Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190403137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19040313
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040313
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-13
- Monat1904-03
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1904
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ArtzaM»» und Erpedttio«: Johanntlgafse S. Fernsprecher 1v» u. M. Atlt«lerprdttt»nen: LIfrrd Hah », vuchbandlg.. Uatverfitütsstr. 8 (Frrnspr. Nr. 4046), L. Lüsche, Katharinen straße 14 (Fernsprecher Nr. R3Ü> n. KSntgS- Platz^k (Fernsprecher Nr. 7K0V). H««pt-FUi»le Lrr-dev: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Hgüpt-Ftliale Verlt«: LarlDuncker, Herzgl.Vayr.Hofbuchbandla., Lützowstraß« 10(FernjprechrrAmtV1 Nr.46O») Nr. 132. WMrrIllgMaü Anzeiger. Amtsblatt des ÄSuigkichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rokizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-yreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen »ntrr dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 7b >4, nach den Famiiiennach- richten (8 gespalten) bO sß. Tabellarischer and Ziffernlatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen ttltd Offertenaunahm» üb -H. Extrn-Vetlage« (gefolgt), »»r mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbefbrderang ^ü SO.—, mit Poftdefdrderung 70t—> «nunhmeschlutz für Anzeige«: Abrnd-AuSgab«: vormittag« 10 U^. Morgtu-Au-gab«: nachmittag« 4 Uhr. Anzeige» sind stet« an die Expedition z» richten. Di» Erpedition ist wochentags ununtrrbroche» geöffnet von früh 8 btS abenb« 7 Uhr. Druck nnd Verlag von U P»ltz in Leipzig iJnh. vr. B„ R. L SS. »ltnkhardt^ »8. Jahrgang, Sonntag dm 13. März 1904. Var Mchtigrtt vom rage. * Es wird zur Beurteilung der Verfassungs mäßigkeit der Aufhebungvon 82 des Jesuitenaesetzes die Frage aufgeworfen, ob im BundeSrate 14 oder mehr Siimmen gegen die Aufhebung gestimmt haben. (S. zweiten Leitartikel vorl. Nummer.) * Der Vertreter der koburg-gothaischen Re gierung hat, dem „Kob. Tagebl." zufolge, im Bundesrate gegen die Aufhebung des 8 2 des Jesuiten gesetzes gestimmt. * Gegen die Wahl des antisemitischen Reichstagsabgeordneten Raab- Eschwege-Schmalkalden wurde Protest eingelegt. * Im österreichischen Abgeordneten- Hause kam es gestern wegen der Studenten-Un- ruhen zu lärmenden Auftritten zwischen Tschechen und Alldeutschen. lvocbearcbau. Es war ein stimmungsvoller Auftakt, dieses Urteil in Sachen Prosper Arenberg um die Wende der Woche. Da man gerade beim Fragen war, fragte man u. a.: wie ist es möglich, datz dieser jungenhafte Schwach, sinnige, dem nach dem Zeugnis des Sachverständigen jedes Gefühl für das Sittliche fehlte, Offizier werden - konnte? Wie durfte es geschehen, daß man ihn, dessen Wesen doch wohl in Münster genug erkannt worden war, gar in den verantwortungsvollen Kolontaldienst über nahm? Es ist bezeichnend, daß auf alle diese Fragen, die in der letzten Woche jedem Einzelnen von uns — auch die unpolitischsten Leute — tiesinnerlich bewegt haben, just daS Zentrum sich ausgeschwiegen hat. Die Herrschaften, die sonst so tapfer schmälen konnten, agierten mit einem Male die Rolle des beliebten Bürgers Haase, der von nichts weiß. Man wird feststellen dürfen, daß noch nie eine Partei — von der äußersten Rechten bis zur radikalsten Demokratie — bei einem Skandal, der in erster Reihe sie anging, mit solcher Unverfrorenheit die Oeffentlichkeit irre zu führen versucht hat. Dieser Fall Arenberg ist nämlich ein Zentrumsfall. Nicht nur, weil des Häftlings Prosper einflußreicher Vetter der Prinz Franz