87 genau so auch auf einem bescheideneren Steine, dem des 1488 gestorbenen Priesters Johannes Perger an der Burghausener Pfarrkirche 1 ); er zeigt unter dem Astwerk nur Spruchband, Meßbuch, Kelch und Wappenschild. In den folgenden Jahren scheint sich in der Sickinger’schen Werkstatt eine Spaltung zu vollziehen. Sie wird eingeleitet durch eines der prächtigsten Grabdenkmäler, das die niederbayerische Kunst in den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts hervorgebracht hat, das des 1491 gestorbenen Hans Sch bei- bermair und seiner Eltern an der Martinskirche zu Landshut (Abb. 54). Die untere Hälfte des Steines nimmt das Allianzwappen der letzteren ein, die obere eine Darstellung der Verkündigung, die auf das Todesdatum des Sohnes „unsrer frawn tag der emphahung“ Bezug nimmt. Der Stein ist somit sicher erst nach diesem Datum, etwa im weiteren Verlaufe des Jahres oder auch erst im folgenden entstanden. Als bisher der Sickinger’schen Werkstatt eigentümliche Charakteristika fallen das den ganzen Stein um ziehende Schriftband und das in der Mitte zusammengeflochtene Astwerk in die Augen, das in origineller Weise in die darüber befindlichen figürlichen Darstellungen mit hereingezogen ist, indem der zusammengedrehte Stamm als Stütze für das Lesepult der Madonna verwendet wird. Auch Mohr und wildes Männchen fehlen nicht; nur haben sie ihre selbständige Bedeutung verloren; sie tummeln sich im Laubwerk und der eine hält ein Band mit dem beliebten Spruch: „All hernach“, während der andere mit einer abge rissenen Blüte nach der Helmzier schlägt. Ziehen wir noch die flächenhafte Darstellung der oberen Szene, die Gesichtsbildung der Madonna und des Verkündigungsengels in Betracht, so erhebt sich nicht das geringste Bedenken, dieses Monument der Werkstatt des Meisters der schildhaltenden Figuren, Franz Sickinger, zuzuweisen. Kompliziert wird das Problem dieses Steines erst bei Betrachtung des Wappens. Die Führung der Decken ist zwar im Ganzen die alte geblieben; so findet sich z. B. die eigentümliche Schlingen- bildung des oberen Streifens heraldisch rechts vom Wappen genau so schon auf dem rund ein Jahrzehnt älteren Daun’schen Epitaph in Braunau; aber im einzelnen ist alles weicher und voller geworden; an Stelle der spitzigen Blätter sind breite Lappen getreten, die in ausgebeulte zungenförmige Zaddeln endigen. Der Helm ist gedrungener gestaltet und reich mit Zierat versehen. Der bis dahin eckig begrenzte Kragen ist gleichmäßig gerundet. Noch einen Schritt weiter in dieser Richtung geht der Stein des 1492 gestorbenen Bürgermeisters Ulrich Zächensperger an der Burghausener Pfarr kirche 2 ) (Abb. 55), ursprünglich wohl an der von jenem in seinem wenige Tage vor seinem Tode errichteten Testament 3 ) gestifteten, jetzt abgebrochenen Liebfrauenkapelle auf dem Friedhof und wohl erst gleichzeitig mit dieser einige Jahre nach 1492 entstanden. Was ihn mit der Mehrzahl der früheren 9 Kdm. I, 2429. 2 ) Kdm. I, 2431. 3 ) Original im Stadtarchiv zu Burghausen d. d. 7. Aug. 1492.