BEIBLATT DER TYPOGRAPHISCHEN MITTEILUNGEN / SCHRIFTLEITUNG: ERNST PRECZANG BERLIN SW 61, DREIBUND STR. 9 ACHTES HEFT / AUGUST 1928 Die Sehriftkünstler von Tegernsee Im uralten Benediktinerftifte zu Tegernfee im bayrifchen Oberlande lebten in den Zeiten der Buchfchreibekunft eine Reihe ausgezeichneter Schönfchreiber und Büchermaler, die der Ver- geffenheit entriffen zu werden verdienen. Das Stift barg in feiner Bücherei reiche Schätze alter mönchifcher Handfchriftenkunft. Diefe Schätze erwarben die ÄbtezumTeil von andernKlöftern, zum Teil wurden jedoch diefe prächtigen Kunft- werke von den Infaffen des Stiftes felblt ange fertigt. Bei Aufhebung des Klofters Tegernfee 1803 wanderten diefe Bücherfchätze zum größten Teile in die Staatsbibliothek zu München, wo Ce noch heute einen Beftandteil der feltenften alten Handfchriften bilden. Wir können den KunftGnn und den Bienenfleiß diefer Mönche nicht hoch genug bewundern, da die alten Benediktiner mit den einfachften Mitteln arbei teten und mit warmer Liebe und völliger Hin gebung ihre Kunlt ausübten. Allerdings wiffen wir auch, daß die Schriftenmaler in den Klöfiern ankeine Arbeitszeit gebunden waren; Ge konn ten darum mit Muße und Sorgfalt ihrer Kunft nachgehen. Unter Abt Kafpar Ayndorffer (1426—1461) legte am 8. Dezember 1442 Pater Anton Pelchinger aus Hofen die Gelübde auf die Regel des hl. Benedikt von NurGa ab. Diefer Ordenspriefter wird in der Stiftgefchichte von Tegernfee ge rühmt als ausgezeichneter Schriftenmaler und Sänger. Er fertigte im Jahre 1459 eine Pracht- handfchrift an, die eine Rede des Rhabanus Maurus über das hl. Kreuz und eine Vertei- digungsfchrift zu Ehren Unfrer Lieben Frau enthält. Diefe Handfchrift ftattete er u. a. mit 46 Zierbildern aus, die noch heute Bewunderung erregen. Die Zierbilder Gnd eigene Schöpfungen diefesMeifters und gelten als ein»fehr beachtens wertes Kunftwerk«, wie Berthold Riehl fchreibt. Die Handfchrift Peldiingers ift heute im BeGtze der Münchner Staatsbibliothek. Pater Pelchinger fchrieb außerdem noch einige Antiphonarien für den Betchor von Tegernfee und andere Werke für die Schriftbücherei feines Haufes. Pelchinger ftarb am 18. September 1465 und wurde in der Kloftergruft zu Tegernfee beigefetzt. Unter Abt Ayndorffer wirkte neben Pater Pel chinger fein Mitbruder Pater Michael Saxl aus Rot als Sänger und vorzüglicher Schriftenmaler. Saxl gehörte vorher dem Stifte Benediktbeuern an und gelobte am 21. März 1449 die Seßhaftig keit für die Abtei Tegernfee. Pater Michael Saxl unterließ es, feinen handfchriftlichen Kunft- werken feinen Namen beizufetzen. Es laffen Geh daher leider feine Schöpfungen heutenichtmehr mit Sicherheit fellftellen. Saxl fchied am 20. Mai 1510 zu Tegernfee aus dem Leben. Einige Tage vorher hatte zu Tegernfee Pater Melchior Hofmayr aus München das Zeitliche gefegnet. Diefer muftergültige und liebenswür- digeOrdenspriefter erhielt in derAbteigefchichte das Lob, einer der bellen Schönfchreiber des Stiftes gewefen zu fein. Pater Hofmayr hatte am 21. März 1456 die Gelübde abgelegt und ftarb nach fegensreichem Wirken als Lehrer der Ordensjugend am 18. Mai 1510. Den Ruf eines tüchtigen Malers genoß unter den Äbten Ayndorffer und Konrad Ayrnfchmalz Pater Gabriel Aman aus Augsburg, der von 1458 bis 1498 imStifteTegernfee tätig war. Über feine Schöpfungen haben uns dieHausgefchicht-,| pr fchreiber von Tegernfee leider nichts berichtet.