VI. DIE BURGHAUSENER GRABPLASTIK. A. FRANZ SICKINGER. T4urghausen, bekannt als Ausgangspunkt einer baukünstlerischen Be- ^ wegung, deren Hauptvertreter Hans Stethaimer, der Meister von St. Martin in Landshut und zahlreicher verwandter Bauten ist, hat offenbar im Zusammenhang damit auch im Handel mit rotem Marmor und daraus hergestellten Grabsteinen eine bedeutende Rolle gespielt; jedoch hat sich aus & der Zeit vor den siebziger Jahren so wenig davon erhalten, daß sich eine einigermaßen sichere Stilentwicklung nicht belegen läßt. Ein riesiger Wappenstein am Spital zu Braunau, den dessen Stifter Hartprecht Harstkircher 1 ) 1417 zu seinem Gedächtnis errichten ließ, verwendet dieselben heraldischen Formen wie auch die gleichzeitige Chiem- gauer Wappenkunst. Nur die beträchtlich schlankere Helmbildung läßt erkennen, daß das Stück einem anderen Kunstkreis angehört. Dagegen beweist eine von der bisher geschilderten Grabmalskunst gänzlich unabhängige Weiterentwicklung der schöne Grabstein für den 1441 gestorbenen Land schreiber Jörg Eber speck an der Pfarrkirche zu Burghausen 2 ), der einzige seiner Zeit, der dort einer Nutzbarmachung zu profanen Zwecken entgangen ist. Er zeigt in einer im Kielbogen schließenden eingetieften Nische ein Allianzwappen unter einem Helm von verwandter, aber gedrungenerer Form als die gleichzeitig in Salzburg übliche. Ein fundamentaler Unterschied spricht sich dagegen in der Führung der Decken aus, die ganz ungezwungen in zwei schmalen gezaddelten Streifen sich weit unter den Schilden herab ziehen, überall die Grundfläche sichtbar lassend, und diese mehr beleben als ausfüllen. Gegenüber einem solchen Gebilde muß auch der beste Salzburger Stein schwerfällig erscheinen. Es mangelt der Salzburger Kunst an einem gewissen freien Empfinden. Wir sahen das bereits eingangs in der Art, wie sie nur ungern und langsam die neuen Wappenformen annahm. Die niederbayerische Kunst hat dagegen die dekorative Verwendungsmöglichkeit der Decken sofort erkannt und geschickt ausgenutzt. >) Er liegt im Kloster Au am Inn begraben. 2) Kdm. 1, 2432.