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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.02.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190602113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19060211
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19060211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-02
- Tag1906-02-11
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V-,»a»«Vrei* G d»tza»pwrp«dttto« »da da« >»--eb» st»»« aöaebott: »tat« I jährlich ^l s.40, bet täglich zweimalig« Znstellun» tn» Haus vterleltährlich ^s S.—. Durch nufer» aus- wärttge» Nusgadestellen »ad durch di» Post bezog«« sLt Deutschland und Oesterreich vierteljährlich ^s 4.50, für die übrige» Lüuder laut Settung-pretslist«. Dich« «uuuna kostet ens s /d ML all«» Bahnhöfe» und bei III I^I den fltttnna»-v«käuttr» Ueöattio» »ns Erpetzttt»»» Johaunlsgassr 8. Telephon Nr. lü3. Nr. 22L, Nr. 1171. Verlt»«r Nrsakti»«»<-Vure«ur Berttn KW 7, Dorotheenilraß« A. Lei. I. Nr. 8275. Dresdner Netzaktt»n»-V«retmr Dresden-L, Könaeritzslr. Lü. Lei. i, Nr. 45SL MWM.TllMaü Handelszeitnng. Ämlsvlatt des Aales «nd des Aolizeiamtes der Lladt Leipzig. SlNzekfien «Preis di» «gespaltene Paitzeil» für Leipzig und Umgebung Sb Pi^ für auswärts SO Psg. Aamlltru- Wohnvngs» und Etellrn- Anzeigen SO Pf. Finanziell« Anzeigen, Geschäftsanzeigen unter Dezi oder an besonderer Stelle nach Tarif. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen Anzeige» ond Ezirabetlagea nur i» der Dt-rgen-AuSgabe Schluß da Annahme nachmittags 4 Uhr Anzeigen-Annahmr: Lttsaftu-Platz 8. Erk« Jodanntsgasse. Haupt-Filiale Berlin: CarlD»»ck«k,Hrrj»t.Bayr.Hosbnch-andlg„ Lützowsiraße it) sFerusprecha Amt VI Nr. 4603). FiNalchrr-e-trta«: Dressen,MartenstrLL Nr. 75. Sonntag 11. Februar 1908. Ivo. Jahrgang. Var Mchtlgrtr vsm rage. * Der Kaiser wird am 15. d. M. nach Kopenhagen adreisea, um der Besetzung des verstordenea König« Christian IX. beizuwohnen. * Der feierliche Schluß de« sächsischen Landtag« ist aus de« 8. April festgesetzt worden. — Am 5. April tritt die LandeSsynode zusammen. * Tu der Budgetkommission de« Abgeordnetenhauses erklärte gestern der preußische Eisenbadumiaister, e- steh« in Aussicht, daß die Vereinheitlichung der Per- soneotarise mit Bayern, Sachsen, Mecklenburg, Olden burg und Elsaß-Lothringen rustande komme, während sür eine Einigung mit Baden und Wllrttenberg weniger Aus sicht sei. * Die Beantwortung der sozialdemokratischen Ä»terpellation »m Reichstag wegen des Unglück« aus der Grube „Borussia" wurde gestern vom Staatssekretär de-Iuuer« namensdesReichSkanzler« abgelehnt. Trotz- dem wurde über die Interpellation verhandelt, da sie genügend nuterstützt wurde. (S. Bericht.) * Der Handelsvertrag mit Deutschland ist gestern von der serbischen Skupschtina in erster Lesung mit 75 gegen S Stimmen angenommen worden. 5orialpslili5che klmiiSung? Auch der wärmste Freund sozialer Fürsorge wird nicht verkenneu können, daß eia starkes Nachlasten im sozialpolitischen Eifer großer Beoölkerungsschichten der Nation zu spüren »st. Bei vielen war er nie sehr groß. Die ganze konservative Partei mit ihrer Gefolgschaft hat den Marsch in« sozial- politiiche Neuland überhaupt oontro cocrur und nur deshalb mitgemacht, weil die Krone sich an die Spitze gesetzt batte. Biele Freisinnigen haben erst in den letzten Iabreu ihren Widerstand und ihre stereo typ« Berufung auf St. Manchester aufgegeben, und in den mittlere» Parteien hat zurzeit eine gewisse Entmutigung Platz gegriffen, die sich mit dem von Ohr zu Ohr geraunten Worte immer mehr Raum schafft: E« nützt ja doch alle- nicht«. Beweise für diese Behauptung scheinen in