Maria Assisi von Arenberg ist: nicht bloß, weil der Pfleger des Entmündigten der Rechtsanwalt und ZentrumSabgeord- nete am Zehnthof ist: auch noch aus einem anderen, weit trefer greifenden Grunde, und da die klerikale Presse, die sonst doch ein leidliches Erinnerungsvermögen hat, an scheinend sich auf nichts mehr besinnen kann, scheint es uns ein nützliches Werk, ihr ein wenig das Gedächtnis zu schärfen. Die Kolonialverwaltung hat, zum mindesten was ihre Militarismen Dezernenten angeht, diesen de generierten Prinzen ja nicht gutwillig und freudig über nommen. Sie hat sich — Leute, die es wissen könnten, haben es unS verbürgt — ernstlich genug gesträubt. Aber schließlich fügte sie sich den Rücksichten „höherer Politik". Prinz Franz Maria Assist, den das Zentrum als seine Kolonialautorität verehrt, war ja doch des Prinzen Detter. Und so ward um der heimischen parlamentarischen Ge ¬ schäfte willen der Prinz nach Afrika geschickt; das ist die Do ut ckss-Politik von heute! Aber der Fall Arenberg ist ja nur der Auftakt ge- Wesen; es traf sich wunderbar gut, daß die verbündeten Regierungen dann um die Mitte der Woche die Schutz wehr gegen das Eindringen der Söhne Loyolas niederrissen. Auch das ist gewiß nicht aus Liebe zu den schwarzen Gesellen geschehen, aber man braucht das Zentrum. Unserer Regierung hat sich nach und nach doch eine gar zu mechanische Auffassung von Parlament Und Parteien bemächtigt. Da wird operiert, als ob das poli tische Leben ein Schachbrett wäre; wer zur Stunde über die größte Zahl von Mandaten verfügt, dem gibt man sich zu eigen; dem zahlt man Zug um Zug für jeder kärgliche Zugeständnis mit Gratifikationen auf Kosten der Allge meinheit: das sind die politischen Kassageschäfte von heute! Aber diese scheinbar kühle, verstandesgemäß rech- nendc Politik ist in Wahrheit eine Phantasiepolitik. In- des sie nlühsam kümmerliche Kartenhäuschen pappt, zerrt sie an den Grundlagen unserer staatlichen Einheit. Dieser unheilvolle Bundesratsbcschluß vom letzten Dienstag ist ja nur gegen starke Minderheiten innerhalb der hohen Körperschaft zu stände gekommen, und schon heute zeigt eS sich, ein wie unendlich gefährliches Ding eS um Majoritätsbeschlüsse im Bundesstaate ist. Jetzt gehen die unterlegenen Einzelstaaten hin und ordnen höchst wahrscheinlich die Angelegenheit auf dem Wege der Lau- dcsgesetzgebung. Gewiß — auch darum stürzt das Reich noch nicht ein: der stattliche Bau, der gottlob nun schon 34 Jahre zusammenhält, kann noch ganz andere Püffe vertragen. Aber es kommen bei selchem Anlaß doch aller lei zentrifugale Kräfte empor, und cs ist nur natürlich, wenn der Partikularismus, den wir doch alle nach Kräf- ten einschnüren wollen, so neue Nahrung erhält. Herr v. Endres, der im Reichstage ungemein beliebte bayerische Militärbevollmächtigte, hat dieser Tage in einer Rede, die ihn als Persönlichkeit von starker Eigenart ernste-, er klärt: „Im Offizierkorps gibt eS keinen Partikularis- muS". Das hat im Reichstage einen tiefen Eindruck ge- weckt und wird auch außerhalb des Parlaments in patrio tischen Gemütern nachklingen. Aber deshalb bleibt es doch eine Tatsache, daß draußen im Volk eine ganze Por- tion von ererbtem und nicht immer erfreulichem Parti kularismus lebt. Ten sollte eine kluge Regierung abzu tragen sich mühen; die vo ut ckoa-Politik von heute aber arbeitet auf das Gegenteil hinaus. Das Thema vom Partikularismus hat auch sonst in die Reichstagsdebatten dieser Woche, die im Uebrigen ausschließlich dem Militäretat gewidmet waren, hineingespielt. Daneben haben dann der Offiziersluxus, daS Kreuz der Goldatenmißhandlungen und