1. Abschnitt: Die Industrie-Anzeige im Vergleich zur Markenartikel-Anzeige a) Was die Industriereklame von der Markenartikelreklame lernen kann „Newton hat sich über seinen berühmten binomischen Lehrsatz den Kopf nicht mehr zerbrochen als Birotteau über seine Comagen-Essenz." So zu lesen in einem Roman von Honore de Balzac „Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang", einem Werk des berühmten Dichters, das als erstes Reklamebuch an gesprochen werden könnte. Beschreibt es doch in großen, aber scharfen Umrissen die erfolgreichen Werbefeldzüge eines Parfümfabrikanten. Schön und gesund zu sein ist neben Reichtum der höchste Wunsch des Menschen. „Die sichersten Spekulationen sind die auf die Eitelkeit und Eigenliebe. Diese Ge fühle werden niemals aussterben", läßt Balzac einmal den Romanhelden sagen, der auf diesem Grundsatz sein Geschäft erfolgreich aufbaute. Und so ist es denn ganz selbstverständlich, daß am Anfang der Reklame, wie sie uns geläufig ist, die Reklame für Schönheits- und Heilmittel stand. Versagen wir es uns aber, weitschweifig in das graue Altertum zurückzublicken und nachzuforschen, ob etwa die Assyrer, Ägypter oder Griechen in der Kunst der Reklame ebenso bewandert waren wie in der Kunst der Parfümerie, sondern be gnügen wir uns damit, nachzulesen, was Balzac über die Parfüm-, also Markenartikel reklame vor über hundert Jahren — das Buch erschien 1825 — zu schreiben wußte, und welche Rückschlüsse hieraus auf die Industrie-Reklame gezogen werden können. Sind doch in dem Balzacschen Geschäftsroman Richtlinien enthalten, die an die Reklamemaßnahmen erfolgreicher Fabrikanten von heute erinnern. Hier einige Lese proben: Birotteau entwickelte, als erster unter den Parfümhändlern, jenen Luxus von Plakaten, Annoncen und anderen Reklamen, die man vielleicht mit Unrecht Scharlatanerie nennt. Herr Birotteau benachrichtigt, um Nachahmungen zu verhüten, das verehr- liche Publikum, daß seine Sultaninnen-Paste eine Papierhülle mit seiner Unter schrift habe, und daß in das Glas der Flaschen eine Marke eingepreßt sei (die frühe Erkenntnis von dem Wert einer Schutzmarke). Ein guter Prospekt bedeutet häufig ein Vermögen. Birotteau machte Pläne für den Kampf gegen das Macassaröl (das Haaröl der Konkurrenz). Er dachte über die Etiketten und die Form der Flaschen nach und überlegte, wie die Pfropfen befestigt werden und welche Farben die Ankündigungen haben sollten. Und da sagt man noch, daß dem Handel die Poesie mangele. Newton hat sich über seinen berühmten bino-