bezirke eingetheilt sei. Das letzte Mal candidirle bekannt lich hier mit den allergrößten Chancen der vielgenannte Genosse Wildbergrr. Die Socialdemokratie tragt sich, bezüglich des AussaUS der nächsten ReichötagSwahlen, mit stolzen Hoffnungen. Die Parteileilung glaubt weniger aus eine besonders starke Vermehrung der Mandate als aus eine gewaltige Zunahme der Stimmen rechnen zu können. Än Volksversammlungen haben ja Agitatoren untergeordneter Bedeutung davon gefabelt, daß drei Millionen socialdemokratischer Stimmen würden abgegeben werden. Die jetzigen socialdemokratischen Abge ordneten dürften wohl alle, mit Ausnahme des Herrn Heine, dem die „Genossen" aus verschiedenen Gründen nicht grün sind, wieder candibiren; „Genosse" Regierungsbaumcister Keßler, von dem die Parteileitung lange nicht« wissen wollte, ist jetzt in Gnaden ausgenommen, seitdem er jede Opposition ausgegrbcn und Bebel, Liebknecht, Singer, Aner als dir voll kommensten Führer aiierkannt hat. Der Reichstag könnte eventuell in die Lage kommen, den Herrn Keßler als Mitglied begrüßen zu können. Auch der „ Genosse Geiser, der Schwiegersohn des Herrn Liebknecht, dürfte, nachdem der Bann von ihm genommen, wieder im Wettbewerb um ein Mandat auftreten. Freilich das sichere Chemnitz, das jetzt der „Genosse" Schippet ver tritt oder auch nicht vertritt, da er augenblicklich im Ge- sängniß sitzt, dürste Herr» Geiser nicht zurückrusen, da die Chemnitzer Socialdeinokraten seiner Leit mit der Vertretung Geiser« sehr unzufrieden waren. Außer um Berlin II und III (Virchow und Munckel) dürfte um daS fortschrittliche Breslauer Mandat (Vellrath), um mehrere Sitze im Königreich Sachsen, in Schle-wig-Holstein, Pommern (Stettin), Hannover, in der Rheinprovinz, in Bayer» (Würzburg), Württemberg (Stuttgart) der socialbemoklatischeKampf sehr zcharfentbreiinc». Geld hat die Socialdemokratie genug, und die Berliner Arbeiter ditdungSschule hat ein Heer von Agitatoren großgezogen Volle ÄclionSsreiheit hat die Socialdcnivkralie ebenfalls; und die antisocialdcmokratijchcn Parteien müssen, wolle» sie dein socialdemokratischen Ansturm gegenüber gewappnet sein, alle Kräfte zusainmeniiehmen und eine unermüdliche Agitation entfalten; denn sonst könnte da» rothe Banner über Wahl kreisen wehen, die bisher durch patriotische, staatScrhaltende Männer vertreten waren. * Berlin, 23. März. Au« den Erörterungen der Blätter über di« gestrige Reichstag «sitzung sei im Folgenden Einige« wiedergegeben. Die nationalliberale „National Leitung" schreibt: „Luch Herr von Manteusfek, unter dessen Präsidium der TIvoli-Parietlag die Wahl Ahlwardt'« bejubelt hatte, fand gestern kräftige Wort« zur verurlheilung desselben; aber Herr Stückei inetntk, „ein Körnchen" Wahrheit könne doch in dcn An schuldigungen sein — womit natürlich da- Stichwort siir die weiter« Behandlung der Sache in Volk»- und Wähler- Versammlungen gegeben ist. Wir messen Reden, wie die gestrige de« Herrn von Monteufsel, nicht die geringste Be deutung bei, so lang« da« thatsächllche verhaltet seiner Partei und deren Presse der Red« de« Herrn Llücker entspricht. Die Vesetitaung von Uebrlsländen in Handel »ad Wandel, die man aus dieser Seite vornehmlich den Juden Schuld gtcdt, erstreben auch die Liberale», wenigsten« unsere Gesliiiiuna-genosjen, wahrend sie im Sinn« der jüngst in Hannover gefaßten Beichlüsse der antisemitischen Hetzerei, wie den «»griffen auf die verfassung-mäßigen Recht« der Deutschen jüdischen Glauben« unbedingt rvigegenlrelen. Aber e» mnß immer wtedee betont werden, daß die Frage nur Borwonb und Agitation-mittel für die Elemente ist, welch« Figuren wie AHIwardl an nicht einmal unsichtbaren Drähten in Bewegung setzen. Wir habe» aus die Aehulichkeit mit