Zur Methodologie der Wirtschaftsgeschichte 535 Schluß zog, der Handel könne z. B. in der Karolingerzeit deshalb nur ganz unbedeutend gewesen sein, ist durchaus zu verwerfen. Naturgemäß müssen in Heiligenleben und Märtyrerakten, sowie auch in den von Geistlichen oder Mönchen geschriebenen Kloster annalen solche Nachrichten äußerst dürftig sein. Wenn wir aber demgegenüber in den Kapitularien ganz allgemein gehaltene Be stimmungen wider unrechtmäßige Ausnützung der Zollfreiheit seitens der Pilger und zum Hofe reisender Beamter oder gegen den Nachthandel, sowie den Handel mit Gaufremden finden, so werden wir solchen generellen Verboten eine umfassende Bedeu tung zuerkennen dürfen und daraus den Schluß ziehen, daß der Handel doch nicht so gering gewesen sein könne, da derartige ge setzliche Bestimmungen nur auf Grund eines allgemeinen Bedürf nisses verständlich werden. Wenn wir überdies auf Reichstagen (Frankfurt 794 und Nym- wegen 806) ebenso allgemein gehaltene Verbote gegen den Getreide- und Weinwucher erlassen sehen und hören, daß die Händler die Früchte bereits auf dem Halme zusammenkauften, um nachher bei kärglicher Ernte die Preise willkürlich steigern zu können, so eröffnet auch ein einziges von solchen Quellenzeugnissen, ich möchte sagen, geradezu flächenartige Beleuchtung und erscheint mir wenigstens viel wirksamer als eine doch nur ganz hinkende Statistik. Es wird m. E. hier ganz klar: diese Quellen dürfen nicht bloß gezählt, sondern müssen auch gewogen werden! So wertvoll die statistische Methode für die spätere Zeit des Mittelalters und ganz besonders für die Neuzeit unzweifelhaft ist, so versagt sie durchaus für die ältere Periode; denn für diese fehlen nicht nur die Quellen, um ihrer Zahl nach ein genügendes Substrat gewinnen zu können, es ist auch deren spezifischer Charakter viel fach gar nicht danach angetan, daraus statistische Behelfe abzu leiten. Der Statistiker v. Inama-Sternegg hat für die Karo lingerzeit die statistische Methode anwenden wollen und damit viel Beifall geerntet. Jedoch muß nachdrücklich betont werden, daß seine Zusammenstellungen völlig unbrauchbar sind, da hierbei gar nicht auf die Eigenart der benützten Quellen geachtet wurde. Aus Urbaren und Traditionsbüchern können wir überhaupt keine „Preise“ gewinnen, weil die grundlegende nationalökonomische Vor aussetzung hier gar nicht gegeben ist, daß die in solchen Quellen