ausreichender Menge rur Hand zu sein. Die Sozialdemokratie ist ganz unstreitig immer aufsässiger, immer revolutionärer geworden, anstatt versöhnlicher, die wirtschaftlichen Kämpfe, die Streiks und Aussperrungen, sind häufiger geworden und werden erbitterter geführt. Wozu also neue sozialpolitische Opfer? Das gehl dem Ohre glatt eia und nicht allzuviele wissen zu wider stehen. Und doch ist die Argumentierung falsch, weil alle Voraussetzungen falsch sind. Wer freilich die ganze Sozial politik al- ein Stück Zuckerbrot ansteht, mit dem ein un- artige- Kind zur Folgsamkeit gebracht werden soll, der hat Recht, jetzt vom völligen Versagen der neuen päda gogischen Methode zu sprechen und den altbewährten Rodrstock zu empfehlen. Aber diese Auffassung ist falsch, selbst wenn sie bei der Einleitung der sozialpolitischen Aera eine Rolle gespielt haben sollte, sie ist oberflächlich, sie ist verderblich. Wir müßten Sozialpolitik treiben, selbst wenn wir wüßten, daß alle Versuche, die heute von der Sozial demokratie infizierten Mafien zu heilen, vergeblich wären. Wir müßten das tun, um einer sittlichen Pflicht zu genügen und um unserer eigenen nationalen Kraft willen. Dabei ist di« Erfüllung der sittlichen Foiderung durchaus nicht etwa al« der Wunsch einer modernen Ueberkultur, eine« ethischen Arstheten- tums an »sehen. Sie ist vielmehr nötig zur Selbstberrchnung, weil alle Pflichtvernachlässtgung Verwilderung schafft. E- gibt kein besseres Beispiel hieifür in unserer Zeit, als die Ent wicklung der Zustände in Rußland. Hauptsächlich deshalb hat in Rußland diese gräßliche Demoralisierung der staat lichen und bürgerlichen Oberschichten, diese vollständige Materialisierung, diese Korruption an allen Stellen ein treten können, weil alle dieie Kreise nie zur Erfüllung sozialer Pflichten angehatlrn worden sind, weil sie diesrn Begriff nie gekannt haben. Die- ist die erste uns wichtigste Ursache de- nationalen Zusammenbruch- und der revolutionären Erholung mit all ihren Grausamleiten. Von gleicher Bedeutung ist die soziale Pflichterfüllung für di« Erhaltung der Nation, der Raffe. England hat die Folgen der Verkümmerung ganzer Arbeiters,chlechter am Anfang des vorigen Jahrhundert- schmerzhaft spüren müssen. Daß es bei uns nicht so weit hat kommen können, ist ganz allein der gerade noch im letzten Augenblicke «ingeleiteten sozialen Gesetzgebung zu ver danken. Aber auch bei un- haben manch« Gebiete au« formalen Gründen, wegen der Schwierigkeit der Materie, Schaden leiden müssen. Die Degeneration der Heimarbeiter familien bietet eine schreiende Warnung, nicht noch weitere Kreise des arbeitenden Volke« in diesen physischen Zustand verfallen zu lassen. Wir müssen Sozialpolitik treiben, wenn wir uns als Volk, als Rasse erhalten wollen. Wenn diesen Bemühungen außer ihren unmittelbare» Zwecken auch noch eines Tages die Frucht der sozialen Ver» söbnung reife« sollt«, umso besser. So viel ist sogar sicher, daß dies« Versöhnung allein auf dem Bode» sozialpolitischer Arbeit möglich ist, und daß wir wegen der gegenwärtigen Aufreguugsperiod« ia der sozialdemokratischen Bewegung durchaus nicht auf di« Hoffnung der Verständigung zu ver zichte» brauche». Vir müssen auch bedenken, daß zwar trotz sozialpolitischer Opfer di« Versöhnung nicht »«thematisch sicher ist, daß aber odn« diese Opfer revolutionäre Erscheinungen ganz unvermeidlich wäre». Mag unser Staat unt seinen gewaltige» Abwehrmitteln auch alle» gewaltsamen Umsturz- versuch«» Trotz biete» könne« — «i» Sieg 'M eigenen Land« ist immer teuer erkauft, so teuer, daß di« svztalpolimchen Auiwrndunge» dagege» nicht in Betracht kommen löane». Datei ist der vrrl»st a, Lrrdit