einem scandalöieu Treibe» >» der zweiten Hälfte der siebziger Jahre hin- gewiesen, wo e«, wie gegenwärtig, galt, die Regierung und die leiienden volktciasi«, einzuschüchteln. Aber wie n,cht«nutzig da« damalige Ge- bahren in der „Reich«glocke" und in den von dem Fürsten Bi«- marck gebranbmartiea „«era-Lritteln" der „Kreuzzig." auch war — «» blieb an Gefährlichkeit htnter dem heutig«» doch s weit zurück, wie das damalige Maß der Aufwühlung der unteren Classen hinter dem jetzigen. Ganz ander« >esährliche Jnstincir sind in diesen seitdem entstanden und haben sie größte Verbreitung gefunden; ganz ander«, als bis 1873 oder 1877, haben diese Massen sich inzwischen des allgemeinen gleichen Wahlrechts bemächtigt. Ein Berlreier der Militairverwallung erwähnte jüngst im Reichstag ausreizciider Flugblätter, die neuerding- vielfach in den Lasern»» gesunden worden. Alle derartigen Agitationen, sie mögen socialdemokratisch, anarchisliich mit oder ohne specieve Ahlwardt-Färbung sei», ziehen ihre Kraft aus der nämliche» Gährnng, in welche tieie Schichten der Bevölkerung durch die Predigt von der angeblichen Fäulniß de« Staate« und der Gesellschast versetzt werden. Man kann nicht eine Abart diesir Agitationen erfolgreich bekämpfen, wenn man eine andere fördert. Das schadenfrohe Lächeln, womit jetzt Mancher dem Treibe» der Ahlwardt und Genossen zuschaut, ist verzweifelt ähnlich der Schadenfreude, mit der vor hundert Jahre» in Frankreich bald die eine »nd bald die andere politisch- ociale Gruppe ihre Gegner untergehen sah: das schadenfrohe Lächeln erstarb ihnen alles,»nint — aus der Guillotine. I» Deutsch land ist eS noch Zeit, einem ähnlichen Gange der Dinge vorzu beugen, aber zu früh ist e« nicht dazu." Die hochconservative „Kreuzzeitung", in welcher der lieichStagSabgeorbnele Ahlwardt seinen hcrvorragenv- ten Patben zu verehren hat, bemerkt: „Wir finde» da« Auftreten AHIwardl'« beispiellos und un- rhört und nehmen nicht den mindesten Anstand, ihn de» „schlimmsten Verleumdern" zuzuzählcn. Ahlwardt hat erklärt, daß er bereit sei, 11 Actenstücke aus de» Tisch des Hause« nieder- jUlegen, welche darthun solle», daß bei der Verwaltung Le« Reichs- Znoaldeniond« sich Dinge zugclrage» hätten, durch welche da« deutjche Volk um Hunderte von Millionen betrogen worden sei. So lange er diese Zusage nicht «inzulösen vermag, ist er, da« wiederholen wir, ai« ein Verleumder der schlimmsten Art anzusehen und zu behandeln." Die deutsch-sreislnnige „Bossische Zeitung" schreibt: „So lange der Reichstag sieht, sind derlei Bezichtigungen unerhört. Wa« Wunder, daß selbst der conscrvative» Partei bei dem Gcbahren de« ManneS ihrer Wahl unbehaglich und schwül wurde! Man konnte sich nicht verhehlen, daß eine scandallüsterne Menge gierig jede Berdächiigung al- Wahrheit aufnehmen und weiter tragen, daß das Au«land und zumal Frankreich schaden roh nach den Ufern der Spree blicken werde, da die vielgepriesene catonisch« Sittenstrenge de« preußischen und des ReichSbeamtenihuinI nunmehr in düsterstem Lichte und neben Herrn Miguel vielleicht noch Herr Baihaut al« ein Ehrenmann erscheine. Herr Ahlwardt bat sich als „Slaatsrelter" bezeichnet, al« Priester der Wahrheit, der reinen Wahrheit. Wenn er vor Gericht ai« gewerbsmäßiger Ehrabschneider gekennzeichnet und verurtheilt wurde, dann soll das ein uvn piu, ultra von SicchtSpslege sein. Einstweilen aber ist der Reichstag in die Ferien gegangen, und Herr Ahlwardt steht nicht als Herkules La. der den Augiasstall gesäubert hätte. Die Rolle, die er gestern spielelte, war kläglich oder komisch, und diefFührer der Parteien waren nur im Zweifel, ob sie ihn mehr verdammen oder bemitleiden sollten." Der socialdemokratische „Vorwärts" bemerkt: „Herr Ahlwardt Halle