vielleicht gar Apotheker werden wolle, keck geantwortet haben soll: „Doch lieber Apotheker als Kammerherr!“ 4 Immerhin ist nicht zu über sehen, daß, wie aus einem Tagebuchvermerk des damaligen havellän dischen Kreisphysikus und Humboldtschen Hausarztes Dr. Ernst Ludwig Heim vom 30. Juli 1781 hervorgeht, dieser den Brüdern Wilhelm und Alexander von Humboldt „die 24 Klassen des Linneschen Pflanzensystems“ erklärt hatte. 5 Wie sich für Alexander aber zu der Zeit, als er eben Preußischer Bergamtsassessor geworden war, in der Erinnerung die auf Tegel verbrachten Jugendjahre darstellten, ergibt sich sehr klar aus einem im Juni 1792 aus Tegel an seinen Freiberger Studienfreund Karl Freies ieben (1771—1846) gerichteten Brief, in dem es u. a. heißt: „... Hügel mit Weinreben, die wir hier Berge nennen, große Pflanzungen von ausländischen Hölzern, Wiesen, die das Schloß umgeben, und über raschende Aussichten auf die malerischen Ufer des Sees machen diesen Ort allerdings zu dem reizendsten Aufenthalte der hiesigen Gegend. Nehmen Sie dazu einen hohen Grad der Gemächlichkeit und des Wohllebens, der in unserm Hause herrscht, so werden Sie sich doppelt wundern, wenn ich Ihnen sage, daß ebendieser Ort, so oft ich ihn besuche, wehmütige Empfindungen in mir erregt. Sie erinnern sich unserer Gespräche, als wir vom Milischauer nach Teplitz zurückkehrteri, als Sie so viel Anteil an der Schilderung meiner Jugendjahre nahmen. Hier in Tegel habe ich den größten Teil dieses traurigen Lebens zugebracht, unter Leuten, die mich liebten, mir wohlwollten und mit denen ich mir doch in keiner Empfindung begegnete, in tausendfältigem Zwange, in entbehrender Einsamkeit, in Verhältnissen, wo ich zu steter Verstellung, Aufopferungen usw. gezwungen wurde. Wenn ich mich noch jetzt, da ich frei und ungestört hier lebe, hingeben will in den Genuß, den die reizende, anmutsvolle Natur hier in so reichem Maße gewährt, so werde ich zurückgerufen durch die widrigsten Eindrücke, durch Erinnerungen an meine Kinderjahre, die selbst jeder reglose Gegenstand hier rege macht. — So wehmütig solche Erinnerungen aber auch sind, so interessant werden sie einem zugleich auch durch den Gedanken, daß gerade dieser Aufenthalt so viel zu der jetzigen Stimmung meines Charakters, zu der Richtung meines Geistes auf das Studium der Natur usw. beitrug Als Alexander 14, sein Bruder 16 Jahre alt geworden war, wurde Tegel nur noch sonntäglicher Aufenthalt der Familie, während man die Woche über in dem Berliner Haus lebte, wo die Brüder nun — immer noch unter Kunths Oberleitung — auch durch bewährte Berliner Lehrer und Staatsbeamte in die verschiedenen Wissensgebiete eingeführt wur den, die der Mutter im Sinne des oben erwähnten Ausbildungsplanes als wesentlich erschienen. Offenbar standen dabei neben Mathematik die Staatswissenschaften im Vordergrund, während Alexanders nun stärker hervortretendes Interesse für Naturwissenschaften, Technik und Völker kunde auch durch diese Privatkurse wenig Nahrung fand. Seine schon früh erwachte Sehnsucht nach Reisen in ferne Länder hat vielleicht schon in jener Zeit einen entscheidenden Antrieb erhalten durch die Lektüre des 1778 zu Berlin in deutscher Übersetzung erschienenen zweibändigen 4 S. Scurla, S. 27. * Br. I, S. 31. ‘ Scurla, S. 25 f.