im «--laude, die Möglich- keit feindlicher Koalitionen, überhaupt die gewaltige Ein wirkung auf unser Verhältnis zu anderen Staaten »och gar nicht in Rechnung gezogen werden. Au- allen diesen Gründen halten wir e- nicht für heil sam, mit den vielen anderen in die V-rlüadnng de- Banle- roits unserer Sozialpolitik einzustimmen. Wir sind auch nicht dalür, daß jetzt da- Signal zum völligen Stoppen aller sozialen Gesetzgebung gegeben werden soll. Dagegen kann e- au» mannigfachen Gründen sehr wobl em pfohlen und gerechtfertigt werden, ein langsamere» Tempo einzuschlagen. Vor allen Dingen bedülfen unsere sozialen Oiganisationeu der Konsolidation. Da gewaltige Werk der Zusammenfassung der Versicherung«- aeseye bietet an sich nützliche Arbeit genug sür einige Jahre. Manche Geietze haben Härten sür schwächere Arbeitgeber gebracht, denen eine Ruhepause wohl zu gönnen ist. Und außerdem mag e« ganz lehrreich sein, wenn e« den sozialdemokratisch ausgestachelten Mafien gezeigt wird, wie eine Besserung ihrer Lage durch revolutionäre» Gebühren nur erschwert wird. Auch eia anderer Gesichtspunkt spricht dafür, in der reinen Arbeiterfürsorae nicht über den Rahmen de« Dringlichen hinau-zugehen. ES w>rv Zeit, un- der großen staat-treuen, aber sozialbevrängten Mittels«- chten zu erinnern. Da sind vor allem die Plivalangestellten, denen durch eine Bersicherung-geseygebung geholfen werden muß, nachdem die moderne Entwickelung ihren Uebergang «n da« Lager der Selbständigen immer mehr erschwert hat. Da sind die kleinen Gewerbetreibenden» die bisher von der Sozialpolitik »ur die Kehrseite kennen gelernt haben. Aber nichiS soll UN- in den Fehler Versalien lassen, im sozial politischen Eifer »u ermatten. Ist au« taktischen Grünoen eine zeitweilige Verlangsamung de« Tempo- ratsam, so billigen wir diese nur ia der Erwartung, daß eine günstigere Konstellation uns neue Gelegenheit zur Arbeit an der Volksgesundheit geben wird. Wir denken dabei auch in Dankbarkeit der immer noch gewaltigen Mengen staat-- und gesellschaft-treuen Arbeiter, die verlangen können, daß ie nicht unter der Verbitterung gegen die revolunonär- zestnnten Demokraten zu leiden haben. Also keine Müoig- eit, sondern besonuener Fortschritt auf allen Gebieten sozial- »olitischer Arbeit. Vie Meärrgebutt edinar. Die kürzlichen Tumulte in Schanghai und die Nebersällr christlicher Missionsanstalten verraten, daß in China nach wie vor eine fremdenseindliche Unterströmung herrscht, di« durch den kriegerischen Erfolg Japans gestärkt worden ist. Nach Berichten von Kennern Chinas soll zwar eine neue Auflage der Boxerbewegun« nicht zu befürchten sein, aber offenbar herrscht in China doch eine starke Bewegung, die aus dem Grundsätze fußt: „China sür die Chinesen" und die den Einfluß der Fremden beseitigen will. Einen Ein- blick in die zukünftige Gestaltung der Verhältnisse in China gewährt eine ebenso interessante wie offenherzige Auskunft, die der chinesische Gesandte in Berlin, General leutnant Bintschang, einem Vertreter deS „Berl. Tgbl." gegeben hat. Der Gesandte erklärte u. a.: Ganz China hat auS den politischen und militärischen Ereignissen der letzten Jahre die Lehre gezogen, daß eine Reform an Haupt und Gliedern auf allen Gebieten eine LübenSsrage sür daS Reich ist, falls es sich seine Selbständigkeit bewahren will. Zuerst werden Reformen im H e e r und in der F l o t t e ein- geführt, meinte der Gesandte. Denn China darf nur hoffen, nach seinen eigenen Wünschen und nach seiner eigenen Kennt- nis seiner selbst Reformen einführen zu können, wenn es stark genug ist, die übereifrig drängenden Freunde abzu- wehren, natürlich nur ganz sanft, aber doch