die neue Er scheinung der Militärromane den Stoff zu den Unterhal tungen hergeben müssen. Man ist sehr temperamentvoll gewesen und hat dabei ohne Frage gelegentlich auch über daS Ziel hinausgeschossen: denn die ernsthaften Arbeiten von Beyerlein den Hebungen der BUse und Baudissin gleichzusetzcn, vermag nur einer, dem das Wesen poeti scher Produktion überhaupt nicht aufgegangen ist. Und schließlich ist mit großem Eifer und vielem Nachdruck das nachdenkliche Problem „Sozialdemokratie und Heer" ab- gehandelt worden. Dabei hat Herr Bebel einen feier ¬ lichen Eidschwur getan, dah im Falle eines Angriffs- krieges er und die Seinen bis zum letzten Blutstropfen für das Vaterland eintreten würden. Das sollte bei Leuten, die den deutschen Namen tragen, eigentlich selbst- verständlich sein. Immerhin geben wir zu, daß diese Worte aus dem Munde August Bebels unerwartet neu klangen. So nehmen wir's bis auf weiteres denn als ein Zeichen, daß auch der große Beherrscher der Dreimillio- nen-Partei dem Wandel unterworfen Zu sein scheint. Ueberschwäugliche Hoffnungen aber sollte man nicht daran knüpfen. Wir müssen unk mit der Sozialdemo kratie abfinden und — die feste Ueberzeugung tragen wir im Busen — wir werden uns mit ihr abzufinden ver mögen. Aber derlei braucht Zeit; viel Zeit und gedul digen, klugen Sinn dazu, der sich aufs Warten versteht. ES gibt ja Leute, die mit der Sozialdemokratie rascher fertig zu werden glauben. So Herr Jordan v. Kröcher, der vor Jahr und Tag nach dem „starken Mann" rief, „dumm, aber mit Nerven von Stahl", und der diesmal den nämlichen Gedanken mit der nicht gerade erfreulichen Symbolik des Messerschärfens umkleidete. Oder Herr v. Oldenburg-Januschau, der Redegewaltige des west preußischen Rosenberger Kreises, der frisch, fromm und frei gleich fürs Hängen eintrat. Ein wenig vom „starken Mann" hat auch Herr Budde, der unter lebhafter Akklamation von Seiten der freikonservativen Scharf macher in dieser Woche im preußischen Abgeocdnetenhause den Etat der Eisenbahnen zu vertreten hatte. Die Theorien, die er über das Koalitionsrecht entwickelte, klangen nicht ganz unbedenklich, und wir fürchten, daß seine Praxis bei allem Wohlwollen, das der frühere Militär sicherlich für den gemeinen Mann hat, doch leicht in zwecklose Gesinnungsspürerei ausarten kann. Wir müssen uns mit der Sozialdemokratie abzufinden lernen! Und deshalb begrüßen wir es mit Genugtuung, daß so viels Beamten der Gew»"-beinsvektion, Nationalökonomen und bürgerliche Sozialreformek dem Heimarbeiter- schutzkongreß beigewohnt haben, der vom Montag bis zum Mittwoch in Berlin getagt hat. Auch dort ging neben ernsten nnd mitunter geradezu erschütternden Reden manch törichter Schwatz einher; aber als Professor Werner Sombart, dann den Herrschaften „mit dem dreifachen R" zu Gemüte führte, daß sie mit all dem Revolutionsgefasel in dieser Welt der harten Tatsachen nicht einen Schritt vorwärts kämen, da scholl ihm doch selbst aus dieser proletarischen Versammlung stürmischer Beifall entgegen. Vielleicht kann man der Sozialdemo kratie also auch noch auf andere Weise beikommen, als mit Messer, Galgen und Rad. . . . In Ostasien ist's derweil still geworden. So still, daß es den Herrn Kriegsberichterstattern unheimlich zu werden beginnt und sic mit wilden Phantasien Uber er staunliche Geschehnisse zu Wasser und zu Lande sich die Zeit zu vertreiben anfangen. In Wirklichkeit hat sich in der ganzen Woche in Ostasien nichts von Belang zu getragen. Um so heftiger hat cs sich plötzlich in unserer nächsten Nachbarschaft gerührt und mit zorniger Besorg nis nimmt man wahr, was jenseits