zeigt werden, aus dem dieser Baum erwuchs, die jahrhundertealte Freiber ger bergmännische Lehrtradition. Der Bergbau hatte seit dem Fündigwerden des Freiberger Silbers 1168 schon 600 Jahre Ausbeute gegeben. Ein immer wachsendes System von Er fahrungen und Kenntnissen war dabei entstanden. Goethe nennt es ein „in sich höchst mannigfaltiges und doch immer auf einen Zweck hingelei tetes Natur- und Kunstwesen“ [29, S. 238]. Es wurde von Mund zu Mund überliefert. Da bedeutete es einen ungeheuren Fortschritt, als um 1505 zum ersten mal ein in deutscher Sprache verfaßtes Lehrbuch des Bergwesens erschien [60], Es hieß: „Ein nützlich bergbuchley. Ein Collation von bergkgeschicke gehalte tzyschen daniele dem bergverstendigen und knappio seine berg jungen.“ Es behandelt neben Bergtechnik und Wirtschaft auch Markscheide kunst, Mineralogie und Alchimie. Es entsprach so sehr dem Bedürfnis, daß es in 200 Jahren achtmal in Mittel- und Süddeutschland gedruckt erschien [82, S. 72], Wer dieser „Daniel, der bergverstendigk“ gewesen, hat uns sein großer Nachfolger Georg Agricola in seinem weltberühmten Werk „De re metallica“ 1556 verraten. Es war der Freiberger Stadtphysikus Dr. ULRICH RÜLEIN von Kalbe, ein vortrefflicher Arzt und Mathematiker. Als Bürger meister schuf er 1514 eine städtische humanistische Schule neben der schola stischen Domschule, indem er die bedeutenden Gelehrten Joh. RHAGIUS und Petrus MOSELLANUS hierher zog. Als Feldmesser hat er den Stadtplan der neuen Silberstädte Annaberg und Marienberg entworfen und vermessen. Als Stadtarzt verfaßte er eine Pestordnung und veranlaßte die Anlegung des Friedhofs vor dem Donatstor. Er trieb auch selbst Bergbau auf Kupfer und Silber [6, S. 85]. 1523 ist er gestorben. Nach dem Kaufbuch Petri im Flauptstaatsarchiv besaß er das Haus, das jetzt Petriplatz 3 heißt und uns durch seine spätgotischen Fensterstäbe er freut. Es ging 1529 für 925 ff in den Besitz seines Schwiegersohnes Valentin Alnpeck über [45, S. 77]. Von 1537 bis 1556 besaß es sein Sohn Utz Rülein. In der Handschrift Aa 107 der Freiberger Städtischen Bücherei, einem Lehn brief von 1593, wird ein freier Garten auf der Fischergasse verliehen, „der zuoorn Herrn Ulrichs Ruhlen der Arzney Dodoren, unnd nach ihme vol- gendts Christoff Roseiern und Hansen Alnpecken gewesen“. Als Heimatort wurde bisher Kalbe a. d. Saale oder Kalbe bei Salzwedel in Betracht gezogen. In der Leipziger Universitätsmatrikel fand unser Rülein sich nicht, wohl aber 1509 ein Anshelmus Rulin de Kalb. Dieser ist unter die Bayern eingereiht, zu denen alle Süddeutschen gezählt wurden. Folglich gab es im schwäbischen Calw eine Familie Rülein, die Söhne auf Hochschu len schickte. Dazu stimmt, daß wir in der Freiberger Bürgermatrikel die einsilbige Form des Stadtnamens finden: 1508 Doctor udalricus kalb, 1536 Utz kalw. Im übrigen aber herrscht in Freiberg die zweisilbige Form des Namens vor. Auf Anfrage teilten die besten Kenner der Geschichte von Calw 1 mit, daß ihr Stadtname vom Volke damals wie heute nie anders als „Kalb“ gesprochen wurde, und daß die Rülin dort zu den ältesten Familien, zur „Ehrbarkeit“ gehörten. Ein Zweig der Rülein besaß in Calw eine Mühle, 1 Amtsgerichtsrat RHEINWALD, Calw, 9. 3.1949, G. A. Dir. SEYBOLD, Göppingen, 11. 3. 49 (Die Kirchenbücher sind 1693 verbrannt.)