wirksam. Sollte Heer und Flotte Chinas noch die Aufgabe haben, gegen fremde Mächte sür die Integrität des Reiche- einzutreten, so bin ich überzeugt, daß wir unser» Mann st ehe» werden. Europa hat eine Ueberraschung bereits an Japan erlebt, eine andere, größere wird ihm China bringen. Ich bin selbst Militär und habe das Studium der militärischen Verhältnisse Chinas im Vergleich zu denen an- derer Mächte zu meiner besonderen Ausgabe gemacht. Ich kann Ihnen sagen: mir ist um China nicht bange. Unsere Soldaten sind körperlich den europäischen sicher gleichwertig. DaS Menschenmaterial, da» wir aus Nordchina beranziehen, steht meiner Ansicht nach selbst den preußischen Garden in körperlicher Beziehung nicht nach. Sie sollten mal un- sere Nordchinesen sehen, tvaS daS für Kerle find. Da würde jeder preußische Offizier seine Freude daran haben. Und waS die Charaktereigenschaften betrifft, so glaube ich, daß ti'N auch in dieser Beziehung den Vergleich auShalten keinen. Die Nordchinesen sind bekannt als nüchtern, ehrlich, mutig, gehorsam und ihren Offizieren ergeben. Unsere Leute haben außerdem vor den europäischen Truppe» einen ge waltigen Vorzug: sie haben keine Nerve«. In alle» Reiseberichten finden Sie dieselben Mitteilungen, daß der Chinese körperliche Schmerzen und seelische Erschütterungen mit demselben unerschütterlichen Gleichmut »nd höchster Selbstbeherrschung erträgt. Bei chinesischen Truppen, wenn sie geschult find, ist meiner Ansicht nach eine Panik unter der Wirkung der modernen Feuerwaffen nicht z« befürchten. Die halten alles aus. Unsere Artillerie «»- unsere Schützen find « rstklossig. Auch unsere Kavallerie ist den Aufgaben des modernen Krieges völlig gewachsen. Sie sollten einmal die Berichte in englischen Blätter» über die großen chinesischen Armeemanöver i» HerLste vorigen Jahres lesen. Ausländische Militärattaches und Zeitungsberichterstatter waren in der Erwartung hin gegangen, eine riesenhaste Manöverposse mitzumachen. Die guten Leute wurden aber durch das, wa» sie in Wirklichkeit sahen, recht bedenklich gestimmt. Lesen Sie »>r tze» Bericht des „Times"-K»rrespondenten. „Und die Marine?" srug der Interviewer. „Die Marine iltv^rliusiaRebensach^ D«»» es wird sich vor allem darum handeln, die J»t«ität des I Reiches zu Land« gegen Eindringling« zu verteidige». Die I Kriegführung zur See wird da nur ein« untergeordnet« I «olle spiel«. I» übrige» wirb di« Mari»«, t» der Quält- tät wenigstens, auf derselben Höhe stehen wie die Armee. Unsere Küstenbevölkerung liefert uns ausgezeichnete Seeleute voll Wagemut und Kriegsiust. Es sind dieselben Elemente, die jetzt so zahlreich Seeräuberei treiben, für «ine Kriegs flotte also das denkbar beste Material. „Aber Heer und Flotte kosten Geld, Exzellenz." „Wirhaben Geldgenu g. China hat 400 Millionen Einwohner. Was ist da selbst eine Milliarde? Und außer- dem handelt es sich um Lebensinteressen Chinas. Da darf und wird das Geld keine Nolle spielen." Von den Reformen, die zuerst eingeführt werden müßten, nannte der Gesandte eine Finanz- und Währungsreform, so wie eine Neuordnung der Zölle und Steuern, um dem wirt schaftlichen Leben des Reiches eine gesunde Grundlage zu geben, Erschließung des Landes durch Anlegung von Eisen- bahnen und anderen Verkehrswegen, um die Bodenreichtümer zu heben und Ausdehnung deS Handels mit dem Ausland. „Wir wünschen den reg st en Verkehr mit anderen Staaten, nur sollen diese Mächte sich nicht bei unS festsetzen und besondereVorteile von un« erzwingen wollen. UnS sind, ganz offen gesagt, die Kauf leute desjenigen Staate- am angenehmsten, der nicht versucht, Kolonien in China zu erwerben. Oesterreich zum