ICH FILME Vo n FRANZ BLEI F ür Geld und gute Worte ziehe ich das Kostüm des John Knox an, weigere mich, mir einen Bart kleben zu lassen und willige in die filmmäßige Be malung meines Gesichtes. Von ihm zu leben, da es vom Geiste nicht ganz geht, bin ich entschlossen. Daß dem so ist, gebe ich nur meinem Geist schuld, von dem ich eben zu wenig oder nicht den richtigen zeitgemäßen habe. Hätte ich so viel davon wie Karl Kraus, brauchte ich nicht zu filmen. Ja, hätte ich nur halb so viel Singstimme wie er, würde ich wie er Couplets singen und nicht filmen. Aber ich bin so wenig begabt, daß mir nur übrig bleibt, die Würde eines Gesichtes und die kleine Fähigkeit, die dazu passenden Bewegungen aus zuführen, darin zu engagieren, daß sie mir das Geringe einbringen, das man über das tägliche Brot braucht, um einiges Interesse am Leben sich zu erhalten. Da gab es eine große Bankettszene, die wir „Prominenten“ allein nicht be streiten konnten. So tauchten aus den Garderoben schön angezogene Kom parsen auf, nette junge Leute, und darunter fünf ganz wunderschöne Frauen. Unsere heutige aus dem Sportlichen her bestimmte Frauenmode mit ihrer demo kratischen Vereinfachung und Gleichmachung ist ja eine povere Sache neben diesen Frauenkleidern aus der Valois-Zeit. Wie köstlich tauchen Nacken, Schultern, Busen aus diesen Seiden und Spitzen! Wie ganz ahnungslos sind unsere Bischöfe, die gegen das Unsittliche der kurzen Röcke Hirtenbriefe erlassen! Der Irrtum, die heutige Mode für unsittlich zu erklären, macht der Menschheit und Naivität dieser Herren alle Ehre, wenn sie auch durch ihr kanonisches Alter gar nicht in die Lage kommen, hier was Brauch bares auszusagen. Denn in Wahrheit gibt’s nichts, das modisch geeigneter wäre, kühl und indifferent zu machen als wie sich heute unsere Frauen an- ziehen. Schlägt so ein Mädchen die Beine über einander, kann man die Oberschenkel sehen — aber wer sieht schon hin? Eine Frau vielleicht. Gewiß kein Mann. Je mehr dem unverlangt gezeigt wird, um so gleichgültiger ist es ihm. Vielleicht ist das bei Bischöfen anders. Aber deren sind doch immer hin nur ein paar hundert in der ganzen Christen heit. Also diese köstlichen, wohlgepflegten, über aus schönen fünf Frauen erzählten mir, während wir bankettierend gekurbelt wurden, d. h. in den nicht endenden Vorbereitungen dazu, daß sie jeden Tag filmisch zu tun und ihre eigenen Toiletten für moderne Stücke hätten, es ihnen sehr egal sei, auf Ottomar Starke der Leinwand gesehen zu werden, und daß sie sich 38