der-böhmischen Grenze im „goldenen Prag" passiert. Offen geschürter, heim lich organisierter Haß feiert dort seine Orgien in blutigen Ausschreitungen der Tschechen gegen die Prager Deutschen. Tag für Tag johlt der Fanatismus seine Hetzlieder durch die Gassen; tschechische Studenten be drohen im holden Verein mit dem niedrigsten Pöbel Eigentum und persönliche Sicherheit aller Deutschen. Die Unruhen tragen schon den Charakter des Aufruhrs, und da besitzen die tschechischen Abgeordneten noch die kühle Unverschämtheit, im Wiener Abgeordnetenhause über deutsche Herausforderung zu lamentieren, dieselben Ab geordneten, die den Aufruhr zumLeilselbst mit organisiert haben! Die Antwort der Regierung hat die tschechischen Verleumder nicht im unklaren gelassen, auf wessen Seite die alleinige Schuld ist. Und wenn die österreichische Re gierung dem Groll ihrer lieben Tschechen zum Trotz das offen aussprechen mußte, wird man'S schon glauben dürfen. Durch Deutsch-Oesterreich aber geht ein ent rüsteter Aufschrei. Man wird vielleicht wieder einmal die hadernden Deutschen auf eine Weile gegen gemeine Not geeinigt sehen. Gleichzeitig mit der Tragikomödie in EiSleithanien hatLransleithanien die seine gesehen: den G ieg Tiszas und den Umfall der Unentwegten. Rührung bis zu Tränen verzeichnet der Sitzungsbericht, als Herr Thaly von der Obstruktion Tisza die „starke Hand" vor allem Volke schüttelt. Man hätte diesen Sieg schon früher haben können, ehe man so manches Wrgebliche Opfer auf Kosten der Nationalitäten, vor allem der Deutschen, brachte. Sobald die Herren Lbstruktionisten sahen, daß die Regierung Ernst machte, gaben sie vorläufig klein bei. Ob Herr v. Körber von diesem Glück seines Ofen-Pester Kollegen etwas lernen wird? .... Var Zeruitengereir mut Oie üeNarrmlg. Zur Beantwortung dieser staatsrechtlich hoch bedeutsame» Frage hat das „Leipziger Tagebl." am 26. und 27. Februar 1903 zwei Artikel von hochgeschätzter fachmännischer Seite gebracht, die jetzt von größter Wichtigkeit sind. ES handelt sich dabei erstens darum, ob die in gesetzlicher Weise zustande gekommenen Verfassungsänderungen (Verfassung-« Novellen), die schon durch eine Minorität von 14 Stimmen im Bundesräte verhindert werden lönnen, ebenfalls der Vorschrift des Art. 78 der Ver fassung unterworfen sind, somit eine beabsichtigte Wieder- v eranderung derselben auch durch daS Beto von 14 Stim men verhindert werden kann. Die Bejahung der Frage kann nach Robert v. Mohl aber wohl einem ernsthaften Zweifel nicht unterliegen. „Diese Veränderungen treten an Stelle der bisherigen Vorschrift der VerfassungS-Urkunde und nehmen somit alle Eigenschaften derselben an. Auch wenn bloß Zusätze zu der bestehenden Verfassung gemacht werden, bilden solche fortan integrierende Teile deS Grund gesetzes und sind wie dieses zu behandeln, wie sie ja auch die ganze rechtliche Stellung derselben in allen Beziehungen haben." In dem erwähnten Aufsatze wird dann au-gefilhrt: Die Beantwortung dieser aufgeworfenen Frag» ist gewiß un- anfechtbar, ein Zweifel bleibt nur, ob das, was der Verfasser von Aenderungcn der Verfassung-urkunde sagt, auch gelten muß von Aenderungen der Verfassung, die zwar im Wege der Art. 78, aber durch Spezialgesey zu stände gekommen sind? Arndt: Staat-recht deS D. R. g 26 S. 186 behandelt die Frage; er unterscheidet zwischen Verfassung im allgemeinen und Vrrsassung-urkunde und kommt dadurch zu dem Schluffe, daß verfassungsändernde Gesetze der Vorschrift in Art. 78 nur insoweit Feuilleton An Julins F. Blüthner. Zum 80. Geburtstage.