Beispiel, das niemals solche Versuche unternommen hat, würde bei uns mit die besten Chancen haben." Auf die Frage. waS der Gesandte über eine feind, selige Volks st römung gegen -ie Fremden halte, antwortete er: „Ich muß mir da im Urteil einige Beschränkung auf- erlegen, doch will ich sagen, daß die Schuld nicht auf Seite der Chinesen liegt. Die Ausländer tragen selbst die Schuld. Ich mache in erster Reihe die Missio nare verantwortlich, wenn von den Chinesen Feind- seligkeiten gegen die Ausländer verübt werden. Sagen Sie selber, muß es uns nicht tief verletzen, wenn da so ein Missio nar ankommt und un- zu seiner Religion, waS er so nennt, mit Freundlichkeit oder auch mit Gewalt bekehren will. Auf unsere Empfindungen wird dabei keine Rücksicht genommen. Unser AhnenkultuS und die Lehre deS KonfuciuS sind unS durch jahrtausendelange Uebung teuer un- heilig. Gibt «S etwa- Bessere- und Höheres, so wollen wir eS gern kennen lernen und auch onnehmen. Aber die Leute, die eS unS bringen, müssen auch danach sein. Dann dürfen nicht pro testantische un- katholische Missionare sich miteinander herum- balgen und m Seelenfang einander Konkurrenz machen. WaS find es ^enn fü? Leute, -ie sich von den Missionaren be kehren lassen? Meistenteils verkommene Menschen, die da bei ihren materiellen Vorteil finden. Wie lächerlich ist über- Haupt dies ganze Mission-Wesen! In Europa gibt «S doch wahrhaftig so viel zu verbessern, daß Europäer eS wirklich nicht nötig haben, ihren heiligen Eifer an die „minderwertigen Chinesen" zu verschwenden. Die Missionare, sage ich, dringen inS Land ein, behelligen die chinesischen Bauern, die am Glauben ihrer Väter hängen, werden von ihnen zurückgewiesen, kommen mit größerer Zu dringlichkeit wieder, Hetzen Familienmitglie der gegeneinander auf, stiften Unfrieden unter der Bevölkerung und werden schließlich von heißblütigen Leuten tätlich angegriffen. Dann ist der Krach fertig. Der Missionar ruft seine Negierung an, diese muß sich, ost gegen ihren Willen, gedrängt von einer starken Strömung in ihrem Lande, für den Missionar inS Zeug legen und zwingt die chi nesische Negierung, ihre herausgeforderten Untertanen noch zu bestrafen. Das wiederholt sich im ganzen Reiche in hundert, in tausend Fällen. So wird im ganzen Lande tiefe Erbitterung erzeugt, die sich schließ lich in einem Ausbruch gegen alle Fremde» ent ladet." Auf die Frage, ob es wohl wieder zu einem solchen Aus bruch kommen werde, meinte der Gesandte: „Hoffentlich nicht." Man darf mit großer Aufmerksamkeit die Entwickelung der Dinge in China im Auge behalten. Auf jeden Fall ist beizeiten dafür zu sorgen, daß wenigstens soweit irgend möglich geeignete Maßregeln zum Schutz der deutschen Kaufleute und Missionare in China getroffen werden. Die Missionare, namentlich die englischen und amerikanischen, mögen ober immer wieder von Neuem darauf hingeviesen werden, daß ihre Arbeit desto erfolgreicher ist, je gleich mäßiger und je weniger ausdringlich sie bei der Proselyten macherei in die Gewohnheiten der schwierigen chinesischen Bevölkerung eingreifen. Mehr als Worte wirkt das gute Beispiel. veulscbe« keicb. Leipzig, tl. Februar. * Deutsch-Z ützVeftafrik«. Wie au« den „W'ndh. Nachr." bervorgeht, halten unter Gouverneur von Lmdequift die Verwaltung uuv die Bürgerschaft freundliche Fühlung mit einander. In der ersten Sitzung de« Mndbnker Schulverein-, -er am 5. Januar mit 46 Mltqliederu gebildet wurde, war der Monser- neur anwesend, der die Noiwendigktit einer Hebung der gegen- wärtigen Schulverbälknisse betont«; nebenbei bezeichnete er den Altoboltsmn« al« einen Krebsschaden der Kolonie, gegen den er kämpfen wolle. Die Versammlung