„Wie kann ich das?!“, braust der Bruder auf. „Du ver gißt, daß ich Offizier bin, daß ich Stabsarzt bin! Ich darf mich niemals mit der Industrie in Geschäfte einlassen.“ „Dann schlage dem Staat vor, daß er dir eine Serum fabrik errichten soll. Der muß ein Interesse an dem medi zinischen Fortschritt haben, den deine Entdeckung her beiführt.“ „Der Staat hätte vielleicht ein Interesse an einer Er findung, die fix und fertig vorliegt. Wenn ich ihm haar genau beweisen könnte“, wägt Behring seine Worte ab, „daß ich mit so und so viel Kubikzentimeter meiner Sera jeden diphtherie- oder jeden tetanuskranken Menschen bestimmt heilen kann, dann wird er möglicherweise einen solchen Vorschlag in Erwägung ziehen. Doch daran fehlt noch zweierlei.“ „Den einen Mangel hat mir Wernicke eben ausein andergesetzt. Und was fehlt außerdem?“ will die Schwe ster wissen. „Die Zuversicht...“ „Die Zu-ver-sicht?!“ — Emma Behring erschrickt aufs höchste. „Jawohl, die Zuversicht. Das heißt: die absolute Gewiß heit, daß meine Blutserum-Therapie in jedem Fall gegen Diphtherie und gegen Tetanus beim Menschen hilft. Auf diese große Bewährung allein kommt es an." Behring be tont jede Silbe, als er den Satz ausspricht. Die Schwester forscht in seinem Gesicht. Sie will etwas fragen, sie findet die rechte Wendung nicht. Sie fühlt, daß sie den Bruder im Augenblick weniger denn je durch einen falschen Zungenschlag verletzen darf. Da kommt er ihr zuvor: „Damit du mich recht verstehst, Emma: Inner lich habe ich die Zuversicht und bin von der Gewißheit überzeugt, voll und ganz. Ich kann sie nur nicht jedem objektiv beweisen.“ Emma Behring atmet hörbar auf. — „Und was soll fortan geschehen?“, fragt sie gespannt. „Was bis jetzt geschehen ist: wir werden weiter arbeiten“, antwortet der Gefragte ohne Pathos. „Wir werden geduldig und planvoll Versuch an Versuch reihen, vielleicht einige hundert, vielleicht tausende, bis wir wissen: es ist geschafft.“