Die Schütz-Rezeption im Umfeld von Friedrich Spitta (1852-1924) 131 1925 Der 70. Geburtstag von Mendelssohn am 26. Dezember gibt Anlass für einen Geburtstags gruß von Smend An Arnold Mendelssohn (MGkK 30, S. 293-296), in dem er an die alten Bon ner Zeiten im „Dreibund“ Spitta-Mendelssohn-Smend mit den Schütz-Ausgrabungen erin nert. 1926 Im Oktober-/Novemberheft der MGkK 31 erscheint (S. 362 f.) zum Reformationsfest unter der Überschrift Des Königs Aufgebot! Spittas 1898 aus dem Becker-Psalter vorgenommene Schütz- Adaption in einer Variante für drei gleiche Stimmen, die Richard Gölz für das Singen in den Mädchen-Bünden bewerkstelligt hat. Die Dynamik Spittas ist beibehalten, die Ausführungs anweisung lautet: „Feurig, in straffem Rhythmus und mit kräftiger Betonung der Worte zu singen.“ 1927 Der 18. Band der SGA wird ediert von Heinrich Spitta. Für die Festschrift zu Smends 70. Geburtstag (10. Mai), die unter dem Titel Gottesdienstliche Fragen der Gegenwart erscheint, liefert er den Beitrag Schüt^ und der Evangelische Gottesdienst. 1928 Smend will einen Spendenaufruf für eine neue, von Albert Schweitzer disponierte Orgel in seiner ehemaligen Pfarrgemeinde Seelscheid unterstützen und bringt dazu in der MGkK 33 (S. 233—236) einen autobiographischen Rückblick: Seelscheid, in dem er auch die Seelscheider Wunder mit dem Singen der Schütz-Passionen beschreibt. 1929 Mit der Matthäus-Passion als Bärenreiter-Ausgabe 300, ediert in der „Originalfassung“ von Fritz Schmidt zum zweiten deutschen Schütz-Fest in Celle, wird die Schütz-Generation Spitta- Mendelssohn abgelöst. Vom Celler Schütz-Fest im März berichtet Smend in der MGkK 34, S. 138—142. Er äußert großen Respekt vor dem hier zutage getretenen Schütz-Eifer aus den Kreisen der Jugendbe wegung, zeigt auch Offenheit gegenüber dem neuen Interpretationsansatz, artikuliert jedoch auch Kritik an einzelnen Punkten der Matthäus-Passion-Aufführung, die „der doch von Schütz gewollten Drastik entbehrten“ (S. 140). Sowohl der Leiter des Festes, Fritz Schmidt, als auch Landesbischof August Marahrens in seiner Festpredigt würdigen explizit die Rolle Spittas (als Hannoveraner Landeskind) für die Schütz-Rezeption. Den Festvortrag über Leben und Werk von Schütz übernimmt als Einspringer Heinrich Spitta. 1930 Smend stirbt in Münster am 7. Juni, dem sechsten Todestag Spittas. Bei der Akademischen Feier zu seinem Gedenken, die am 7. Januar 1931 in der Apostelkirche zu Münster abgehalten wird, erklingt neben Werken von Bach der Doppelchor aus den Exequien von Schütz. Die Schrifdeitung der MGkK übernimmt auf Wünsch von Smend der Tübinger Schütz- Freund Richard Gölz, den Smend bei einem Kirchengesangvereinstag in Tübingen 1925 ken nen- und schätzen gelernt hat, wo Gölz im Festgottesdienst u. a. zwei Schütz-Motetten zur Aufführung brachte 2 ^. Die Initialzündung — Schütz-Passionen in ihrer „Originalgestalt“ Nicht der klangprächtige Schütz groß besetzter Mehrchörigkeit, nicht die vokale und instru mentale Virtuosität in den Symphoniae sacrae, nicht die wohl proportionierte wie klangsatte Motettenkunst der Geistlichen Chormusik, sondern ausgerechnet der karge Schütz der späten Passionsvertonungen steht am Anfang seiner Wiederentdeckung für die Chorpraxis im aus gehenden 19. Jahrhundert 27 . 26 J. Smend, Bacb-Feste, Händel-Fest und andere Sachen, in: MGkK 30 (1925), S. 204—207. 27 Sofern nicht anders angegeben, sind die folgenden historischen Details und Zitate Spittas Beitrag Ein Jubi läum, in: MGkK 11 (1906), S. 146—151, entnommen.