den Reichstag mit einer Antisemiten Versammlung verwechselt; er hat geglaubt, daß er auch hier mit unbewiesenen Behauptungen und hohlen Anschuldigungen so operircn könne, wie vor seinen politischen Freunden. Dieser falsche Glaube, verbunden milß einem trostlosen Mangel an Selbstachtung und politiicher Einsicht, hat den lorbeer- bekränzte» Heros der Antiiemitenversammlungen heute im Reichtttag in eine Rolle gebracht, wie sie so erbärmlich noch kein Abgeordneter eines Parlaments je gespielt hat." Berlin, 23. März. (Telegramm.) Die „Nord deptsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht einen Epilog zu den gestrigen ReichStagSdeöatten, in welchem sie Ahlwardt energisch verurtbrilt. «> Berlin, 23. März. (Telegramm.) Heute fand im EultuS mini steriu in unter dem Vorsitz de» Director« der Mcticinalabthcilung 8r. Bartsch eine Eonferenz von Ver tretcrn der l-etheiligten Ministerien statt, um Maßregeln für den WiederauSbruch der Cholera zu berathe» und in« besondere Grundsätze für die Bestreitung der zur Abwehr der Seuche etwa erwachsenden Kosten zu vereinbaren. V. Berlin, 23. März. (Telegramm.) Dem „Reichs anzeiger" zufolge werden die von der hiesigen Slernivarte regulirten Normaluhren am Nachmittag des 3l. März zwi scheu 4 und 7 Ukr auf die mitteleuropäische Zeit gebracht daS heißt um 6 Minuten 25 Secunden verstellt werden. — Im Hinblick aus die bekannten Vorgänge i»i Reichs tage bringt die „Nat.-Ztg." über die Entstebung und tie Bedeutung des ZnvalidensondS Folgendes in Eriniierling: „Er wurde iin Jahre 1873 au» der französischen Krieg« ent- schädlgung gebildet. Ter Krieg hatte eine große Mililair- Peusionslast geschaffen; es fragte sich, ob man die zahlreichen Pensionen der in dcn Jahren 1870 und 1871 invalide ge. wordenen Oisiciere »nd Soldaten aus den gewöhnlichen Pension«, »tat übernehmen soll!», jo daß sie au» de» lausende» Einnahmen de« Reiche« zu bestreiten waren, oder ob behui« Entlastung dieser ein besonderer Fonds gebildet werden sollte. Indem man sich mit Recht für da« Letztere und siir die Dotiriiiig de» Fond« au» de» KriegSentichadigungs-Milliardeii entschied, konnte e« sich selbstverständlich nur darum haiidei», ihn so hoch z» noriniren, wie der Zweck es erforderte, d. h. so hoch, daß er bis zum Lode de« letzten Krieg«invaUd«i> auSreicht. E« wurde daher berechnet, welche Summe zur Deckung de« Bedarf» ersorderlich sei, wenn außer de» Zinsen Le« Fond« allmälig auch das Capital für die Pensionszahlungen verwendet würde. Te»i- gemäß ward der Invalide,isond« mit 187 Millionen Thaler oder 561 Millionen Mark dolirt. Wie sich später heransstellte, war die Rechnung insofern nicht ganz zutreffend, als auch ein ge- ringer»« Eapiial au-gerricht hätte; der Ueberichuß, welcher sich somit ergtebt, macht es erfreulicher Weile möglich, die Pensionen der Krieg»»nvalid«n eben jetzt einigermaßen zu erhöhen. Rach der von der Verwaltung de« InvatlLenioiio« für dcn 30. Juni I89l ausacsiellien Btlanzberechnung ergab sich ein Activbesiand vo» 483084 078 .s<, während sich der Enpitalwerih der gcgenüberilcdenden Verbindlichkeiten einichlteßlich der Verwaltung»?«?»«» aus 348 115 704 Marl beziffert», so daß die Aclivmasse de« Fond« anschlaa«mäßig den Caoitolwerth der Verbindlichkeiten um 116 068 374 Vlt über stieg. Seither hat sich dieier, zur Sicherstellung der aus den Fond« angewiesenen Ausgaben entbebrliche Ueberschuß noch erheblich erhöbt Soweit in den conjuiea Aeußerungcn des Herr» Ahlwardt ein greis, barer Inhalt zu finden Ist, scheint dies» Zierde de« deutschen Paria- ment« der Meinung zu sein, man hatte I87l den Invalidrnsonds so hoch dotiren müssen, daß die Zinsen allein ichon zur Zahlung der Pensionen ausgereicht hätten und das Reich somit im