sprach sich für Änsschließung von Misckli»g«kindern und für Slcbutzwang aus. I« Mibea» beite« der Bezirk-verein über die Befriedigung de« Namalande«. Der Bezirk-amtmann Selsdorn übermittelt« defien Beschluß telegraphisch an de» Gouverneur: di» Versammlung be- sürworiet» ein« baldige Beendigung de« Kiieae-, und da di« kriege- risch« vewältignng »er Hottentotle» noch ia vnabsekbarer Ferne sei, kbnn» «an denjenigen, di« sich ergeben, eine -rilich begrenzt» Freiheit sichern; die ileut» solle» nur gegen Arbeit«»,istung bekSstigt werde». Herr von Ltndeoutsi antwortet«, er sei seldslversiändllch fs« »tu« »-glichst baldig« Beeudlguag de« Kriege«, aber nicht für Übertrieben, vttld« nach to Vieta» Opfer» an Gut nutz Blut. Eetzereilaug könne nur schad«. Der Gouverneur hat zwischen den Missionare» der beiden Konstsfionen «in vorläufige- Einvernehmen über die Missionierung der nach nicht christliche» Eingeborenen erzielt, die sich iu den Eefangeneukraale» befinde». Di« «van- gelisch« Mission soll an dem »ine», die katholisch« an dem «wen» Gaemtag i» he» Kraal Gatte-tzi«»st halte», »»v während deS Provisoriums dürfen keine Taufen vorgcnommen werden. * Afrikanische Verlustliste. Ein Telegramm aus Windhuk meldet: Reiter Ernst Pfeffer, geb. zu Görlitz a Oder, früher im Fuß-Ariillerie-Negiment Nr. >5, ist am 6. Fbruar im Lazarett Warmbad an Herzschwäche nach Typhus ge storben. eb. Die Budgetkommission de« Reichstag- hat bei Be ratung des 3. NachtragSelatS für die Kolonien (ost- asrikanischer Ausstand) insgesamt 302 850 abgeletz«, so daß der Nachtragsetat nur noch 2 104 925 statt 2 407 875 fordert. Angenommen wurde folgende Reso lution: den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, ,u veranlassen, 1) daß die mit den deutschen Kolonien verkehrenden deuttchen Pafiagierschiffe Schiffeärzte an Bord führen, vie eine prak tische Vorbildung in der Erkennung und Behandlung von Tropentrankheiten und bezüglich der Schiffehvgiene durch gemacht baden, sowie daß solche Schiffe eine AuSiüsiung zu mikko>kopilcheu Untersuchungen an Bord haben, die den SchiffSärzteu die Erkennung der Tropenkrankheitea, iu-- besonrere der Malaria, durch mikroskopische Untersuchung er möglicht, 2) daß den so ausgerüsteten Schiffen entsprechende Vorteile bei der gesundheitspolizrilicken Untersuchung und Abfertigung in den deutschen Häfen eingeränmt werden. Iw 3. Nachtrag sür den Reichsetat ISO« (Mehrausgaben in folge des ostafrikanischen Aufstande«) wurden von 1 898 050 307 250 abgefttzt. * Parlamentarische Nachrichten. Die Reich-kommissiqn zur Untersuchung der Landsrage iu Sürwestasrika dielt gestern ibre konstnuierende Sitzung ab. E« wurden 14 Referenten Uber die einzelnen Beratungspunkte ernannt und beichlofieu, den Landgesellschasten Fragebogen zu übersenden und Bilanzen einzuforderu. — Dr. Hitze (Ztr.) hat mit Unterstützung aller Parteien folgende Resolution im Reichstage zum Etat des Reichsamts de« Innerneingebracht, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in einem Nachtragsetat für das Internationale Institut sür Sozialbibliograpbie einen Beitrag in angemessener Höhe einzustellen. * Tie diesjährige Ttuötenreise drr RetchsiagSaögeoröueten gebt nach dem „Reich" angeblich nach Ostasien. Der Nord deutsche Lloyd stellt 20 Platze zur Verfügung. Die Abreise erfolgt am 1. August von Genua, wohin die Mitreisenden Abgeordneten am 22. November oder 6. Dezember zurück- k hren. ES ist vorgesehen eia Ausflug in da- Innere der Insel Ceylon, ein fünftägiger Aufenldalt in Hongkong, ein achttägiger in Sdanghai, eine Flußfahrt den Iaagtse hinauf bi- Hrnkau, für Tsingtau sind 14 Tage gerechnet, sür Japan zwei bis drei