Die Beiträge des vorliegenden Heftes lassen uns ahnen, welcher An teil dem Freiberger Erzbergbau und unserer Bergakademie in der Entwick lung der Montanwissenschaften und bei der Schaffung und Bewahrung unseres nationalen Erbes aus dem Mittelalter bis weit in die Neuzeit zu kommt. Der Verfasser verzichtet weitgehend auf eine sozialgeschichtliche Interpretation, die er der jüngeren Generation in einem umfassenderen Werke überlassen möchte. Der Glanz, der von Freiberg durch die Jahr hunderte ausstrahlt, darf uns aber den düsteren Hintergrund nicht ver gessen lassen, von dem er sich erhebt. Die Knappen und Hüttenarbeiter, die Poch- und Scheidejungen, die keineswegs Teilhaber der reichen Erz ausbeute waren, verdienen, daß sich die geschichtlichen Studien endlich auch ihnen zuwenden. Klingt doch schon in diesem Hefte durch, welche Not jene einfachen Menschen litten, wenn wir hören, daß bereits der Frei berger Arzt und Lehrer der Chemie und Mineralogie Friedrich Henkel, bei dem Lomonossow noch vor der eigentlichen Gründung der Bergakademie studierte, die Scheidebank eine „Schlachtbank der Kinder“ nannte und den Hüttenbesitzern vorwarf, „daß sie ihres Bruders Blut unchristlich ver wahrlosen“ ! Diese Forschungen sind natürlich außerordentlich mühsam und mit gro ßem Zeitaufwand verbunden, weil die herrschende Klasse nur immer sich selbst in den überlieferten Urkunden widerspiegelt, die Rolle des arbei tenden Volkes aber größtenteils aus indirekten Zeugnissen erschlossen werden muß. Es ist zu erwarten, daß die ersten Ergebnisse dieser Studien schon in nächster Zeit im Druck vorgelegt werden können, denn die Durch leuchtung des sozialen Bodens, auf dem der Kulturmittelpunkt Freiberg gewachsen ist, ist bereits in Angriff genommen. Wir glauben, daß inzwischen weite Kreise es begrüßen werden, von einigen bedeutenden Zeitabschnitten der Freiberger Geschichte und von wichtigen Epochen seiner Hochschule ein kulturhistorisch außerordentlich fesselndes Bild aus bisher noch nicht erschlossenen Quellen zu erhalten, das gerade auch für die weiteren Forschungen von großem Wert sein wird. Dipl.-Ing. Rolf Wendler