Besitz de« Lapitals geblieben wäre. Schwerlich versieht Herr Ahlwardt aus- zurechncn, wie doch das letztere hätte sein müssen, um lediglich durch Zinsen Verpflichtungen zu decken, zu deren Erfüllung bei der siae»gc!ic>d>,i, Normirung de« Fond« außer den Zinsen desselben noch eine allmältge Capital-Auszehrung in Höhe von 400 Millionen Mark sich nothwendig erwiese» hat. Der Gedanke des Herrn Ahlwardt — falls man in diesem Falle von einem olchen überhaupt spreche» kann — ist aber vollkommen unsinnig. Der Rest der Kriegsentschädigung nach der Deckung der Kriege- und Rrlabliss«ment«-Koslen, der Füllung de« Festung«-, des Reiche- tagsbau-Fond«, de« Krieg-schatze« re. ist s. Z. zur Schulde» tilguiig verwendet worden. Hätte man im Reichsinvalidenionds nach der Insinuation de« Herr» Ahlwardt, resp. seiner Einbläser, ein ungeheueres, für den Zweck de« Fonds entbehrliche« Capital aufgchäust, so wäre» entsprechend weniger Schulden getilgt worden. Erwägt man außerdem, daß allein im Reiche seit 1876 ungefähr 1600 Millionen Mark neuer Schulden entstanden sind, so braucht Wetter kein Wort über jene« fiiianzpolitische Geschwätz verloren zu werden: die Schuldenlast de» Reiche« und der Einzelslaaten wäre jetzt um die Summe höher, welche man 1873 unnöthiger Weise dem Jnvalideiisond« überwiesen hätte, d. h. di« Finanzlage wäre enau dieselbe wie jetzt." — Der „Danz. Ltg." wird die Mittheilung, daß Minister Miguel bei den Verhandlungen mit Rußland die Herab- etzung deS Zoll« aus Roggen und Hafer ausschließen wollte, von zuverlässiger Seite al« unrichtig bezeichnet. — Der Verein für Socialpolitik wird nach der Köln. Ltg." auf die Tagesordnung seiner nächsten Haupt versammlung die Frage der gewerblichen Eartele setzen. — Di« Mittheilung, der socialdemokratische Abg. Singer habe wegen nervöser Ueberreizung eine Heilanstalt aussuchen müssen, wird dementirt. — lieber eine von social dem akratischer Seite beab- chtiate Ueberwachung der Gewerberichter berichtet die „Freist Ltg": „Die Beisitzer zu den neuen Gewerbegerichten in Berlin au» der Classe der Arbeitnehmer sind bekanntlich aus den Vorschlag der ocialdemokratijchen Streikcontrol-Commission in Berlin gewählt vorden. Diese Lommission hat, nach der „Gewerkvereins-Corre- pondenj", beschlossen, zur Controle der Gewerberichter eine Ueber- wachtin gl com Mission zu bilden, die zu controliren hat, ob sich die Besitzer in ihren Abstimmungen auch einzig von social- demokratischen Gesichtlpuncten leiten lassen. Da- Richter- amt darf nur im socialdeniokratischem Sinne auSgeübt werden; Recht soll zwar Recht bleiben, aber nur insoweit, al« nicht dadurch gegen die socialdemokratische Weltanschauung der ""äht«r »«rftohen wird!" * Hamburg« 23. März. Die „Hamb. Nachr." beschäftigen sich wiederum mit der Frage der SteichltagSauslösung. In dem Artikel heißt e«: „unserer Ansicht nach würde der Wahlkampf, wenn er jetzt einträte, zweifellos zu einer Niederlage der Re gierung führen, nach der wir allerdings nicht sicher wären, innerhalb welcher Schranken die Erbitterung hierüber ihren Au«druck suchen und weiche Folgen das haben würde. Unserer Auffassung nach kann die Regierung aus dem Boden der vorhandenen staatsrechtlichen Tradi tionen sich weit leichter mit der Ablehnung der jetzigen Vorlage durch den etzigen Reichstag abfindcn als mit einer zweiten Niederlage )urch den neugewählten Reichstag. Letztere wäre aber zewtß. Die« wird sofort klar, wenn man bedenkt, daß schon im etzigen Reichstage, der nach allgemeinem Dafürhalten der Militair- vorlage günstiger ist, al« sein Nachfolger ,« sein würde, die Zahl der Freunde der Vorlage eine sehr geringe ist. Sie beschränkt sich in der Hauptsache aus die Conservativen, die aber wegen der Be- denken, die