Der Sensations- prozefi Beobachtungen im GJ-ericlitssaal Von Balder Olden E in Polizei-Kordon mnß die Zufahrt zum Tribunal freihalten. Alle Tore sind von Uniformierten besetzt, denn durch Hintertüren und Seitengänge würden sonst Massen versuchen, wenig stens in die Nähe, in die berausdiende Atmosphäre des Gerichtssaals zu kom men. Zu Tausenden stehen sie ja, wenn der Prozeß seine Höhen erreidit, stünd lich eine Wendung möglich ist! \orhalle, Treppen, die Türen zum T erhandlungssaal — überall Posten. Jede Legitimation wird sedismal geprüft, man wird leibesvisitiert, Fanatisierte könnten ein Attentat im Geriditssaal be absichtigen. Am Eingang zur öffent- lidien Tribüne ncdi einmal drängende Scharen; Hunderte, von denen kaum jeder vierte Platz finden wird. Sie stehen Queue, tage- und tagelang. Einmal wird ihre Stunde kommen; einen Blick nur auf die Szene zu tun. ein Wort, einen Sdirei nur aufzufangen! Auf steinernen Bänken sitzen Men schen mit fahlgrauen Gesichtern. Müde, Gequälte; aus ihrer Unbewegtheit zittern Spannung und Angst, Teilnahme, Lam penfieber, Haß und abermals Angst: Es sind Zeugen, die seit Tagen vielleicht hier den Aufruf erwarten, um unter den Augen der ganzen Welt zu ersdieinen, den Ohren der ganzen Welt preiszu geben, was sie sich selbst in heimlidisten Stunden vielleicht nicht verraten hätten. Mit Zuchthaus wird man sie beim Auf ruf bedrohen: ein Sdiritt, ein Abtaumeln von der Wahrheit kann ihr \ erderben sein, aber audi die Wahrheit selbst kann Not und Sdiancle bringen. Jetzt, nach Tagen soldien Harrens, beeinflußt von den Aussagen anderer Zeugen, Mut maßungen der Geridits-Funktionäre, der Zeitungen, wissen sie nicht mehr, was vor kurzem nodi leuditende Wahrheit schien. Sie halten Zeitungen in der Hand, die ihr Schweiß klebrig und sdiwarz ge- madit hat, sie tusdieln miteinander und sind in Gruppen geteilt, die einander in dunklem Haß gegenüberstehen. Danach scheint der Saal erst wie laute rer Friede. Die Achtzig oder Hundert auf der Tribüne dürfen sich nicht regen. A'or ihnen, den Mittelraum füllend, wird geschrieben, gezeichnet, geschuftet — ein Hundert Reporter arbeitet für Aber- Millionen von Lesern, die sich den Be richt. der jetzt entsteht, in einer Stunde aus den Händen reißen werden.