Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Titel
Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Untertitel
ein Reisehandbuch mit Reiskarte von Rudolf Henke und einer Routenkarte
Alternativtitel
Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz
100 Der Sprudel. Der mächtige, geyserartig aufstossendc heisse Quell hat seinen natürlichen Ausfluss im Teplbett, eine grosse Quaderfassung zwingt ihn jedoch, neben der Tepl unter einer Halle zum Ausfluss; mehrfach hat er schon seine Fesseln durchbrochen und noch ist es nicht gelungen, ihn für die Dauer zu bändigen; er ist der Urquell aller übrigen, minder heissen Karlsbader Quellen. Schon von Weitem verräth er sich durch seine Dampfsäulen, die namentlich im Winter bei Frosttagen häuserhoch aufsteigen. Schmucke Egerländerinnen in Nationaltracht stehen dabei, halten lange Stäbe mit Bechern hinein und kredenzen das heisse Wasser den zahlreich Harrenden. Das Wasser mit einer natürlichen Wärme von 59° E., enthält schwefelsaure Salze und kohlensaures Natron, sein Geschmack erinnert an dünne Hühnerbrühe. Gegenstände, die man hineinhält, überziehen sieh sehr bald mit eiuer harten Kalksinterkruste und auf diese Eigenschaft hin hat sich eine nicht unbedeutende Industrie entwickelt. Man bietet allerhand incrustierte Spielereien zum Ver kauf aus und fertigt auch Sehmuckgegenstände aus dem in allen Farben spielenden Sprudelstein. Zur Gewinnung des Karlsbader Salzes benutzt man den Sprudel doppelt. Einmal liefert er das Wasser, aus dem dasselbe abge dampft wird und dann lässt man ihn durch seine Wärme den Abdampfungsprocess selbst besorgen, indem er, unter den Ab- dampfungsgefässen hinweggeleitet, dieselben heizen muss. Die anderen Quellen kommen dem Sprudel mehr oder weniger nahe, sie wirken weniger intensiv und darum werden einige davon von den Aerzten mit Vorliebe empfohlen. Die Wärme stellt sich wie folgt: Bernhardsbrunnen 53, Neubrunnen 49, Felsenkeller 48, Mühlbrunnen 46, Marktbrunnen 36 und Schlossbrunnen 27° E. Während des Erdbebens zu Lissabon 1755 wurden auch die Karls bader Quellen und besonders der Sprudel in Mitleidenschaft ge zogen. Dieser blieb 3 Tage lang völlig aus, um dann mit verstärk ter Kraft wieder hervorzubrechen. Die Quellen bewirken im All gemeinen Degeneration der Säfte und erweisen sich bei Leberleiden besonders von unabschätzbarer hygienischer Bedeutung. Das Badeleben. Am Besten lässt sich das Treiben der Gäste des Morgens an den Quellen (Sprudel und Mühlbrunnen) beobach ten. Vertreter aller Nationen, darunter Orientalen in Nationaltrachten,