27 Ewa Tomicka-Krumrey Die Gelehrsamkeit und das Buchwesen »Ausländer werfen uns Polen gemeiniglich vor, wir hätten gar keine Bücher. Und gestehen sie uns ja etwas von Schriften zu, so sagen sie doch, es sey nichts daran. Sie gründen ihr Urteil auf die Unwissenheit. Sie haben von unseren Werken nichts gelesen, sie haben nichts davon gesehen; sie haben auch nichts davon gehört.« Diese Worte schrieb 1747 in der »Nachricht von denen in der Hochgräflichen Zaluskischen Bibliothek sich befindenden raren polnischen Büchern« (Dresden) kein anderer als Jan Daniel Janocki (Jänisch) (1720 -1786), ein in Polen wirkender gebürtiger Sachse, persönlicher Sekretär von Jözef Andrzej Zaluski und dessen Bibliothekar. Die Geschichte der Zaluski-Bibliothek begann bereits 15 Jahre früher, als 1732 in der Piaristen-Druckerei in Warschau ein kleines Büchlein in quarto die Druckpressen verließ. Damals hatte dieses Ereignis kaum jemand bemerkt. Das Buch war auf schlechtem Papier, mit bereits sehr abgenutzten Lettern gedruckt und typographisch nicht besonders sorgfältig be arbeitet worden. Es unterschied sich äußerlich auch kaum von der üblichen Buchproduktion des Landes zu dieser Zeit. Sein Inhalt kündigte aber einen geistig-kulturellen Umbruch in Polen an. Der Autor der »Programma literarium ad bibliophilos« (Warszawa 1732), Jözef Andrzej Zaluski (1701—1774), der spätere Bischof von Kiew, war zwar damals erst 31 Jahre alt, verfügte jedoch über sehr gute Kenntnisse der zeitgenössischen europäischen Literatur und ging bereits intensiv seinen bibliophilen Interessen nach. Das nach außen hin bescheidene Bändchen, verfaßt in einem schwerverständlichen Stil, gespickt mit lateinischen Formulierungen, überraschte durch die Breite und den Mut des angelegten Vorhabens. Es handelte von der Gründung einer Biblio thek, die den gesamten Reichtum des polnischen Schrifttums sammeln und allen interessierten Lesen zur freien Verfügung stellen sollte. Ein wichtiges Ziel sah Zaluski in der Erarbeitung einer nationalen Bibliographie, die zuvorderst der polnischen Gesellschaft selbst, dann aber auch dem Ausland ein Bild vom polnischen Kulturerbe vermitteln wollte. Ein wichtiger Meilenstein dahin waren die Kataloge neuerschienener oder bereits vorhandener Bücher nach den Vorbildern aus England, Frankreich und Deutschland. Zaluski bat in erster Linie die Druckereien um laufende Informationen über die Buchproduktion. Durch die Analyse der bibliophilen Bücherbestände deckte er deren Lücken auf. Insbesondere wichtige historische Schriften forderte er neu aufzu legen. Überhaupt sollte das historische Quellenmaterial systematisch aufgearbeitet und letztlich gesammelt werden. Zaluski regte ferner er in seinem Programm auch die Herausgabe von Wer ken der europäischen Literatur in polnischer Sprache an, um deren Inhalt unter den polnischen Lesern zu verbreiten. Das Gedankengut der Aufklärung gedachte er über gelehrte Zeitschriften zu popularisieren. Zaluski war sich über die Widerstände gegen seine Pläne sehr wohl bewußt.