ihnen die zweijährige Dienstzeit «inslößt, nur wider willig dem General Laprivi Heeretsolgc leisten. All« übrigen größeren Parteien sind Gegner der Vorlage; selbst von den Nationalliberalen glauben wir nicht, daß sie sich in ihrem betreffenden Lbeile schließlich zu mehr al- platonischer Hin gabe an di« Vorlage bereit finde» lassen würden. In dem nach Auslösung de« jetzigen neu zu wählenden Reichstage« würden di« Au-sicht«« drr Borlage nothwendig aber noch geringer sein müssen. Wir nehmen an, daß die Kosten der Wahl- bewegunq di« gemäßigten Element« der Mitt« zu tragen haben würden, und glauben, vielleicht mit Ausnahme einiger eingeschüchterter Grenzdistrictc, an eine starke Vermeh rung der oppositionellen Fraktionen. Dies um so mehr, als wir nach den bisherigen Erfahrungen nicht die Uebcrzcugung haben, daß di« Regierung über Kräfte verfügt, die ausreichcn wür den, um in einer so stürmischen Wahlbewegung, wie die bevor stehende et sein würde, da« Steuer de« Regierung«schisscs allen Stürmen und Wellen zum Trotz sicher in den Hasen zu führen. Unter diesen Umständen halten wir es für eine Pflicht der Regierung, sich jeder Empfindlichkeit über da» Scheitern der Militairvorlagc zu enthalten. Ein Nachtheil entsteht in keiner.Weist, wenn das Zustandekommen der Vorlage für letzt nicht forcirt wird, während nicht abzusehen ist, wie groß der Schaden für unser poli tisches Leben und für die Entwickelung der Zukunst sein würde, wenn eS jetzt zur Auslösung kommt. Dem gegenüber sollte e« für ein« Regierung, die sich ihrer Verantwortlichkeit bewußt ist, kaum einen Zweifel darüber geben, wie sie ihre Ent scheidung zu treffen hat, und deshalb glauben wir trotz oller enigegeitstehenden psychologischen Gründe und Momente nicht, daß es d«r Regierung ernst ist mit ihren Auslösung-absichten, sonder» daß die Ankündigung derselben die Annahme der Militairvor nur de» Zweck hat, in elster Stunde Zweck, wie wir erwarten, nicht erreicht, so hoffen wir, daß sich die Regierung mit dem tust acoompli in angemessener Weise obzufindeu und dcn Weg der Modifikation der Vorlage, der allein ge- sahrlot ist, einzuschlagen wissen wird." * Bom Nhri», 22. März. Als in gleicher Richtung mit der bereits nolgetheilten Erklärung de« Freiherrn von Hsiicnc für den schlesischen Bauernverein cilirt die „Köln. VolkSrtg." einen Artikel de« „Rheinischen Bauer", de« Organs dcö „Rheinischen Bauern-VereinS", worin eS beißt: „Wir halten eS für sehr richtig, daß die Vertreter der Baiieru- vercineau» Rheinland, Westfalen und Schlesien, welche in Berlin anwesend waren, sich von der in Rede stehenden Bewegung fern gehalten haben. Aber auch die Form, in der man weiter gehen will, halten wir nicht für zweckmäßig. Der „Bund der Landwirthe", den man in der Tivoli-Versammlung ße- arlindet bat, soll alle deutschen Landwirthe in diese eine Vereinigung zusammensassen. DaS wird ersten« nicht ge lingen. Die Herren Freiherr v. Hornstein an« Baden und Bürgermeister Mooren au« der Rheinprovinz, welche man in den Vorstand wählte, baden bereit« abgelehnt und die Zurückhaltung der Bauern-Bereine wird zweifellos fortbestehea. Die beabsichtigte Centralistrung wäre aber zweiten» auch unzweckmäßig. WaS wir daher für wünschenSwertb halten, >st, daß in einzelnen, namentlich den wichtigeren die Landwirtbschaft berührenden Fragen Verhandlungen zwischen den ver schiedenen Vereinen und womöglich Verständigungen statt finden, welche ein cvnccntrischeS, einmüIhigeS Vorgehen der Gesetzarbnng gegenüber ermöglichen. So viel über diese agrarische Bewegung und den aus ihr brrvoraegangenen „Bund der Landwirthe", dessen weitere Entwiaetung wir einstweilen in Ruhr abwartea wollen."
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