43 Franziska Nentwig Christian Gottfried Körner ° und sein musikalischer Kreis in Dresden und Loschwitz Ein bisher wenig beachtetes, weitgehend noch unerschlossenes Kapitel der Musikgeschichte Dresdens im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert empfing wichtige Im pulse durch das Wirken des Appellationsrates Dr. Christian Gottfried Körner. In den fast dreißig Jahren seines Aufenthaltes in Dresden von 1785 bis 1815 hat er - ohne selbst ein Musiker, Komponist oder Dirigent zu sein - mit vielseitigem persönlichem Engage ment wesentlich zur Entstehung und der Entfaltung eines regen bürgerlichen Konzert lebens beigetragen und das Interesse breitester Kreise an der Beschäftigung mit der Musik geweckt. Körners universelle Bildung, sein künstlerisches Verständnis, seine umfassenden Kennt nisse auf vielen Gebieten ließen ihn zu einem geistvollen und inspirierenden Gesprächs partner für Größen des deutschen Geisteslebens wie Schiller, Goethe, Kleist, Novalis oder die Gebrüder Humboldt werden. Auch Künstler und Musiker schätzten seine Be kanntschaft sehr. Innerhalb weniger Jahre sammelte sich um Körner ein großer Kreis von Freunden und Bekannten. Beliebteste Treffpunkte waren dabei Körners Wohnung in der inneren Neustadt am Kohlmarkt und sein am Fuße des Loschwitzer Weinberges gelegenes Haus. Im Jahre 1786 lernte Christian Gottfried Körner den Dresdner Hofkapellmeister Johann Gottlieb Naumann kennen, der als Opernkomponist und Schöpfer zahlreicher Messen und anderer geistlicher Kompositionen in Deutschland, Italien und Nordeuropa Berühmt heit erlangt hatte. Beide verband eine enge Freundschaft, die einen fruchtbaren geistigen Austausch einschloß. Johann Gottlieb Naumann (1741-1801) legte großen Wert auf Kör ners Urteil über seine Kompositionen. So gehörte Christian Gottfried Körner zu den er sten, denen Naumann persönlich am Klavier Teile aus der Partitur seines »Vater Unser« 0 vorstellte. Das nach einer Textvorlage Klopstocks entstandene Werk gehört zu den ein drucksvollsten und bedeutendsten Kirchenkompositionen Naumanns. Gemeinsam mit an deren Musikfreunden bemühte sich Christian Gottfried Körner 1799 mit Erfolg um eine baldige öffentliche Uraufführung. Neben Mitgliedern der Dresdner Hofkapelle beteiligten sich daran einige hervorragende italienische Sänger, die es sich, wie ein Chronist zu berich ten wußte, »zur Pflicht machten, ihre Talente der Ehre deutscher Kunst zu widmen.« 21