„Könnt für Dein Oerlein passen“, meint er, als Martin die beiden Hälften des Bisamapfels vor ihn hinlegt. „Siehst Du, das Oerlein fügt sich schön in die untere Schale; wird von der anderen gut bedeckt. Brauchst hier nur noch vier Ösen einzulöten, um es fest zu halten. Soll Deine nächste Arbeit sein, das Oerlein in das Apflein zu passen. Mußt den oberen Teil noch mit zwei Scharnieren versehen, Martin, daß man es aufklappen kann, wenn man den Weiser sehen will.“ „Soll ich’s gleich fertig machen“, fragt der Gesell. „Ja, setz Dich gleich daran !“ entscheidet Meister Henlein. Ich säh es gern bis zum nächsten Sonntag vollendet. Könnten gewichtige Leut kommen, denen ich ein fertig Oerlein im Gehäuse weisen möchte.“ „Bis dahin werd ich’s gewißlich schaffen, Meister“, sagt der Gesell. — — — In seiner Behausung in der Nonnengasse sitzt der gelahrte Magister Johannes Coclilaeus, den ein hoher Rat vor nicht allzulanger Zeit zum Leiter der Lorenzer Pfarrschule berufen hat, im bequemen Sessel an seinem Schreihpult und hat ein pergamenten Buch vor sich, dessen Seiten mit den krausen Zügen seiner Hand schrift bedeckt sind. Obwohl die Schule seine Zeit stark in Anspruch nimmt, hat der Magister sich da neben noch ein schwieriges Werk vorgenommen. Zu der großen Cosmographie des Pomponius Mela will er eine Vervollständigung schreiben. Wertvollen Stoff dazu hat er von allen Seiten gesammelt. Soviel ist dabei schon zusammengekommen, daß die Menge ihm fast über den Kopf wächst und noch mehr ist zu erwarten. Herr Johannes Cochlaeus hat eingesehen, daß es geraten ist, sofort an die Bearbeitung des bereits Vor handenen zu gehen, wenn er in der Fülle des Stoffes nicht ertrinken soll, und als erste Frucht seiner Arbeit 46