53 Zum achten Kapitel glaubt die Mehrheit der Deputation, daß es auch der wenigen hier aufgenom- uiciieu neuen Bcwcisrcgeln nicht bedürfen werde, cs vielmehr gerathcncr scu, dies; ganze Kapitel hinwegzulaffcn, und nur einige, mehr das Verfahren bei der Beweisaufnahme betreffende, Sätze an andern Stellen des Gesetzes aufzunehmen. Das Gesetz vom 30. März 1838 unter X. geht von der Ansicht aus, dem Richter keine seine Ucberzcuguug bindende Beweisrcgeln vorzuschrcibcn, und es hat sich dieser Grundsatz auch seitdem durch die Gründlichkeit, mit der die er- kennenden Richter der Bcurthcilung der Thatfrage sich unterzogen haben, aus reichend bewährt. Jedes Abgchcn von demselben könnte daher nur als ein bc- klagcnswcrthcr NücksclMt angesehen werden. Es liegt aber auch in der Natur des Criminalprozeffes, dessen Streben auf Erlangung materieller Wahrheit ge richtet ist, daß er positive Bcwcisrcgeln verschmäht, die nur formelle Wahrheit begründen, und im einzelnen Falle, so richtig sie auch im Allgemeinen sevn mö gen, mit den Gesetzen des vernünftigen Denkens, die bei Bcurthcilung der Wahrheit einer Thatsache allein gültig sind, in Widerspruch treten können. Dabei sind solche Regeln ein Ruhekissen, auf dem nur zu leicht der Träge und Bequeme ausruhct, und wirken daher dem ächt wissenschaftlichen Geiste in den Gerichtshöfen entgegen. Unrichtig ist es auch, daß es solcher Regeln bedürfe, wenn man vom Richter Entscheidungsgründc verlangen wolle. Nicht nur hat die Erfahrung in Sachsen diesen Einwurf siegreich wider legt; sondern es ist auch gar nicht abzusehcn, warum die logischen Sätze, nach denen ein Erkenntniß abgcfaßt worden ist, nicht ebenso gut in den Entschci- dungsgründcn ausgcdrückt und von einer höhern Instanz geprüft werden könn ten, als positive Rcchtssätze, auf welche man sich hierbei beruft, vielmehr wird iin erstem Falle zum Besten der Sache nur ein gründlicheres Eingehen in die vorliegenden Thatsachen crfodcrt. Betrachtet man nun die Bestimmungen des Kapitels einzeln, so wird man finden, daß sie thcils sich ganz von selbst ver stehen, also überflüssig sind, thcils so allgemeine Sätze enthalten, daß damit eigentlich nichts erreicht wird, thcils aber auch unzureichend und nicht ganz zwei fellos sind, theils endlich bei aller angewandten Discretion doch das Ermessen des Richters immer noch zu sehr binden, z. B. § 128. Dagegen enthält 8 123 einen so hochstehenden Satz, daß er mehr in eine philosophische Abhandlung, als in ein Gesetz gehört. Demnächst scheint es immer bedenklich in einem Ge- 'ctze über das Criminalverfahrcn, wie in § 132 geschehen, von der Beweiskraft ter Urkunden zu sprechen und dadurch die Grundsätze des Civilprozcffes über die