30 Stephan Klaus Das Ostragehege als Hafenanlage Nach Friedensschluß im deutsch-französischen Krieg kehren die Truppen des XII. Königlich- Sächsischen Armeekorps nach Dresden zurück. Hochdekoriert, Kronprinz Albert, der spätere König Albert, als Reichsfeldmarschall, jedoch mit erheblichen Verlusten an Offizieren und Mann schaften. Zu diesem Zeitpunkt beginnt in Deutschland, durch französische Reparations zahlungen begründet, der wirtschaftliche und vor allem in Sachsen der industrielle Aufschwung. 1 * Die Stadt beginnt, von weitschauenden und zukunftsorientierten Stadtvätern geleitet und mit Hilfe motivierter Unternehmer, Bauräte und Architekten, die wirtschaftliche Entwicklung einschließlich aller infrastrukturellen Aufgaben voranzutreiben. In den Folgejahren entstehen die ersten Pferdebahnen, die »Albert-Brücke« wird gebaut, 1878 wird das zweite Sempersche Opernhaus eingeweiht, die Leipziger und Wilsdruffer Vorstadt werden »Industriegebiete«, und im Jahr 1880 findet die Reformierung der Sächsischen Armee mit der Fertigstellung der Albertstadt als neuem Kasernenareal im Dresdner Norden ihren Abschluß. Im gleichen Zeitraum erhöht sich der Güterverkehr von und nach Dresden, vor allem von Hamburg aus, um ein Beträchtliches. Bereits im Jahr 1888 werden in der Stadt 1,9 Mio. Ton nen Frachtgüter abgefertigt. Damit wird die Errichtung eines zentralen Güterbahnhofes zur Notwendigkeit. Einziges Gelände, will man nicht vor den Toren der Stadt bauen, ist der Bereich des Berliner Bahnhofs in Dresden-Friedrichstadt, südlich des Elbebogens und südlich des »Großen Geheges«, des Ostrageheges. 2 * Zur Realisierung des riesigen Flächenbedarfes greifen die Verantwortlichen auf die bereits 1875 projektierten Unterlagen zur Verlegung der Weißeritz zurück. Schon im Jahre 1850 durch den Direktor der Königlich-Sächsischen Finanzvermessung F. K. Preßler in der Denkschrift mit dem Titel »Die Centralisation der Dresdner Bahnhöfe« - ein weit vorausschauendes Projekt zur Entwicklung des künftigen Eisenbahnnetzes in Dresden - vorgeschlagen, beinhaltet diese Idee auch die Verlegung des Weißeritzflusses. Damals vom Sächsischen Landtag abgelehnt, werden diese Pläne fast 50 Jahre später zu großen Teilen verwirklicht. 3 * Die Weißeritz, wichtigster Nebenfluß der Elbe im Dresdner Stadtgebiet, lieferte nach dem Pas sieren des Plauenschen Grundes die notwendigen Aufschlagwasser für das Kanonenbohrwerk, eine Pulvermühle, die Spiegelschleife und die Nudelmühle. Gleichzeitig war sie Floßwasser aus dem Erzgebirge bis zum Floßhof in Löbtau, in der Nähe der heutigen Floßhofstraße. Die Wei ßeritz mündete zu diesem Zeitpunkt und bis 1893 unterhalb der Marienbrücke in der Achse der heutigen Weißeritzstraße, einzige und letzte Erinnerung an den ehemaligen Flußverlauf, in die Elbe. Im Zeitraum 1891 bis 1893 erfolgte die Verlegung in ein kanalisiertes Flußbett zwi schen Löbtau und Cotta, in deren Ergebnis die Weißeritzmündung nun fast drei Kilometer