17 Blick von der Augustusbrücke, Aquarellzeichnung, 1810 Verständnisses leicht tun ließe. Mochten die Mitglieder des Kreises zunächst vor allem Gelegenheit zu ästhetischem Spiel suchen, zu Zeit-Vertreib (was die Kunst ja auch immer ist); so muß doch zugleich der bemerkenswerte Versuch gesehen werden, wieder eine Form der Kunstkommunikation zu schaf fen, die nach sieben Jahren der Kriegszeiten verlorengegangen war. Carl August Böttiger, von Ludwig Tieck schon früh 61 wegen seines betriebsamen, zuträgerischen Wesens als „Magister Ubique” verspot tet, wurde nach Johann Christoph Adelungs Tod (1806) als der bedeutendste Gelehrte der Stadt an gesehen; 71 und die Dresdner „Abendzeitung” war zwischen 1817 und 1840 ein in Mittel- und Nord deutschland hoch angesehenes Literaturblatt: Sechsmal wöchentlich erschienen vier Seiten, herausgege ben von Friedrich Kind und Theodor Winkler (Hell); eine schon redaktionell und ökonomisch er staunliche Leistung; zudem - ebenso wie das Theater - innerhalb der Konventionen des sächsi schen Biedermeier ein Ersatz für Öffentlichkeit, die man der Bevölkerung wenigstens bis 1830 sonst weitgehend versagte. Bei allem unkritischen Selbstlob, der Mittelmäßigkeit der Produkte und persönlicher Spannungen und Querelen - der „Liederkreis” kannte im gegenseitigen Umgang Toleranz und Formkultur, Weit herzigkeit und Gleichheit. Ohne dieses geistige Klima zwischen Altmarkt und Hosterwitz wäre nie ein „Freischütz” oder eine „Euryanthe” aus dem Umfeld dieser literarischen Assoziation hervorgegan gen. 81 Doch ein Lied „An die Freude”, wie es die jungen Leute im Loschwitzer Weinberg Körners gesungen und im „Männerstolz vor Königsthronen” als Vor-Schein der bürgerlichen Freiheit empfunden hat ten, war nun, dreißig Jahre später und mit den Erfahrungen des politischen und militärischen Deba kels nicht mehr denkbar. Nichts ist bezeichnender für diesen veränderten und unheroischen Erfah rungshorizont des postrevolutionären und postnapoleonischen Bürgertums als das Widmungsgedicht, das Winkler-Hell, dieser erfahrene, wendige Literat und führende Kopf des Dresdner Kulturlebens, für die erste Nummer der „Abendzeitung” („1. Jenner 1817”) schrieb. Als „Häusliches Zweigespräch der Ehegatten verkündet es sechzehnstrophig in einlullendem Rhythmus das Glück hausbackener Be schränktheit, aus deren idyllisierender Zuschauerrolle eben nur das neue Journal ein wenig Befreiung bringen könne: