16 während seines Studiums seine Mutter starb, an der er mit großer Liebe hing. Nach Beendigung des Studiums kam er nach Zettlitz, einem kleinen Ort, wo ich bei meiner Großmutter, der dortigen Kantorswitwe, weilte. Hier lernten wir uns kennen. Besonderen Eindruck machte auf mich, daß er so stolz auf seine Ausbildung durch die Fürstenschule war. Mein Mann und mein Onkel traten gleich bei ihrem Bekanntwerden in innige Beziehungen, weil beide Fürstenschüler waren. Mein Onkel war Augustiner. Es gab ja so viele Erinnerungen der Fürstenschulzeit mit ihren traditionellen Einrichtungen aufzufrischen, und es gibt wohl kaum eine andere Erziehungsanstalt, deren Schüler so voller Liebe und Ehrfurcht an ihr hängen. Ich hörte oft die vorzügliche Ausbildung rühmen, und der Stolz, der aus den beiden ehemaligen Schülern sprach, veran laßte mich, manchmal etwas zu spötteln. Wenn zum Beispiel eine wissenschaftliche Frage nur durch meinen Mann oder Onkel beant wortet werden konnte, sagte ich: „Euch muß das ein Leichtes sein, Ihr habt ja .Fürstenschulbildung'." Schon Jahre hindurch freute ich mich auf das große Schulfest 1943, zu dem mich mein Mann mitnehmen wollte. Er machte mich schon vorher an Hand von Photos mit den Räumlichkeiten und Gepflogenheiten seiner Schule vertraut. Weihnachten 1935 verlobten wir uns in Plauen im Kreise meiner Eltern, meines Bruders und meiner nächsten Verwandten. Mein Mann, der seit langem kein Familienleben mehr kannte, empfand die Wärme und den Wert eines solchen doppelt stark und fühlte sich gleich als ein Dazugehöriger. Nachdem mein Mann verschiedene Stellen als Aushilfslehrer hatte und schon als tüchtig bekannt war, wurde er 1938 als ständiger Lehrer im schönen Erzgebirge angestellt. Im gleichen Jahre heirateten wir. Da wir keine passende Wohnung bekamen, bewarb sich mein Mann um die heißumstrittene Stelle in Neundorf beiPlauen und bekam sie auch. Mein Mann war mit Leib und Seele Lehrer, seine Schüler hingen sehr an ihm, trotz seiner Strenge, wo sie angebracht war. Mein Mann, der ein tüchtiger Sportler war — auf einer Radtour zeigte er mir die Strecke bei Meißen, wo er für das Reichssport-- abzeichen 10 km als einer der Besten gelaufen war — gab be sonders viele Turn-, Schwimm- und Bastelstunden. Diese Stunden sind gerade dazu angetan, den Kindern nicht nur Vorgesetzter, sondern auch Kamerad zu sein. Ich selbst war Zeuge einer großen Kameradschaft, als wir mit einer großen gemischten Klasse im herrlichen Schullandheim im Elbsandsteingebirge waren. Meines Mannes Klasse war die disziplinierteste, trotzdem herrschte ein frisch fröhlicher Ton und die Harmonie zwischen Lehrer und Schülern war vorbildlich. Leider konnte mein Mann seine Tätigkeit in Neun dorf nicht lange ausüben. Bereits acht Tage vor Kriegsbeginn wurde er eingezogen. Im Polenfeldzug kämpfte er in vorderster Linie. Im Westen war er ebenfalls in vorderster Front eingesetzt. Er machte drei Spähtrupps mit, erwarb sich das E. K. II und