*) Bon Heinrich Zoellner. Dem 80 jährigen Jubelgreise Noch lange frohe Lebensweise! Im Herzen gute Resonanz, DaS Aeußre sein poliert, voll Glanz, Die Saiten stählern, fest gespannt, DaS Hämmerwerk in gutem Stand! E- gleichet, so erscheint eS mir, DeS Menschen Leben dem Ktavier — Da» Spiel bat halb gewonnen schon, Denn einer hält auf „guten Ton". Man wandert fröhlich durch die Lande, Hält die „Pedale" man im Stande, Auch frommt gar sehr dem Menschensobn ^Perfekte Repetition", Doch wenn eia Feind un« frech verlacht, Dann ist ein „Dämpier" angebracht. Der Jugend Tage sind verwandt Dem Hellen Tone deS Di-cant, Die arbeitsvollen ManneStage Sind gleich der kräft'gen Mittellage, Doch kommt da« Alter langsam dann. So schlagen de» Basse« Tone an, Sie klingen weich, sie klingen voll. So ganz wie'« Leben klingen soll. Wie echter rechter Glockenklana, Wie alter Barden Hochgesang. *) Leider -ela»gt d«« hier abgedruckte Gedicht erst heut« zu unser« Keaittn««. Ist auch der G«burt«tag d»« gestierten Mann,« 'chon verüb«, so tzlaudt«» wir doch die portlskhr» Vers« Heinrich Zoellner« den Lrseen nicht vorenchalten »» soll«. D. tuk>. So schlag auch Dir, Du greiser Mann, Gar schön des Bastes Glocke an! Und wenn im alten Heldenlied Sich Flügel schafft Wieland der Schmied, Um durch die selbst erzeugten Schwingen Zu HimmelSböhen auszüdringen, To sind die Flügel, welche schafft Uns BlÜthner, Zeuger einer Kraft, Durch die mit wunderbarem Klang Schon mancher Geist empor sich scywang! So wirke fort !» kräft'ger Weise Zu Leipzigs und zu eignem Preise! Und bist Du worden neunzig Jahr, So bring ein neue« Lied ich dar! * Musik. Neus» Lheatir. Marta Lefsler-Burckard (Wiesbaden) und Larl Perron (Dresden» als Gäste in der „Walküre". Der Freitasi Abend vereinigte zwei in der Musikwelt bestens accreditierte Namen in einer Aufführung der „Wal küre" : Frau Marta Lefsler-Burckard vom Kal.Theater zu Wiesbaden sang die Brunnhilde, Herr Carl Perron von der Dresdner Hojoper den Wotan. DaS Zusammenspiel der beiden Gaste machte einen guten Eindruck. Auch gab ein jede« Proben eine« tieffchöpfendrn Verstände«. Besonders die Accente der Leidenschaften der Walkürenscene de« letzten Akte«) lagen Frau Leffler guH während Perron den unglücklichen Gott mit Bedacht in Weichen Farben hielt. Diese Inter pretation ist gerade in der „Walkürt", wo Wotan so empfind lich an Macht verliert, »urchau« sinnentprrchend. Die große zweite Scene im zweiten Akt, dir Wotan« Beichte an Lrünnhildr enthält, sowie di« Abschied«scrne am Schluß der Werke« «rheischen Tön« der Resignation. An göttlicher Größe gebrach e« selbst diesem weichen Gotte nicht. Prrron weiß tn jeder Gebärd« di« Göttlichkeit rn« Bewußt sein de« Zuschauer« tret« zu lasten. Luch stimmlich kamen die weichen, warmen Töne deS Gastes am besten zur Geltung. Doch wollte es uns scheinen, al» ob Perron- sonst so ausgiebig füllende« Organ gestern an Klangkraft zu wünichen übrig ließ, wenn auch andrerseits das Orchester, von Herrn Hagel leidenschaftlich geschürt und selten gedämpft, den Säuger an manchen Stellen völlig zudeckte. Frau Leffler ist eine Sängerin, deren gesangliche Routine und darstellerische Begabung ziemlich gleichen Schritt halten. Abgesehen von einer häufig wiederkehrenden unschönen, weil nicht abgerundeten Ausbreitung beider Arme in die Luft, ist ihrem Spiel ein wirklich heldenhafter Anstrich im Großen und mancher feine, innige Zug (besonders während der Unter redung mit Wotan im zweiten Alt, wo die Künstlerin, am Boden kauernd, jeder Silbe des Gotte« mit sichtbarer Spannung jolgt) im Eincelnen nachzurühmen. Gesanglich befriedigte die Künstlerin durchaus. Ihr großes, wohl klingende« Organ nahm die Hörer