Wochen. Bekanntlich ist auch eine Studienreise nach Ostafrika geplant. * Sächsische Wuhlresorm. In der „Zittauer Morgen zeitung" hat der Abg. Günther Mitteilung gemacht über die den Kammermitgliedern zar Kenntnisnahme übergebenen Vorschläge sür die Aenderung des Wahlrecht-. Es sind „nur" 23 Vorschläge, die von 16 konservativen, 5 national liberalen, einem reformerischen und einem freisinnigen Ab geordneten aui-aehen. Alle mögliche» Wahlmethoden werden vorgescblagen: Bier- und Fünsklassenwahl, Berufsklafienwahl, Pluralwahlreckt, Einführung eine« CensuS bis 10 -4, Hinauf setzung der Altersgrenze und öffentliche Abstimmung, Em- südrung der Wahlpflicht und der Wahl von Abgeordneten du>ch die Organe der kommunalen Selbstverwaltung uiw. Wir verzichten heute auf ein weitere» Eingehen. Der Be lustigung halber aber sei mitgeteilt, daß, während die „DreSdn. Nachr." sich für eine Altersgrenze von 30 Jahren entscheiden, der noch „gesinnungStüchtigere" „Freib. Anzeiger" hierzu bemerkt: Wir vermögen un» für diesen Vorschlag nickt in dem Maße zu erwärmen wie da» Dresdner Blatt Wir meinen, daß Leute, die heute mit 25 Jahren sich für die Lehren der Umsturzpolitiker begeistern, mit 30 Iabren noch nicht viel reifer geworden sind. Auch bei der Ausübung politischer Rechte heißt eS: Alter schützt vor Torheit mcht!" — Wie alt mag wohl der Vater diese- geistreichen Urteil» sein? * Zur sächsischen LantzeSsynode wird einem schon früher mitgeteilten Beschluß entsprechend die Sächsische evangeloch- soziale Bereinigung folgenden Antrag einbringeu: „Die hohe Synode wolle dabm wirken, daß ß 8 drr KirchenvorstandS- und Synodalordnung allgemein in der Weise gehandbabt werde, daß Almosencmpsänger und solche, die mit der Ent richtung von Abgaben länger als zwei Jahre im Rückstände sind, soweit nicht ein sittlicher Mangel vvrliegt, vom Stimm recht bei KirchenvorstandSwahlen nicht au-geschlofien werden." Ia drr Begründung riese» Antrages wird gesagt, daß es dem christlichen Geiste wirer'preche, einem, der ohne eigene Schuld in Not geraten ist, so daß er Almosen annehmen muß oder auch seine Steuern nicht bezahlen kann, kirchliche Reckte zu entliehen. In diesem Gefühle habe auch eine große Anzahl Kirchenvorstänren in Stadt und Land in Berufung aus die Vero>dnung des Kultusministerium- vom l8. Juli l868. ia der au-diücklich betont ist, raß nur ein sittlicher Mangel von der Wahl au-schließe, die oben Genannten mitwählen lassen. Die anderen hielten sich an ren Wortliut des GeietzeS und sprachen den oben Genannten da- Wahlrecht ab. Da solch ein Versadren mit dazu beitrage, da- Ver trauen untere» Volkes zur Kirche zu untergraben, so ergehe an die Synode die Bitte, sich »ar Sinne der vorliegenden Petition zu entscheiden. Der Rat Per Stutzt Tre-Sen beschloß, eine Petition an die Gtänveversammlung zu richten. Diese beliebt fick auf den Entwurf eine- Gesetze« über die Berbindlichk.it der Ort-armenverbände zur Zahlung der Konen für die i» den LandeS-Heil- und Pfleg,»»statten sowie in den Lande«,rziebung-aastalten u«t»rgrbrachtrn Personen. Durch dirsen Entwurf soll da- Gesetz vom 26. Mai 1834 auf gehoben werden. Da- sei aber sür die städtische Verwaltung nicht erwünscht, weil dadurch die einzge gesetzliche Gruodlage sür di» Verteilung der Für- sorgepflicht für die Heil-, Pflege- und Erziehung«, bedüritige« M scben Staat und Gemeind« verschoben wir». E« s«bl« in dem Gesetz »lwurf di« Bestimmung, daß sich di« Zablunlsrflcht der Armenverbände aus Vie Verpflegung«, briträg« be'chräak» und kaß sie denjeuigen Ori-aimenveldand, i» Hesse» Bezirk sich der verpflegt« bei »em Emtritt der
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