von der ersten Note an gefangen. Einzig die Registerübergänae erschienen unS un geschliffen. Diesen beiden illustren Gasten gegenüber hatte unter einheimisches Ensemble einen schweren Stand. Zu seiner Ehre kann gejagt werden, daß Krau Dönge« als Sieglinde dem Wiesbadener Gaste mindesten« ebenbürtig war, sowohl in gesanglicher wie darstellerischer Hinsicht. Da« die Sprache der Geberden angeht, dürfte Frau Dönge« den Gast sogar geschlagen haben. Herr Rapp sang den Hunding ebenfalls sehr eindrucksvoll. Frl. Stadtegger fand sich ebenfalls gut mit der Kricka ab. Ganz au« dem Nahmen dagegen siel Herr Urlus al« Siegmund. Sein ewig stackerude« Organ, da- wirklich heldenhafter Töne nie und nimmer fähig ist, stand in gar scharfem Kontrast zu dem Wohltlang der andern Stimmen. Der Künstler war für Herrn Moer« eiugeiprungen nnd führte seine Nolle musika lisch sicher durch, wenn seine Interpretation auch keineswegs in allen Punkten hefeiedigen konnte. Da- Orchester arbeitete mit gewohnter Sauberkeit und Keinfübligkeit. Hagel band Bühn« unv Instrumente prächtig zusammen und wußte ele mentare Fortissimi au« seinem Orchester herau-zuholen. Da« übervolle Hau« spendete reichen Beifall. ^zcuorliok. Die „Meistersinger" tn Moskau. In Moskau hat kürzlich eine Aufführung von Richard Wagners „Meistersinger" statt gefunden. ES handelte sich zunächst um eine konzertmähiae Vorführung des Werkes unter Leitung des Generalmusik direktors Kes. Otto Brucks, der bekannte, auS der Berliner Königlichen Kapelle hervorgegangene und vom Posau nisten zum Heldenbariton gewordene Künstler, entfesselte als Hans Zachs wahre Beifallsjtürme. * - Lee Lri»ji«er Pianist Fettz v,n Vas» hat in Karlsruhe mit «rotzem Erfolg lonzcrtiert. Di« »Badisch« Lande»zeitung" schreibt: »Altes, waS Bose spielt, ist Nangschön, durchdacht und muslsalisch emp funden: es macht icdeS einzelne Ltltck den wohltuenden Slndruck des Ausgcarbeiteten und Fertigen." Wissenschaft. — Der Fall Lepsin«. In Darmstadt hat soeben eine DlSziplinnrverhandiung begonnen, welche vi« ganze Welt der Ge lehrten, Forscher, MilseumSbeamten und auch künstlerische Kreise Uber Deutschland« Grenzen hinaus mit ungewöhnlicher Teilnahme erfüllt. Steht doch im Mittelpunkte der sich hier entrollend«», bt«d« rätselhaften Vorgänge ein Gelehrter von hohem Rufe, d»r »»gleich der Sohn deS berühmten Egvptiologen Lepsin- ist. Bi«ber ein Gelehrter von allgemein geschätzte» Verdiensten, von untadeligem Namen und höchstem Ansehen, wird der Geh. Ob«rb«rgrat Professor vr. Richard Lepsius sich nun gegen Anwürfe zu verteidigen haben, wie sie in der Geschichte der deutschen Nissen- schoflen selten gegen einen akademischen Lrdr« von solchem Rang« erhoben worden sind, Anwürfe, dir. wenn sie auch nur teilweise «ns Wahrheit beruhten, nicht nur seine Stellung «IS Dozent »" d«r Hochschule, sondern auch seine Stellung al« Staatsbeamter — Lepsin« ist großherzoglich hessischer Geheimer Obrrbergrat und Museum«- insprktor — unhaltbar machen müßten. Es ist dader be greiflich, daß man in Gel ehrten kreisen dem »»«ginge dieses Prozesses mit äußerster Spannung »ntaegenbli«, Die Anklageschrift behauptet, daß Lepsiusz» Darmstadt vurch kW dienstliche- Verhalten in den Jahren 1898 dl« I9V3 di« Pstichmn die ihm lein Amt auferlegt, verletzt und durch sein Verhalt« sich der Achtung und de« Vertrauen-, die sein vernf erfordert, »15 würdig gezeigt bat. Dir Anklage stützt sich darcnls, daß Professor Vr. Lepsiu« während der bezeichneten Zeit in L»«hd»«g s«t»«r amt lich« Tätigkeit und namentlich in Berichte» a» s^n« ocrgesWG»
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